Der Schatz von Njinjo (German Edition)
mir unbekannte Frau, die gelangweilt durch die Gegend guckt. Auf die Frage, ob ich Mister Schutte sprechen könne, schaut sie sich verschreckt nach imaginären Kollegen um, die ihr nicht helfen können.
„Schutte? Den muzungu ?“
„Ja, genau den“, ermuntere ich sie.
„Nein, ... der, der ... wohnt nicht mehr hier.“
„Wie bitte? Noch gestern hat mir ihre Kollegin erzählt, er habe sich bis zum Dritten eingetragen!“
„Ja, gestern! Heute jedoch ist er nicht mehr da. Auch sein Bekannter hat sich hier seit gestern nicht mehr blicken lassen.“
„Aber warum denn das?“
Die Rezeptionistin zuckt mit den Schultern, blickt sich erneut suchend um, nur um dann schnippisch zu antworten: „Na, vielleicht weil er mitbekommen hat, dass sein Bekannter tot ist.“
„Wie bitte? Tot ? Wer?“
„Na, dieser Schutte eben.“
„Aber, ... das geht doch nicht! Nicht so einfach! Gestern war er doch noch am Leben!“
„Na, nun eben nicht mehr.“ Für die Rezeptionistin ist die Sache damit erledigt. Herausfordernd wendet sie sich von mir ab und will telefonieren. In meinem Kopf purzelt alles durcheinander. Schutte tot? Das kann doch nicht sein! Was wird jetzt aus dem Schatz? Was soll ich Honorata sagen? Der Gedanke an meine unerschrockene Tante beflügelt mich: Bloß nicht aufgeben jetzt! Ehe ich mich versehe, husche ich an der Rezeptionistin vorbei ins Treppenhaus. Die Frau hat es noch weniger bemerkt als ich. Zwei Stufen auf einmal nehmend, befinde ich mich auf dem Weg zu Schuttes Zimmer, zweiter Stock, Zimmer 22, wie ich mich erinnere. Was ich dort will, ist mir noch gar nicht klar, schon stehe ich vor der Tür.
Über Tür und Rahmen klebt ein Papierstreifen, auf dem ich das Wort „Polizei“ entziffere. Ich schau mich kurz im Gang um, drehe am Knauf und drücke leicht gegen die Tür. Unverschlossen. Noch immer denke ich gar nicht daran nachzudenken. Nackte Neugier siegt. Ratsch ist das Papier ist zerrissen, ich schlüpfe durch die Zimmertür und ziehe sie hinter mir zu.
Hinter der Tür steht die Hitze. Die Vorhänge sind zugezogen, Klimaanlage und Ventilator abgestellt. Im kurzen Flur riecht es modrig. Links, am Eingang zum Bad, entdecke ich braune Ränder auf dem Fußboden. Blut? Wenn mich hier jemand erwischt, lande ich direktemang im Gefängnis. Honoratas innere Stimme aber feuert mich an: Nutze die Gelegenheit, solange man dich lässt! Im Raum über mir dreht irgendwer die Dusche auf.
Ein Zimmer durchsuchen? Worauf muss ein Detektiv da achten? Rasch verschaffe ich mir einen Überblick: Zwei Betten, ein in die Wand eingebauter Schrank, ein Schreibtisch. Auf dem Schreibtisch sieht es recht unordentlich aus, Papiere finde ich keine. Da ist mir jemand zuvor gekommen. Im Wandschrank jedoch steht noch Gepäck, scheinbar unberührt. Auf dem Schrankboden liegen zwei moderne Rucksäcke, leer, daneben lehnt eine seltsam geformte, prall gefüllte Ledertasche. Als ich einen Rucksack anhebe, fällt die Ledertasche mit lautem Rumms um. Einen Moment erstarre ich und horche in den Flur hinaus. Nichts passiert.
Da schau ich mir die Rucksäcke genauer an. An einem der Gurte baumelt ein Anhänger, dessen Zeilen säuberlich ausgefüllt sind. Name: Finn Schütte, Adresse: 22763 Hamburg, Daimlerstr. 61, Telefon: 040/396820. Elektrisiert untersuche ich den anderen Rucksack. In einer Innentasche steckt ein ähnliches Stück Pappe mit ähnlichen Einträgen. Name: Jens Petermann, Address: D-21224 Rosengarten, Am Lustholz 1, Country: West Germany, Phone: +49 (0)4108 1073. Schuttes Freund! Sollte dieser Jens Petermann nicht sofort nach Schuttes Tod abgehauen sein, werde ich ihn finden, Honni, verlass dich drauf!
Aufgeregt werfe ich noch rasch einen Blick in die seltsame Ledertasche: Die Außentaschen sind ausgestopft mit altem Zeitungspapier, mittendrin steckt ein metallener Stab mit einem elektronischen Bedienteil, am Boden klemmt eine Art durchlöcherter geringelter Teller. Ein Staubsauger? Auf dem Flur höre ich es plötzlich bollern, vor Schreck rutscht mir die Tasche aus der Hand, ich lasse alles stehen und liegen, um mich davonzumachen. Vor der Tür horche ich in den Gang, dann schlüpfe ich hinaus und sprinte zur Feuerleiter an der Rückwand des Gebäudes. Niemand ist mir begegnet. Kurz darauf stehe ich im versifften, nach gammeligem Gemüse stinkenden Lieferantenhof des „Continental“ und verlasse das Hotelgelände.
Jetzt gilt es, Schuttes Begleiter ausfindig zu machen: Ein muzungu aus Deutschland namens
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