Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Euphorie.
Den wildesten Bericht aber liefert Honorata ab. „Ob ihr’s glaubt oder nicht: Es gab bis heute keine Autopsie des toten Deutschen. Niemand wollte sich dazu äußern, bis ich stinksauer wurde. Mit meiner druckfrischen Anwaltslizenz bin ich direkt durch zum zuständigen Oberbullen, Superintendent Makaïdi. Irgendwie traute sich keiner, mich aufzuhalten. Makaïdi wollte mich sofort rausschmeißen und verhaften lassen, aber als er meine Karte mit dem Kopf von ‚Safety First’ sah, wurde er handzahm. Versuchte, sich mit ‚Geldnot’ rauszureden. Stellt euch das mal vor! Hannes schmort als vermeintlicher Killer vielleicht nur im Knast, weil dieses Land seine Gerichtsmediziner nicht bezahlt! Dr. Randolf heißt der übrigens, eines dieser hellhäutigen Fossile vom Rand der Kolonialzeit. Dabei hat auch der bestimmt schon dreimal die Hand aufgehalten.“
„Na, und nun?“, unterbricht Anna fragend.
„Nun schnapp ich mir diesen Herrn Doktor. Und dann geht's gleich noch mal zu Makaïdi.“
Kurz danach vertagen sich die Frauen. Majorie muss zurück zur Arbeit, Anna „dringend“ nach Hause und Honorata will zum Pathologen. Beim Gerichtsarzt angekommen, der, wie erwartet, Privatsprechstunde hält, hat Hannes Tante rasch Erfolg. Der Mediziner verlangt „noch 100.000“ für Laborkosten, erst dann gebe es die Expertise, die er seit Tagen in einer Schublade versteckt. „Sonst krieg ich mein Geld nie, Makaïdi ist doch bekannt. Ein Spieler!“ So viele Shilling hat Honorata natürlich nicht dabei. Doch Karstens und Majories Büro liegt keine fünf Minuten entfernt. So versichert sie dem Pathologen treuherzig: „Okay, in einer halben Stunde haben Sie ihr Geld.“
Bald darauf wedelt sie dem Arzt mit zehn roten Noten unter der Nase herum. Widerwillig hatte Karsten ins Portemonnaie gegriffen. „Pfusch bloß Makaïdi nicht ins Handwerk, Kleine!“, meinte er, sie nochmals warnen zu müssen. Der Pathologe dann hat nur noch eine Frage: „Sie wollen doch wirklich nichts anderes, als das Gutachten der Polizei übergeben?“
„Nein,“ versichert ihm Honorata, „wirklich nicht. Im Notfall werde ich es allerdings auch veröffentlichen, wenn das meinem Neffen nützt.“
„Einverstanden.“ Ohne weitere Fragen rückt der Arzt seinen zwölfseitigen Bericht heraus. „Bin ja froh, wenn meine Analyse endlich beachtet wird.“
„Wieso? Steht denn was Brisantes drin?“, fragt Honorata arglos.
„Wie man’s nimmt. Makaïdi jedenfalls geht von völlig falschen Annahmen aus. Lesen Sie’s doch selbst.“ Damit ist für den Polizeiarzt das Thema erledigt.
Es dauerte ein bisschen, bis sich Honorata draußen auf einer Bank durch das medizinische Kauderwelsch gewühlt hat, dann aber ist sie sicher: Hannes kann unmöglich ein Mörder sein, den Beweis hält sie in der Hand. Bevor sie zum Präsidium geht, macht sie noch rasch eine Kopie des Autopsieberichts beim Asiaten an der Ecke und bittet den Ladenbesitzer, das Original aufzubewahren.
Noch vor dem Portal des Präsidiums erwischt sie den Superintendent, der gerade das Haus verlassen will. Überschäumend und laut zeternd teilt sie ihm ihre Erkenntnisse mit und drückt ihm ostentativ den Autopsie-Bericht an die Brust. Makaïdi ist wenig begeistert – „Bin gerade im Aufbruch, dringende Sache!“ –, versucht jedoch vor der vermeintlichen Safety-First-Anwältin, deren Firma er gleichermaßen fürchtet wie hasst, sein Gesicht zu wahren. Ergeben nimmt er den dünnen Ordner schließlich an sich. „In Ordnung, Frau Anwältin, wir werden das prüfen, wie es sich gehört.“
„Bis wann?“, zischt Honorata.
„Pardon, aber es ist Wochenende. Vor Montag werden wir kaum etwas wissen. Sollte sich Ihr Verdacht bestätigen, dass ihr Mandant hier keinen Mord begangen haben kann, lassen wir ihn natürlich frei. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.“
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53. Hannes soll gut Wetter machen
Beim Wachturm sieben erwartet mich Sergeant Baregu. Alles juckt. „ Chagga, mein Freund, Du siehst ja schrecklich aus!“, empfängt er mich. „Hast Du ein Glück! Da hat sich doch tatsächlich jemand stark gemacht für Dich!“
Mir fallen noch mal so viele Steine vom Herzen wie auf dem Weg zum Turm. Trotzdem klopft es in meiner Brust unvermindert heftig, so stark, dass ich fürchte gleich zusammenzubrechen. Auf der Stelle will ich wissen, wem ich diese Aufmerksamkeit verdanke. „Wer denn, Sergeant?“, kommt es mir mühsam über die ausgetrockneten
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