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DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)

DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)

Titel: DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Spring
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erklärte Schawinski den neuen Lesern unbescheiden: «Wenn einmal die demokratischen Spielregeln verletzt werden, dann schreiben wir das ganz gross in unserer Zeitung. Weil wir die Demokratie ernst nehmen.»
Doch die Frage war: Wie schafft man Kaufanreize ohne Sex and Crime? Die Debütanten versuchten es mit einer aufgemotzten Geschichte über einen Mirage-Absturz bei Payerne. Legendär ist die Schlagzeile, die bei Champagner und Salzgebäck an der Premierenfeier über die Druckwalzen rotierte: «Schaut wie schön wir fliegen – Bumm!» Dazu passte, dass nach einer nächtlichen Serie von Papierrissen beinahe die termingerechte Auslieferung der ersten Tat verhindert worden wäre.
Ein anderes Mal versuchten die Journalisten, die Sensationsgier mit der Zeile «Papst befahl: Schwery, Sie sind Bischof!» anzustacheln. (Dabei ging es um die Neuwahl des Sittener Bischofs Heinrich Schwery – doch der beabsichtigte Gag war, dass einem zuerst Denner-Boss Karl Schweri in den Sinn kam…)

Am zehnten Tag, Schawinskis Leute hatten sich die Finger schon fast wundgesaugt, flatterte ein Communiqué der Schweizerische Kreditanstalt SKA herein. In der Filiale Chiasso seien «erhebliche Verluste» entstanden, hiess es trocken.
Reflexartig griffen Roger Schawinski und Nachrichtenredaktor Hanspeter Bürgin zum Telefonhörer. Spät am Abend – für damalige journalistische Gepflogenheiten eine absolute Frechheit! – riefen sie den SKA-Generaldirektoren Heinz Wuffli zuhause an und fanden heraus, dass bei einem Risikogeschäft mit einem ausländischen Kunden ein beispielloser Schaden von einer Viertelmilliarde Franken entstanden sei. Während sich am nächsten Tag die anderen Zeitungen mit der mageren Agenturmeldung begnügten, trumpfte die Tat mit dem Knüller auf: «Millionenskandal bei der Kreditanstalt!»
Wie zwei ausgehungerte Pitbull-Terriers verbissen sich Schawinski/Bürgin in ihre Story und bald wurde das grösste Schweizer Bankendebakel aller Zeiten zum exklusiven Wirtschaftskrimi der Tat – den Schawinski mit dem Markenzeichen «SKAndal» perfekt zu vermarkten wusste (z.B. «SKAndal weitet sich aus» oder «SKAndal: Jetzt zittern die Gnomen»). Ähnlich wie bei der Watergate-Affäre um Richard Nixon spielten ihnen Insider Indiskretionen zu – und sogar eine Deep-throat meldete sich, eine bis heute anonyme Stimme aus dem Nichts, um gelegentlich die neusten Gerüchte zu verneinen oder zu bestätigen. Auf dem Höhepunkt der Affäre berichtete Schawinski unwidersprochen über Schweigegelder für Kaderangestellte, ausschweifende Partys, Ausflüge ins Spielcasino von Venedig und Prostituierte für die Revisoren des Hauptsitzes.
«Recherchierjournalismus statt Hofberichterstattung» – so lautete sein Credo. Doch durch den aggressiven Stil der Blattmacher geriet das Migros-Management bei seinen Wirtschaftspartnern zunehmend unter Beschuss. An den Montagssitzungen des «Departements Arnold» traten die ersten Meinungsverschiedenheiten zwischen Redaktion und Verlag zutage. Immer vehementer wurde Schawinski von den «grauen Mäusen» im Bürohochhaus (nur mit dem Nonkonformisten Hans A. Pestalozzi, damals Leiter des Gottlieb-Duttweiler-Instituts, fühlte er sich seelenverwandt) aufgefordert, mit seiner «SKAndalzeitung» einen gemässigteren Kurs einzuschlagen. Noch einmal stellte sich die Migros-Verwaltung auf Drängen von Pierre Arnold hinter Schawinskis Team – immerhin war die tägliche Auflage der Tat bereits auf 67’000 Exemplare geklettert.
«Tat lebt!» hiess es tags darauf, am 3. Dezember 1977, auf den orangefarbenen Aushangplakaten, und auf der Redaktion knallten die Sektkorken.
Nur der Chefredaktor übte er sich in Zurückhaltung – schliesslich lastete auf seinen Schultern die volle Verantwortung für die Zukunft der Zeitung. Zudem war er felsenfest entschlossen, auf der Redaktion seine Autorität zu wahren. Er wollte nicht den Fehler aus Kassensturz-Zeiten wiederholen, wo er vor lauter Kumpanei mit seinen Leuten jeglichen Respekt verspielte und sich zuletzt nicht mehr durchsetzen konnte. Konsequent verkehrte er jetzt mit allen per Sie und reduzierte private Kontakte auf ein absolutes Minimum.
Doch eines Tages platzten ein paar übermütige Kollegen ins Chefbüro.
«Herr Schawinski, was halten Sie von einer Duzis-Kampagne?» fing Hannes Heldstab an. Der Basler Professor Hans Trümpy von der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde habe nämlich herausgefunden, dass auch in der Schweiz die

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