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Der Schauermann - Historischer Thriller (German Edition)

Der Schauermann - Historischer Thriller (German Edition)

Titel: Der Schauermann - Historischer Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Barkawitz
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im Keim zu ersticken. Um eine Panik zu vermeiden, war eine Nachrichtensperre verhängt worden. Doch irgendwann konnte man die ansteckende Krankheit nicht mehr totschweigen.
    Der Offiziant kehrte mit der Pferde-Straßenbahn zum Hafen zurück. Am Baumwall rieb er sich ungläubig die Augen. Ein Auswandererschiff wurde von dampfenden Schleppern in die Fahrrinne elbabwärts gezogen, um Kurs auf New York zu nehmen.
    In Boysens Augen war das der nackte Wahnsinn. Wenn auch nur ein Mann oder eine Frau an Bord die Cholera hatte, würde die Bark als schwimmender Sarg Amerika erreichen. Es war polizeilich streng verboten, aus einer choleraverseuchten Hafenstadt Schiffe abfahren zu lassen.
    Der Offiziant schob sich ein Stück Kautabak unter die Zunge. In Hamburg machte sogar die Polizei sich selbst mundtot, was diese Epidemie anbelangte. Und das auf allerhöchste Anordnung der Stadtregierung. Das versetzte ihn in Wut, aber er konnte die Welt nicht ändern. Doch nun entdeckte Boysen plötzlich einen Mann, an dem er seine schlechte Laune hervorragend abreagieren konnte.
    Gustav.
    Stines brutaler »Beschützer« hatte offenbar gerade in einer Pieselei seinen Frühschoppen genommen. Leicht schwankend bewegte sich der breitschultrige Zuhälter in Richtung Vorsetzen. Boysen beschleunigte seine Schritte, schloss auf und stieß Gustav in eine Toreinfahrt.
    »He, was soll ...?«, begehrte der Zuhälter auf. Er drehte sich um, hob die Fäuste. Aber dann erkannte er den Offizianten und ließ sie wieder sinken. »Ah, die werte Obrigkeit! Wie kann ich ...?«
    Boysen ließ ihn nicht ausreden. Der Ordnungshüter zog seinen Revolver und drosch den Griff mit ganzer Kraft in Gustavs Gesicht. Der Zuhälter hatte nicht mit der Attacke gerechnet. Und schon gar nicht mit ihrer Heftigkeit und Schnelligkeit. Daher traf ihn der Angriff völlig unvorbereitet. Gustavs Oberlippe platzte auf wie eine reife Frucht. Er ging in die Knie, spuckte Blut und einen Zahn aus.
    Ein heller Schrei ertönte. Boysen blickte sich um. Sollte es eine Zeugin für seine nicht gerade vorschriftsmäßige Aktion geben? Doch er konnte außer dem Zuhälter niemanden sehen. Die vorbeihastenden Passanten am Vorsetzen konnten in der düsteren Toreinfahrt nichts erkennen.
    »Dafür bringe ich dich um, Drecksudel«, drohte Gustav stöhnend.
    »Gar nichts wirst du«, gab Boysen zurück und schob seine Waffe wieder in die Tasche. »Und du lässt Stine ab sofort in Frieden, kapierst du? Wenn du ihr noch einmal auch nur ein Haar krümmst, dann bist du endgültig fällig.«
    »Aber du stirbst«, beharrte Gustav. »Mich schlägt keiner ungestraft. Oder glaubst du, ich fürchte mich vor euch feigen Udels?«
    »Das nicht«, räumte Boysen ein. »Aber ich habe Freunde in der Schmuckstraße. Sehr gute Freunde. Wenn mir etwas passiert, dann hast du die am Hals. – Schönen Tag noch, Gustav.«
    Der Offiziant ging davon, ohne sich noch einmal umzudrehen. Zumindest teilweise hatte Boysen sogar die Wahrheit gesagt. Er war mit einigen der Chinesen aus der Schmuckstraße wirklich gut bekannt. Immerhin hatte Boysen in seiner Zeit beim Ostasiengeschwader etliche Brocken Chinesisch gelernt und konnte sich mit den Zopfträgern einigermaßen verständigen. Die chinesischen Verbrecher waren bei ihren deutschen »Kollegen« verhasst und gefürchtet zugleich, weil sie als verschlagen, hinterhältig und äußerst grausam galten. Keiner legte sich gerne mit ihnen an.
    Boysen war sicher, dass auch Gustav sich eine Auseinandersetzung mit den Chinamännern nicht gerade herbeisehnte. Daher würde er Stine ab sofort mit Samthandschuhen anfassen. Daran hatte Boysen keinen Zweifel.
    Wenigstens etwas, das heute klappt , dachte der Offiziant und eilte Richtung Bäckerbreitergang, wo Marie Stevens gewohnt hatte.
     
    Anna Dierks hielt sich ihr Riechfläschchen unter die Nase. Sie hätte beinahe die Besinnung verloren, als sie soeben Zeugin einer unglaublich brutalen Szene geworden war.
    Die junge Frau aus gutem Hause arbeitete ehrenamtlich für das Komitee zur Rettung gefallener Mädchen . In dieser Eigenschaft war sie in dem Hinterhaus gewesen, um eine dort lebende Straßendirne mit einer Bibel zu beschenken. Doch sie hatte niemanden angetroffen und wollte durch die Toreinfahrt zum Vorsetzen zurückkehren.
    Und dann hatte sie mitansehen müssen, wie ein Polizist brutal auf einen unbewaffneten Mann eingeschlagen hatte! Anna hatte einen Entsetzensschrei nicht unterdrücken können. Doch glücklicherweise hatte sie der

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