Der Schatz von Njinjo (German Edition)
begeben.
„Einsteigen, ihr Galgenvögel!“, heißt es dann. Galgen? So ein Quatsch! Als wenn dieser Oberbulle nicht wüsste, dass die Todesstrafe in Tanzania schon lange nicht mehr vollstreckt wird. Außerdem bin ich unschuldig, du Arsch!
Während sich die Polizisten einer nach dem anderen einen Kopfhörer mit Mikro überstülpen, bleiben Petermann und ich ohne jeglichen Lärmschutz. Drei Stunden später, beim Aussteigen auf dem weitläufigen Hof des Zentralgefängnisses in Dar es Salaam, bin ich taub. Es wird Tage, wenn nicht Wochen dauern, bevor ich wieder normal hören kann. Auch der Hunger wird allmählich quälend.
Sofort nach der Landung werden Petermann und ich getrennt. Mich bringt irgendein Hilfspolizist in einen großen Saal mit unverglasten Fenstern, der offenbar als Massenzelle dient. Auf dem Boden stehen Pfützen, nicht nur mit Resten des nächtlichen Gewitterregens. Trotz der Zugluft stinkt es penetrant nach Pisse. Dicht gedrängt stehen überall Männer in Grüppchen zusammen, viele entkräftete Gestalten, die sich lauthals zu unterhalten scheinen; Stimmung wie beim Anpfiff eines Rugby-Spiels.
Ohne Hilfe halte ich es hier nicht lange aus. Bald finde ich wenigstens heraus, wie in diesem undurchsichtigen Dschungel die Verpflegung funktioniert: Nur privat. Entweder man hat Geld oder Verwandte, die einen von außen mit dem Notdürftigsten versorgen. Oder man lebt wochenlang von Wassersuppe, ehe man verhungert. Was auch nur gelingt, wenn man sich dabei nicht die Ruhr oder sonstwas einfängt. Etwas besser hat’s, wer sich freiwillig zum Steinekloppen meldet. Herrliche Aussichten! Wie lange wird es dauern, bis Makaïdi und seine Schergen wenigstens eine Anklageschrift für den Staatsanwalt geschrieben haben? Haben die das überhaupt vor? Oder wollen sie am Ende nur eine saftige Auslöse von mir erpressen?
Am späten Nachmittag ergießt sich ein fulminanter Gewitterregen über uns. Nur wenige Gefangene bleiben trocken, höhere Chargen in den besten Ecken, umwieselt von Leibwächtern und Schlägern. Die Dunkelheit kommt und nirgends gibt es Schutz. Nur die Außenbereiche des Geländes sind beleuchtet, gesichert von Stacheldraht, Wachtürmen und meterhohen Zäunen. Doch selbst dort gibt es viele dunkle Lücken. Je länger ich hier schmore, desto näher rückt die Verzweiflung. Mücken und Flöhe halte ich noch lange aus, doch auch die Angst? Wer holt mich hier je wieder raus? Wer überhaupt weiß von mir? Hat Sam Masisi Honorata erreicht? Herrgott noch mal, wer denkt an mich?
Vier unendliche Tage folgen, in denen ich vorsichtig erste Kontakte knüpfe, ununterbrochen auf der Hut bin, mich vor Cliquen in Acht nehme und nichts anderes in den Bauch bekomme als vier Schalen Wassersuppe mit winzigen Klümpchen Posho darin. Die permanente Anspannung lässt dem Hunger wenig Chancen, trotzdem dürfte ich schon einige Kilo abgenommen haben.
An ein mobile ist nicht ranzukommen, selbst kürzeste Gespräche sollen ein Vermögen kosten. Zudem fehlt mir auch Karsten Härtlings Visitenkarte, Telefonnummern von Freunden in Moshi hülfen mir nicht wirklich weiter. Noch aber warte und hoffe ich. Petermann sehe ich in diesen Tagen nirgends, auch sonst keinen einzigen Hellhäutigen. Glücklicherweise auch Kolimbas Gorilla nicht.
Am Montagmorgen, als ich innerlich bereits beginne zu verfaulen, befielt mich über den Hoflautsprecher ein Wärter zu sich. „Gefangener Wabaye, Hannes, Chagga aus Moshi, zu Turm sieben. Sofort!“ Der Ruf des Himmels! Man hat mich nicht vergessen!
----
52. Honorata schwant Böses
Vier Tage zuor, am Donnerstag Nachmittag war Honorata von Karsten Härtling ans Telefon gerufen worden. Ihr schwante Böses.
„ Hodi? Spreche ich mit Honorata, der Tante von Hannes Wabaye?“, knarrte es aus der Leitung.
„Ja, wer fragt?“
„Sam Masisi aus Kilwa, ein Bekannter ihres Neffen. Er bat mich, Sie anzurufen und von seiner Verhaftung zu verständigen.“
„Verhaftet? In Kilwa?“
„Ja. Schon gestern, früher war nicht durchzukommen. Im Vorübergehen sagte Ihr Hannes mir, man beschuldige ihn des Mordes. Der zuständige Offizier ist ein Inspector Makaïdi von der Mordkommission in Dar’. Mehr konnte ich leider nicht herausbekommen.“
„Des Mordes! Himmelarsch noch mal, wenn, dann setzt Hannes sich aber auch richtig in die Scheiße. Entschuldigen Sie, mzee Masisi, danke dass Sie mich informiert haben! Muss ich noch etwas wissen?“
„Ja. Mit Hannes zusammen verhaftet wurde
Weitere Kostenlose Bücher