DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)
Unverblümter Tadel. Doch um den gehässigen Tonfall richtig zu verstehen, muss man wissen, dass die beiden Fernsehmacher seit vielen Jahren kein Wort mehr aneinander verschwenden.
Aus einem Gespräch mit Roger Schawinski über seinen Intimfeind Peter Schellenbergs lassen sich folgende sieben Kernaussagen ableiten:
1. «Er hat in seinem Leben mehr erreicht, als er sich jemals erhoffen durfte.
2. «Er jammert überall herum, er verdiene zuwenig. Dabei ist er bloss sauer, dass ich mehr Geld habe als er.»
3. «Er hat mich nie richtig ernstgenommen – und mir so viel mehr Möglichkeiten zum Erfolg gegeben.»
4. «Er will der einzige TV-Gott im Land sein, will geliebt und akzeptiert werden. Jetzt ist er nicht mehr allein.»
5. «Er war der beste Fernsehdirektor in der Schweiz, solange es keinen anderen gab.»
6. «Er will nie mehr etwas mit mir zu tun haben, in Wirklichkeit aber ist er total von mir besetzt und wird in jedem Interview auf mich angesprochen. Das ist sein Schicksal.»
7. «Ich würde mich nicht wundern, wenn er einmal den ganzen Bettel hinschmeisst und das Fersehen in Grund und Boden verdammt.»
Was ist bloss passiert? Erstmals kreuzten sich ihre Wege anfangs der Siebziger Jahre. Als Schawinski beim Schweizer Fernsehen landete, genoss der um fünf Jahre ältere Schellenberg längst den Ruf eines begnadeten Dokumentarfilmers. Als Sohn eines Handwerkers der Zürcher Verkehrbetriebe avancierte er 1973 zum Chef des Regionalnachrichten-Magazins Antenne, Schawinski lancierte 1974 seinen Durchbruch mit dem Kassensturz. Ab 1975 leitete Schellenberg den Bericht vor 8, und als er 1977 das Inlandmagazins CH übernahm, war Schawinski bereits wieder weg vom Fenster und versuchte sein Glück als Chefredaktor der Boulevardzeitung Tat – bis zu seinem Rausschmiss im Juli 1978. Schellenberg klinkte sich Mitte 1979 freiwillig aus dem Journalismus aus, wurde Informationschef und später Medienreferent des Programmdirektors Ulrich Kündig.
«Seither besteht sein Leben vor allem darin, stundenlang in der Fernsehkantine herumzusitzen und zu jassen», sagt Schawinski. Schellenberg habe nichts Sichtbares mehr gemacht, «ausser frustriert zu sein».
Mit seinem Missmut wusste Schawinski jedoch Besseres anzufangen: So ging er in Zeitungsartikeln regelmässig auf das Schweizer Fernsehen los – vor allem mit seiner wöchentlichen Kolumne «Mattscheibe» in der Sonntagszeitung, wo er lustvoll gegen die «blutleeren Sportsendungen» wetterte, den Supertreffer von Kurt Felix in die Pfanne haute oder den Zischtigs-Club als «Sendung mit der absolut höchsten Einschlafquote» bezeichnete. Anschliessend behauptete er unverfroren, bei aller Kritik handle es sich doch um kostenlose Unternehmensberatung, «eine Art Hayek-Analysen in Raten».
Eines Tages, unerwartet wie ein Sommergewitter, schlug Schawinski versöhnliche Töne an: nämlich 1987, als es um die Neuwahl des Fernsehdirektors ging. «Warum soll nicht Peter Schellenberg TV-Boss werden?» warf er ein, «wenigstens kennt er das Fernsehen von der Pike auf.» Niemand hatte bis zu diesem Zeitpunkt an «Schälli» gedacht – geschweige denn dieser selbst.
So durfte sich Schawinski als edler Förderer fühlen – bis ihm drei Wochen später (natürlich beim Joggen) eine noch viel brillantere Idee einfiel: «Warum bewerbe ich mich eigentlich nicht gleich selbst und bringe frischen Wind in den verstaubten Laden?»
Gedacht, getan. Am nächsten Montag schickte er die Bewerbung ab, und als Auskunftsperson führte er kurzerhand Bundesrat Leon Schlumpf an. Dieser reagierte überrascht: «Ich weiss weder etwas von Schawinskis Bewerbung noch von einer Referenz», entgegnete er einem neugierigen Journalisten des Tages Anzeigers.
Trotzdem verfehlte die Ankündigung nicht ihre Wirkung. «Ein Schawinski, der Fernsehdirektor werden will, ist wie ein Zebra, das sich in einer Käserei als Milchkuh meldet», alberte Jürg Ramspeck alias «Oskar Nebel» in der Weltwoche. Geradezu prophetisch war seine Pointe: «Wenn Schawinski Programmdirektor werden will, soll er doch selber ein Fernsehen gründen. Das wäre auch lustiger.»
Doch, doch, er meine es ernst, versicherte Schawinski allen Skeptikern, die seine Kandidatur hartnäckig für einen Scherz hielten. Dies sei womöglich seine einzige Chance, Fernsehen zu machen, bevor er alt und grau werde – er sehe sich als Alternative zu den «Apparatschiks», die sich in der SRG Stufe um Stufe hochdienten.
«Sogar die ärgsten Feinde
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