Der Schatz von Njinjo (German Edition)
schon lange aus. Durchziehenden Karawanenhändlern haben wir so manches sehr günstig abkaufen können, was zu Hause das Zwanzigfache wert sein wird. Und wir leben hier mit unseren boys , Hilfsmägden und Leiharbeitern nicht gerade schlecht! Gott schütze den Kaiser und seine Kolonien!“
Grinsend kommentiert Manhatten: „Toller Schlusssatz! Den kenn’ ich! Damit haben uns unsere alten Leute noch bis vor kurzem zeigen wollen, wie toll sie deutsch können …“ Leicht benebelt und verwirrt verabschiedete sich da der Weiße in der immer eisiger werdenden Nacht in Richtung Schlafsack, während Manhatten noch am Feuer mit seinen Männern den kommenden Tag durchging. Er mochte diesen etwas zu dick geratenen Fremden, der so Verrücktes zu erzählen wusste. Hatte der muzungu eigentlich keine Kinder?
Am nächsten Morgen surrte Manhatten und Schütte anderes im Kopf. Der dritte Tag des Aufstiegs hat begonnen, 24 Stunden später sollen sie bei Sonnenaufgang oben auf dem Krater stehen. Das nimmt alle Kraft in Anspruch. Manhattens Mannschaft, Träger, Guides und ihr Chef sind voll bei der Sache, motivieren ihre kaputten Kunden, Sicherheit und Glück versprechend, und doch liebäugeln längst alle mit dem Abstieg: Mit jedem Touristen, der vorzeitig aufgibt und umkehren will, darf auch ein Begleiter mit zurück, für den der härteste Teil des Jobs vorzeitig beendet ist. Inständig hoffen da die Helfer auf ein Abschlaffen der wazungu . Gipfelehrgeiz kennt Manhatten nicht: Entweder, die wazungu machen rechtzeitig schlapp, oder er war gezwungen, kommende Nacht einmal mehr gegen seinen Willen den Höllentrip ins Eis zu wagen. Er drängt sie nicht, doch will nicht zählen, wie oft er schon hechelnd auf dem weltberühmten „Freiheitsgipfel“ stand und bibberte. Vierzig, vielleicht fünfzig Mal? Wäre da nicht der verfluchte Zwang zum Geldverdienen: Nichts zöge ihn noch mal in dieses gottbewehrte Eis, kein Ruhm, kein Stolz.
Danach, nach Erreichen ihrer Grenzen, wird es alle rasend schnell nach unten treiben, runter vom Berg, zurück in die tropische Wärme, ab ins Hotel, um endlich wieder dicke Luft und kaltes Bier zu trinken. Welcher Moment wird für Manhatten dieses Mal der beste sein, die geschlauchten Sieger und Besiegten ums Trinkgeld anzugehen? Wann soll, wann muss er starten, die Weitgereisten darauf einzustimmen, dass niemand hier genügend Geld für den Schulbesuch der Kinder hat, geschweige denn für einen Arztbesuch? Dass sie, die Touristen, gefälligst draufzulegen haben? Würde sich die gestrige Vorarbeit bei Schütte auszahlen?
Stück für Stück bricht die Gruppe nun allmählich auseinander. Bei 4.132 Metern, am letzten Wasserloch, gibt Heidi auf, aus Minneapolis in Minnesota, USA, dann Jade, die Japanerin, schließlich der bayerische Rentner, der sich noch in die letzte Hütte schleppt. Abendessen kurz vor sechs, dann schickt Manhatten alle anderen ins Bett. Noch hoffen fünf wazungu darauf, um Mitternacht dabei zu sein beim Start zum dann finalen Aufstieg. Manhatten wartet. Aufstehen tun um zwölf noch vier, Manhattens Stimmung sinkt. 900 Höhenmeter später, nach sechs Stunden Schwerstarbeit quer durchs Geröllfeld bis hoch auf den Kraterrand, sind zwei noch übrig, die weiter wollen: Finn Schütte und eine junge Australierin. Mit allen anderen hatte er gerechnet, nur nicht mit diesem dicken Deutschen. Der kippt ihm doch am Schluss noch um! Manhatten weiß: Der anstrengendste Teil des Unternehmens kommt erst noch. Es gilt, den Gipfel zu erreichen, um sattes Trinkgeld einzustreichen.
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5. Hannes geht auf Spurensuche
Lange konnte ich mir die Weihnachtsgeschichte meines Bruders nicht anhören, ohne unruhig zu werden. Hatte der doch einen wazungu eingewickelt, ohne richtig zuzuhören! „Warum hast du nicht genauer nachgefragt, warum nicht ständig eingehakt, verdammt noch mal? Da liegt vielleicht ein Schatz vor deiner Nase, und du merkst das gar nicht! Denkst nur an dich, schwadronierst von deinen Blagen, politisierst und agitierst, anstatt die Ohren aufzuhalten!“
„Ein Schatz? Hannes, red doch keinen Unsinn“, wehrt Hatten ab. Doch ich beharre drauf: „Immer und immer wieder hätte ich nachgefragt, als der von seinen Ahnen sprach! Wo haben die gelebt, hä? Wann genau? Wie hießen die? Und überhaupt: Wie hieß denn dein muzungu eigentlich?
Das immerhin kann mein Bruder mir verraten. „Finn Schutte, hier schau!“ Der Fremde hatte Manhatten am Ende der Bergtour ein Kärtchen überlassen
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