Der Schatz von Njinjo (German Edition)
natürlich, dem Hafenmeister. Der hat als einziger hier eine Freiluft-Bar. Sowas zieht die wazungu an, kannste Gift drauf nehmen. Kaltes Bier, leise Musik, Flittchen und Einzeltische. Ab und zu spendiert er seinen Gästen sogar ein paar Nüsse.“
Hätte mich mama Mbirini nicht plötzlich privat zu sehr bedrängt, hätte ich die Angst vor der Polizei vielleicht auch heute nicht überwunden. So aber habe ich vorhin vorgeschützt, furchtbar dringend etwas erledigen zu müssen und mich erneut aufgemacht in die einsetzende Nacht. Erstmals kostet mich mein Job als Detektiv nun mehr als nur ein bisschen Mut. Kaufmännisch betrachtet steht alles auf dem Spiel, körperlich kaum weniger. Bedroht von einem bösartigen Muskelprotz aus Dar’ will ich unter den Augen der Polizei einen potenziellen Mörder kontaktieren! Schlimm genug, wenn man mich mit ihm zusammen fasste. Was aber, wenn ich jetzt versage und es mir nicht gelingen sollte, mich Petermann anzudienen? Honnis und mein Geschäftsziel würden implodieren. Nichts als Ausgaben, business tot und erledigt, um es positiv auszudrücken, zuzüglich eines toten Teilhabers, wenn’s echt negativ läuft.
Seit zwei Stunden liegt die Dunkelheit schon über dem Ort. An allen Ecken und Enden des Dorfs brodelt das Nachtleben. Mit eingezogenem Kopf, aber hoch wachsamen Sinnen, schleiche ich mich unbemerkt durch die Gassen zu Sam Masisis Bar. Dort ist noch wenig los, gerade genug, um mir das Gefühl zu geben, hier halbwegs ungefährdet auf den Deutschen warten zu können. Weit und breit keine Uniformen, kein Gorilla in Sicht. Mein Tisch steht am Rande des Hofs und ist unbeleuchtet.
Während sich die Bar allmählich füllt, werde ich zunehmend unruhig. Von Masisis teuren Bieren mag ich mir kein zweites leisten, nicht, bevor ich weiß, ob der muzungu auch wirklich hier erscheint. Gerade hat ein eklatant ungleiches Pärchen die letzten freien Hocker im beleuchteten Teil der Bar besetzt, als mir die Luft weg bleibt und Petermann am Zaun auftaucht. Jetzt wird es ernst. Einen besseren Moment konnte sich der Mann gar nicht aussuchen: Ich sitze im Lichtschatten am einzigen Tisch mit freien Hockern. Prompt kommt der Deutsche direkt auf mich zu. Als er mich bemerkt, fragt er höflich, ob es bei mir noch einen freien Platz gebe.
„Sicher, karibu, you are welcome! “ Wie einstudiert bringe ich die Begrüßung hinter mich, nur mühsam verkneife ich mir, ihn mit Namen anzusprechen. Sekunden später weiten sich die Augen des muzungu trotzdem vor Erschrecken. „ Sie? “
„Wie bitte?“ Habe ich einen Killer aufgeschreckt? Wo hat er mich schon mal bemerkt? „Kennen wir uns?“
„Sie? Sie sind doch der, der mich ...“ Petermann, immer noch erschrocken, stockt. „Waren Sie nicht letzte Woche noch in Dar es Salaam?“
„Ja, das stimmt. Das trifft hier wohl auf jeden Dritten zu ...“, erwidere ich wenig verblüfft. Warum etwas abstreiten, solange es unverdächtig ist. Lügen konnte ich noch nie besonders gut.
„Da, glaube ich, haben wir uns schon einmal getroffen, vor dem Serena Hotel.“ „Möglich“, weiche ich aus. Petermann aber fährt fort: „Doch, doch, entschuldigen Sie, wenn ich daran hängenbleibe: Sie kommen nicht zufällig aus Moshi?“
Jetzt gerate ich ins Stocken. Was weiß der Mann? Wenn ich jetzt abblocke, zerstöre ich vielleicht den gesamten Kontakt. Außerdem ist es ja wahr. „Volltreffer!“, antworte ich deshalb so spontan und überrascht wie möglich, „Von dort stamme ich wirklich, woher wissen Sie?“
Nun scheint Petermann alle Scheu zu verlieren. „Oh, kürzlich war da noch ein Freund von mir, den Sie vielleicht kennen. Finn Schütte, schon mal gehört?“
Spricht so ein Mörder über sein Opfer? Perplex von soviel unerwarteter Mitteilungsfreude, antworte ich ohne zu zögern mit „Ja“ und spüre sofort, dass das aus psychologischer Sicht die beste Antwort war. Der Mann macht keinen gefährlichen Eindruck. Stattdessen blickt Petermann mir verwirrt ins Gesicht. „Sie kennen Finn? Sie waren zur gleichen Zeit wie er in Dar es Salaam, und jetzt sitzen sie hier in Sam Masisis Bar am Arsch der Welt, wo sich auch Finns letzter Freund befindet, nämlich ich. Deutlich zu viel des Zufalls! Polizei?“
Das Wort allein jagt mir einen fürchterlichen Schrecken ein, was Petermann zu merken scheint. „Gott bewahre! Sie kennen unsere Bullen nicht!“, erkläre ich entrüstet. Irgendwie kommt auch diese Reaktion bei Petermann gut an. Weniger misstrauisch,
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