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Der Schauermann - Historischer Thriller (German Edition)

Der Schauermann - Historischer Thriller (German Edition)

Titel: Der Schauermann - Historischer Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Barkawitz
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Informationen zu entlocken. Aber dem alten Stimmungssänger fiel nichts mehr ein. Der Detektiv fand, dass sich sein Zuträger die fünf Reichsmark redlich verdient hatte. Er gab dem Betrunkenen das Geld und drängte sich Richtung Tür. Hinter sich hörte er, wie Rabensklaus volltönende Altmänner-Tenorstimme zu singen begann:
     
     
    »Stadt Hamburg an der Elbe Auen
    Wie bist du stattlich anzuschauen!
    Mit deinen Türmen hoch und hehr
    Hebst du dich schön und lieblich sehr.«
     
    Allzu weit war es wirklich nicht zum Pinnasberg, denn die Kneipe befand sich in der Silbersackstraße. Obwohl es schon spät war, wollte Wallmann unbedingt diese Spur verfolgen. Wenn der Detektiv Glück hatte, lag der junge Nichtsnutz betrunken mit einer Hure im Bett und musste bloß ausgenüchtert und in die väterliche Villa geschafft werden ...
    Es spielte keine Rolle, dass Rabenklau keine genaue Adresse gewusst hatte. Der Pinnasberg war keine lange Straße, und es gab dort nur eine Pfandleihe, nämlich die von Isaac Cohen.
    Wallmann legte sich gegenüber von dem Wohnhaus in einer Toreinfahrt auf die Lauer und ordnete seine Gedanken. Natürlich konnte er den Pfandleiher aus dem Bett klingeln und klopfen. Aber dann bestand die Gefahr, dass sein Untermieter aufmerksam wurde und sich aus dem Staub machte. Carl Lütke konnte ja nicht wissen, dass er, Wallmann, vom Familienoberhaupt geschickt worden war. Wenn der Bürgersprössling wirklich in kriminelle Machenschaften hineingezogen worden war, musste er sich vor Gesindel in Acht nehmen und würde zu fliehen versuchen.
    Also sprach alles für einen Einbruch.
    Wallmann hatte schon öfter das Gesetz gebrochen, seit er als Detektiv arbeitete. Letztlich waren seine Auftraggeber an Ergebnissen interessiert. Sie fragten nicht danach, auf welchen Wegen er seine Ziele erreichte. Und von den Udels, die Wallmann gerne als »Plattfüße« bezeichnete, hatte er ohnehin keine hohe Meinung. Bisher hatte das Hamburger Constabler-Corps ihm jedenfalls noch nie etwas am Zeug flicken können.
    Wallmann überquerte schnell die Straße. Die vorderen Fenster der Pfandleihe waren ausnahmslos mit schweren Eisengittern versehen, was ihn nicht verwunderte. Aber der Detektiv zog sich am Dachrand eines benachbarten Schuppens hoch. Er kletterte auf das flache Dach. Für einen hochgewachsenen Mann wie ihn war es kein Problem, mit seinem Messer ein Fenster im ersten Stockwerk aufzuhebeln. Bevor er sich in das Gebäude gleiten ließ, zündete er seine kleine Blendlaterne an, die er stets bei sich trug.
    Der muskulöse Detektiv bewegte sich so geschmeidig und leise wie eine Raubkatze. Er drückte das Fenster gerade weit genug auf, um in das Haus eindringen zu können. Wallmann blieb einen Moment lang auf dem Fußboden hocken, um sich zu orientieren. Das Fenster schob er wieder so weit zu, dass von außen nichts mehr von dem Einbruch zu erkennen war.
    Es roch nach Linoleum, nach kaltem Zigarrenrauch und schwerem, süßlichen Parfüm. Und es war totenstill in der Pfandleiherei. Wallmann dachte angestrengt nach. Im Erdgeschoss befand sich das Ladengeschäft, hier im ersten Stockwerk waren vermutlich die Privaträume der Familie Cohen.
    Wo würde sich wohl das Untermietzimmer befinden? Wenn das Geheimversteck wirklich als Liebesnest dienen sollte, dann würde der Pfandleiher gewiss den Anblick der halbnackten Huren von seinen Kindern fernhalten wollen. Also konnte man Carl Lütkes Unterschlupf im Erdgeschoss vermuten. Möglicherweise verfügte das Untermietzimmer sogar über einen separaten Eingang.
    Trotzdem untersuchte Wallmann auch die Räume im ersten Stockwerk, wo er schon einmal dort war. Vorsichtig drückte er die erste Tür auf und ließ einen Lichtstrahl seiner Blendlaterne über die Einrichtung wandern.
    Ein typisches Jungenzimmer. Ein Bild über dem Bett zeigte ein Kriegsschiff in voller Fahrt, und zwar das Großkampfschiff SMS Preußen. Auf dem Nachtschrank lag ein Wildwest-Roman mit buntem Titelbild, das einen Cowboy mit Lasso darstellte. Doch das Bett war unberührt, der Bewohner nicht daheim.
    Der Detektiv runzelte die Stirn. Das Zimmer gehörte gewiss nicht Carl Lütke. Der gutbürgerliche Hurenbock hatte sich gewiss keine sturmfreie Bude genommen, um in Ruhe Wildwest-Schmöker lesen zu können. Wallmann schloss die Tür und versuchte sein Glück nebenan.
    Der nächste Raum wurde zweifellos von einem noch kleineren Kind bewohnt. Ein Brummkreisel, Bauklötze und anderes Spielzeug befanden sich in einem Regal,

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