Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Mach’s dir gemütlich!“ Aus unerfindlichen Gründen weicht mir Majorie fortan nicht mehr von der Seite. Nach all den Anstrengungen des Tages lebe ich richtig auf. Majories jüngere Schwester Alice bekommt einen Roten in die Hand und geht Bier holen. Bald ist sie mit sechs Flaschen zurück. Ich mache es mir auf dem Sofa bequem, links Alice, rechts Majorie, dann erzähle ich von meinem Zanzibar-Abenteuer, bis erst Alice, dann auch Majorie an meiner Schulter einschläft. Tief steigt mir ihr Duft in die Nase, Aufstehen ist abgesagt.
Silvestermorgen treibt es mich wie die gesamte Familie bei Sonnenaufgang von der Matte – als wär’s ein Tag wie jeder andere. Alle müssen arbeiten, Ferien hat niemand. Schon um kurz nach zwei verabschiede ich mich von Nyaucho am Busbahnhof.
Der Tag hat kaum begonnen, da bin ich wieder in Schuttes Hotel. Wenn ich herausbekomme, wann der Typ abreisen will, könnte ich mir bis dahin tolle Tage machen. Schließlich hat unsere Millionen-Metropole viel zu bieten, alle Welt erzählt davon: vom neuen, einmaligen Mlimani Shopping Center, vom Wasserpark mit Go-Cart-Bahn, von Stränden, 20-stöckigen Hochhäusern, den imposanten Doppeltürmen der Bank of Tanzania (wessen sonst?), von Luxus, Discos, modernen Kinos, sogar in nie gesehenem 3D. Und ich hab Geld. Was sich hier mit einem kleinen krummen Geschäft an einem einzigen Tag verdienen lässt! Wenn Honorata morgen Abend kommt, wird sie sich wundern. Staunen wird sie – und eingeladen.
Die Rezeptionistin kennt mich bereits. Zum wiederholten Mal frage ich sie, ob Schutte wohl zu sprechen sei. „Wieso? Haben sie ihn denn gestern nicht getroffen?“
„Ach, da saß er beim Frühstück, und ich hatte es ein wenig eilig. Mochte ihn nicht länger stören.“
„Na ja, aber heute Morgen – zu nachtschlafener Zeit! Da lass ich doch keine Besucher zu unseren Gästen!“
„Pardon, aber schauen sie mal auf die Uhr hinter sich. Halb drei! Da schläft doch kein Mensch mehr.“
„Unsere Gäste aus Europa schon. Schließlich ist’s für die mal gerade acht Uhr dreißig. Die halten doch unser tolles Klima so schlecht aus.“
„Schnickschnack. Die können doch froh sein, wenn die nach dem Weckruf des Muezzins überhaupt noch mal eingeschlafen sind ... – Ist der muzungu nun da oder nicht?“
Die Rezeptionistin wird ein wenig bockig. „Bin ich befugt, ihnen das überhaupt zu erzählen?“ Das fragt sie mich zum ersten Mal. Ich merke, dass ich vorsichtiger vorgehen sollte, will ich nicht bald auf Granit stoßen. Großzügig schiebe ich einen Fünfhunderter über den Tresen. Sofort schaut mich die Frau freundlicher an, der Schein landet lautlos in einer Schublade unterm Tresen.
„Wenn sie’s unbedingt wissen wollen: Ja, er wohnt noch hier. Macht keine Anstalten abzureisen, trotz dieses Freundes auf dem Zimmer. Anscheinend braucht der Neue noch ein paar Tage, um sich einzugewöhnen. Hat heute Morgen zum ersten Mal überhaupt das Hotel verlassen! Vielleicht wollen die beiden ja auch einfach nur Badeurlaub machen, wer weiß. Würde was drauf wetten, dass dieser Schutte nachher gleich wieder für zwei Nächte bezahlt.“
„Was steht denn in der Anmeldung als Abreisetag?“ Ganz der Detektiv – Sarah hat öfter mal erzählt, dass ankommende Touristen sich mit solchen Daten – woher, wohin und wann – in ein Buch einzutragen haben.
„Augenblick, ich schau mal ...“
„Verstehen sie mich richtig: Ich möchte nur einfach einen guten Moment abpassen, um den muzungu wieder zu treffen. Kann mir vielleicht nützlich werden ...“
„Ja, ja, die gleiche Geschichte wie immer ... – Anfangs hatte er sich nur bis zum ersten Januar eingetragen. Gestern oder vorgestern aber muss er das auf den Dritten verschoben haben.“ Während die Rezeptionistin das preisgibt, beuge ich mich über das Anmeldebuch und überfliege rasch die Spalten: coming from Moshi, going to Kilwa. Schuttes nächstes Ziel ist Kilwa – ganz wie die Busse, nach denen er sich erkundigt hat.
„Besten Dank, ich werde es dann Morgen noch mal versuchen. Wo es doch jetzt noch so früh ist ... Vielen Dank erstmal. Morgen hab’ ich etwas mehr Zeit.“ Im Umdrehen höre ich noch, wie die Frau „Ich aber nicht ...“ murmelt und bin verschwunden.
Nach meinem Besuch im Archiv fällt mir nichts mehr zu tun ein, außer dem Deutschen auf den Fersen zu bleiben. Vor mir also liegt ein freier Tag, frei zu gestalten mit vollen Taschen: Das wird ein Fest! Alles, alles lässt sich heute
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