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Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Titel: Der Schatz von Njinjo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Gleiß
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blickt er zurück – seine Aufmerksamkeit ist mir sicher. 
    „Mister, könnten sie mir vielleicht mit einem meiner Koffer helfen? Sie sehen doch, wie eng es hier ist und mein eines Bein ist steif. Würden sie wohl einen der Dinger kurz tragen, ich nehme ihn ihnen gleich wieder ab, wenn wir über die Gangway sind?“ Überrumpelt greift der Fremde zu. Dann warten wir gemeinsam aufs Aussteigen, ohne groß zu reden, stapfen die betonierten Stufen den Steg hinauf und landen direkt vor der Zollkontrolle. 
    Drei Festlandszöllner nehmen gerade das Gepäck einer dicken mama auseinander – zwei riesige Säcke Wäsche, die sie selbst kaum hat bewegen können; obenauf Bananen. Meinen muzungu hält, wie vorhergesehen, kein Zöllner auf. Dicht hinter ihm marschiere da auch ich, als wäre ich sein bester Freund, am Diensthabenden vorbei, ohne groß Notiz vom Zoll zu nehmen. Der Schweiß rinnt mir in Strömen, doch nichts passiert. Nie wieder werde ich das Glück dermaßen herausfordern! 
    Als wir beide aus dem Abfertigungsgebäude treten, fallen mir drei Steine unters Zwerchfell, sprudelnd platzt Gelächter raus, vor Freude hüpfe ich wie ein Flummi auf und ab. Kein Grund mehr für ein steifes Bein. Dann nehme ich dem skeptisch guckenden muzungu dankend den Koffer ab, lasse ihn mit offenem Mund zurück und stehe wenig später vor dem Büro meines Auftraggebers. Salmin Kolimba begrüßt mich höchstpersönlich. 
    „Du hast es also tatsächlich geschafft, mein Sohn? Glückwunsch! Ganz auf den Spuren deines Vaters, dieses Künstlers.“
    Verblüfft über die Eröffnung, antworte ich unsicher. „Irgendwie wohl ja. Aber was hat das mit Kaishe zu tun?“
    „Ach, das weißt du nicht?“
    „Nein, was müsste ich da denn wissen?“
    „Der hat hier doch vor Jahrzehnten ganz ähnliche Dinger gedreht, nur war das damals unter den Kolonialisten viel gefährlicher. Damals war er einer der ganz Großen.“
    „Wie bitte? Davon hat er uns nie etwas erzählt.“
    „Na ja, vielleicht, weil’s weder besonders ertrag- noch ruhmreich war. Irgendwann haben sie ihn ja geschnappt.“
    „Wen? Meinen Vater? Der war doch nie im Knast!?“
    „Nee, im tanzanischen nicht. Aber im britischen. Die Engländer haben Ende der fünfziger Jahre ziemlich hart durchgegriffen. Deinen alten Herrn hatten sie schon lange auf dem Kieker. Angeblich schmuggelte er Waffen für einen tanganyikanischen Ableger der kenyanischen Guerilla.“
    „Waffen für die ‚Mau-Mau’?“
    „Ja. Die hatten auch in Moshi Anhänger, die gegen die Engländer kämpfen und das Kolonialistenpack mit Gewalt vertreiben wollten.“
    „Hat ja denn auch irgendwie geklappt, oder?“
    „Ja, aber ganz ohne Waffen. Zumindest hier bei uns. Zu der Zeit saß dein Vater allerdings im Knast und klebte Tüten.“
    „Nicht zu fassen. Tüten! Heute klebt er romantische Dorfcollagen.“
    Womit sich mein alter Herr sich heute seine Rente verdient,  scheint den Schieberboss jedoch nicht mehr zu interessieren. Oder weiß er sogar das? Stattdessen wird er noch einmal redselig. „Was treibt denn eigentlich einen seiner teuren Söhne heute in meine Hände?“
    Der Mann versteht es, sein Gegenüber auszuhorchen. Da mir spontan keine plausible Erklärung außer meiner Geldnot einfällt, bleibe ich nah bei der Wahrheit. 
    „Ich verfolge einen muzungu , dafür brauch ich Kapital.“
    „Einen muzungu ? Wieso läufst du ´ner Langnase hinterher?“
    „Der sucht eine Kiste seiner Urgroßeltern, die die hier Anfang des letzten Jahrhunderts vergessen haben. Das interessiert mich.“  
    „’Ne Kiste aus der Kolonialzeit, aha. Na dann viel Glück, Sohn eines Kolonialwarenschmugglers.“ Damit ist die kostenlose Geschichtsstunde beendet. Der Boss drückt mir mein Geld in die Hand – „zähl nach, mein Sohn!“ –, und ohne, dass ich ihm auch nur ein Wort über meine Erlebnisse in Zanzibar berichtet hätte, halte ich 95.000 Shilling in der Hand: 5.000 weniger als vereinbart. Exakt die 5.000, die mir mein Schwarm im „Spice Inn“ vor wenigen Stunden vorgestreckt hatte. Der Mann ist gut vernetzt! Im Weggehen sehe ich gerade noch, wie Kolimba hinter meinem Rücken mit einem seiner Gorillas tuschelt.
    Am späten Nachmittag klopfe ich wieder am Haus von Nyauchos Familie. An der Tür lächelt mich Majorie freundlich an. Drei Tausender für die letzten Nächte, und ihre Miene hellt sich vollends auf. „Karibu, Neffe Honoratas! Willkommen! Deine Tante kommt auch bald zurück, hat sie uns wissen lassen.

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