DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)
habe sich der Schlossherr vor Jahren eine Pellerine übergestreift und beschlossen, fortan alle Anwürfe an sich abprallen zu lassen.
Doch was ist das Unaussprechliche, das Schawinski ihm und seiner Familie angetan hat?
Erst vor kurzem habe er sich eingehend mit seinem Chef darüber unterhalten, verrät Bardet zögernd. In diesem «sehr persönlichen Gespräch» sei es um Schellenbergs Sohn gegangen. «Dieser hat vor allem in seiner Pubertät grausam darunter gelitten, dass sein Vater in der Öffentlichkeit dauernd von Schawinski fertiggemacht wird», sagt Bardet. Er sei ein Feigling, habe ihm der Junge immer wieder wütend vorgeworfen, warum er es diesem gemeinen Schawinski nicht endlich heimzahle? Er sei doch der Grösste im Land!
Doch Papa Schellenberg versuchte seinem Sohn in aller Ruhe zu erklären, dass er sich an das Prinzip der Fairness halten müsse: Auf keinen Fall dürfe er den öffentlich-rechtlichen Sender dazu missbrauchen, um persönliche Fehden auszutragen.
So bleibt dem Pressesprecher die undankbare Aufgabe, das Bollwerk von störenden Einflüssen abzuschirmen. Wird René Bardet etwa von einem Fernsehmitarbeiter angefragt, ob er eine Einladung zu Schawinskis Talktäglich annehmen solle, rate er in den allermeisten Fällen ab. «Bei ihm sitzt du von Anfang an auf der Anklagebank», begründet er, «Schawinski bombardiert dich mit schlecht recherchierten Vorwürfen, und wie tapfer du dich auch schlägst, irgend etwas Negatives bleibt immer hängen!»
Wohin das führe, zeige das Beispiel des ehemaligen Nachrichtensprechers Léon Huber. Er könne doch so wahnsinnig gut Peter Schellenberg imitieren, habe Schawinski gestichelt, «und als Huber unbeholfen etwas vor sich hinnuschelte, kugelte er sich vor Lachen.»
Ein anderes Mal habe er Samuel Stutz gefragt, welches telegene Leiden wohl Peter Schellenberg als Studiogast in seiner Sendung «Gesundheit Sprechstunde» zu bieten hätte. «Das ist Arztgeheimnis», rutschte es Stutz heraus. Bardet: «Er lockt die Gäste aufs Glatteis und wartet, bis sie einen Fehler machen.»
Wie viel praktischer ist da doch der Spruch: «Er ist ein unerträglich unanständiger Mensch, mit dem ich nach Möglichkeit nie mehr etwas zu tun haben will.»
Warum der Big Boss für einige seiner Mitarbeiter ein Halbgott ist
Wehe dem, der den Elfenbeinturm verlässt!
«Was, Dich gibt’s wirklich?» Wie oft hat Domenico Blass diesen Satz schon gehört! Noch heute wird er hin und wieder von Leuten angesprochen, die seinen Namen für ein Pseudonym von Roger Schawinski halten. Dabei geht er längst seinen eigenen Weg – zur Zeit schreibt er an einem Drehbuch fürs Schweizer Fernsehen.
Seinen Einstieg in den Journalismus hat er jedoch niemand anderem als Schawinski zu verdanken. «Wir konnten wüten, alles ausprobieren», erinnert sich Domenico Blass, der 1989 als 23jähriger zur Bonus-Truppe stiess und mit aufopferndem Einsatz dafür sorgte, dass das ursprüngliche PR-Heftli Info 24 zum aufmüpfigen Stadtmagazin mit ausserordentlich hohem Bekanntheitsgrad (gemäss Publitest über 55 Prozent bei den 15- bis 44jährigen im Raum Zürich) mutierte.
«Klar, Roger hatte immer das letzte Wort», räumt er ein, «er ist ein absoluter Leadertyp und hat etwas Guruhaftes.» Doch innert kürzester Zeit habe er unheimlich viel Verantwortung gehabt und plötzlich gemerkt: «Wenn ich die Arbeit nicht mache, macht sie niemand.» Effekt: «Ich habe a.) nächtelang durchgearbeitet und b.) wahnsinnig viel gelernt.»
Bald begannen «Schawis Buben» – wie sie von bösen Zungen gescholten wurden – über Zürichs Prominenz herzuziehen. Zu den ersten Zielscheiben gehörte Züri-Woche-Chefredaktor Karl Lüönd, dargestellt als blutrünstiger «Wilderer von Zürich» mit seinem Lieblingsopfer Ursula Koch als erlegte Häsin. Der Autoimporteur und SVP-Nationalrat Walter Frey («Geboren auf der Autobahn») wurde mit Nuggi und Strampelhose im Spielzeugauto abgebildet; der «Geld-Gärtner» Werner H. Spross als Dagobert Duck. Die Geschichte über den SVP-Politiker Ueli Maurer («Wir basteln uns einen Regierungsrat») habe er «sieben Mal umgeschrieben, bis sie Chef abgesegnete».
Wie er es bloss bei diesem Amokläufer aushalte, sei Domenico Blass immer wieder gefragt worden. Doch genau das Gegenteil sei der Fall: «Bei Roger hast du immer Rückenwind. Er pusht dich, klopft dir auf die Schultern und gibt dir das Gefühl, du bist der Beste und alle anderen haben keine Ahnung!» Wie gefährlich diese
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