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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
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Raum.
    »Dan?«
    »Hallo, Paul!«
    »Verdammt, warum sitzt du denn hier im Dunkeln herum?«
    »Es ist nicht dunkel. Ich kann dich ganz deutlich sehen.
Dunkel ist es nur, wenn man nichts sehen kann. Ich sehe dich ganz
genau.«
    Er saß auf einem reichverzierten, hochlehnigen
Sessel – splitternackt. Neben ihm auf einem Tischchen standen
eine Flasche Pernod und ein Wasserkrug. Er schenkte sich sorgfältig
Pernod ein, fügte nachlässig einen Schuß Wasser hinzu, hielt sich das
Glas dicht vor die Augen und schwenkte es, bis die farblose Flüssigkeit
sich milchig-weiß färbte.
    »Wie du siehst, bin ich nackt und bereit zur Rückkehr in den
Mutterleib«, sagte er. »Der einzige Platz, wo man sich wohl fühlen
kann.« Er lachte, und lachte immer heftiger, bis das Lachen in einem
Erstickungsanfall endete.
    »Was ist denn los, Dan?«
    Er hielt mir das Glas entgegen. »Komm. Möchtest du mir
Gesellschaft leisten?«
    »Nein, danke.«
    »Falls du etwa denkst, ich bin nur zurückgekommen, um mich zu
betrinken, beachte bitte, daß dort auf dem Kaminsims eine Kleinigkeit
Acid, eine Kleinigkeit Stoff und eine große, dicke, wunderschöne
Flasche voll Seelentröster stehen.«
    Ich ging hinüber. Er hatte die Wahrheit gesagt. Es waren
wirklich keine großen Mengen von LSD und Marihuana, aber es mußten
mindestens fünfhundert Amphetamin-Tabletten sein. Ich nahm die Flasche
und steckte sie ein. »Warum hältst du dich nicht vorerst an den Pernod?«
    »Ich muß in den Mutterleib zurück. Glaubst du etwa, Pernod
allein könnte mich in den Mutterleib zurückbringen?«
    Ich schaltete die Lampe neben dem Sessel an. Dan zeigte jene
teigige Blässe, die ich an ihm von dem Tag her kannte, als er bei
seinem Prozeß vor dem Richter gestanden hatte. Er hob den Arm und stieß
die Lampe um, die Birne zerplatzte, als sie auf dem Boden aufschlug.
Dann legte er das Gesicht in die Hände und fing an zu schluchzen. Ein
trockenes Schluchzen, ohne Tränen. Sein ganzer Körper wurde geschüttelt.
    Nach einer Weile stand er auf und ging ins Bad. Mehrere
Minuten lang rauschte der Wasserhahn, dann tauchte Dan, mit einem
Bademantel bekleidet, wieder auf. Mit gesenktem Kopf setzte er sich auf
die Bettkante. Ich konnte nur schwer verstehen, was er sagte.
    »Sie ist fort. Weg. Verschwunden. Spurlos. Endgültig.«
    »Wer?«
    »Natalie.«
    »Natalie hat dich verlassen?«
    »Natalie hat sich einen ganz großen Fisch geangelt, verstehst
du? Einen ganz dicken.«
    »Was? Mein Gott, das ist doch unmöglich! Als sie vor ein paar
Tagen hier war, hat sie mir noch stundenlang vorerzählt, wie sehr euch
in Siena die Leidenschaft gepackt hat und wie sehr sie dich liebt.«
    »Siena? Wie uns die Leidenschaft gepackt
hat? Na, sie hat die Leidenschaft damals wirklich
gepackt, Natalie findet es immer herrlich im Bett, das kann ich dir
sagen. Aber nicht mit mir, o nein, mit mir nicht.«
    »Sie sagte, ihr hättet euch das Rennen von eurem Hotelzimmer
aus angesehen, wäret im Bett gelandet, während das Rennen lief, und
wäret, als das Siegerpferd durchs Ziel ging, beide ganz groß gekommen.«
    »Die Perversion, die Natalie zeigt, hat wahrhaftig keine
Grenzen. Willst du die Wahrheit hören, Paul? Der Jockey, der das
Siegerpferd ritt, der war bei ihr – nicht ich. Am Abend vor
dem Rennen waren wir auf einer Party, die von den contrade veranstaltet wurde, und Natalie war scharf auf den Jockey. Es ist
phantastisch, wie sie das macht. Immer auf dieselbe Tour. Wie ein
Pointer, der das Feld absucht, wenn er auf Wachteln geht, so zieht sie
ihre Kreise, spürt und wittert, bis sie das Wild ausgemacht hat und es
stellt. Aber dann – aufgepaßt! – setzt sie zum Sprung
an, direkt auf die Manneszierde, und nie noch habe ich erlebt, daß ihr
das Wild entkam.«
    »Dan, du mußt wahnsinnig sein. Ich habe immer geglaubt, du bist doch derjenige, der jagt und hetzt, bis er die Beute
macht.«
    »Sicher, sicher. So sieht es aus. In Wirklichkeit ist das aber
alles Mache, ein Rauchvorhang, all dieses Sexgerede – nur
Propaganda, weiter nichts. O ja, ich habe versucht, sie zu verlassen.
Ich habe sie sogar verlassen. Es klappte nicht. Ich
habe diesen Tick, was Natalie betrifft, eine krankhafte Abhängigkeit,
zugegeben, aber das hat mich immer wieder zu ihr zurückgetrieben. Ich
habe versucht, mit ihr darüber zu sprechen. Sie war immer sehr ehrlich,
das muß man ihr lassen. Sie sagte, im Bett wäre ich wie ein Toaster,
den man einstöpselt und der nach zwei Minuten wieder
hochschnellt –

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