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Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
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Gaston die Scherben wegräumte. Was war nur los mit ihr? Ihre Ausgeglichenheit, früher ihr ganzer Stolz, ließ sie schmählich im Stich. Was sollte aus ihr werden?
Als Gaston hinausgegangen war, blickte sie sich wie gehetzt um. Nirgends sah sie einen Ausweg. Es gab nur eine einzige Möglichkeit, dem unerträglichen Elend zu entrinnen - Selbstmord. Und sie hatte unablässig ein geeignetes Mittel gesucht. Aber auch der Scheich dachte daran und traf Vorkehrungen. Eines Tages schien sich ihr verzweifelter Wunsch zu erfüllen, und sie tastete nach dem Revolver, der auf einem Tisch lag. Doch sobald ihre Finger den Griff umfaßten, wurden sie von einer starken Hand gepackt. Wie üblich war er lautlos hereingekommen und zu ihr geeilt. Er entwand ihr die Waffe, seine Augen fixierten sie, dann öffnete er den Revolver und zeigte ihr das leere Magazin. «Glaubst du, ich wäre ein Narr?» hatte er sie ohne Zorn gefragt.
Seit diesem Tag wurde sie unauffällig rund um die Uhr überwacht und fand keine Gelegenheit, ihr schreckliches Vorhaben zu verwirklichen. Bekümmert vergrub sie das Gesicht in den Händen. «Oh, Gott! Wird es denn niemals enden? Muß ich für immer hier ausharren?»
Sie sprang auf und wanderte rastlos umher, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, den Kopf in den Nacken gelegt, die Zähne zusammengebissen. Mühsam rang sie nach Atem, als wäre sie gerannt, und starrte blicklos ins Nichts. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefaßt hatte und die nervöse Erregung verebbte. Wie erschöpft sie sich fühlte ... Plötzlich erschien ihr die Einsamkeit unerträglich, und in diesem Moment wäre ihr alles lieber gewesen als die schweigende Leere in diesem großen Zelt. Als sie von draußen Lärm hörte, trat sie hinaus unter die Markise. Neben ihr standen der Scheich, Gaston und Yusef. Sie beobachteten ein wildes, bockiges Fohlen, das drei Männer mit vereinten Kräften eisern festhielten, obwohl es sich unentwegt loszureißen suchte. Dahinter, in sicherer Entfernung, bildeten mehrere Araber einen Halbkreis, teils beritten, teils zu Fuß. Eifrig redeten sie durcheinander und gestikulierten. Die Reiter patrouillierten am Außenrand des Publikums.
An eine der Lanzen gelehnt, die das Vordach stützten, verfolgte Diana die Ereignisse mit wachsendem Interesse. Das Camp lag viele Meilen weiter südlich von jenem anderen, in das sie zuerst gebracht worden war. Einige Tage nach ihrer Entführung hatte man es abgebrochen und hier wieder aufgeschlagen. Ringsum erstreckte sich eine prachtvolle Landschaft. Die fernen Berge verschwammen im Nachmittagsdunst. Hinter den Zelten erhoben sich dichtgedrängte Palmen. Die wilden Eingeborenen in ihren malerischen weißen Roben, die rastlosen Reiter und das prachtvolle, tobende Pferd in ihrer Mitte gaben ein beeindruckendes Bild ab. Unermüdlich schlug das Fohlen aus und schnappte nach den Männern, die es mühselig bändigten. Als der Scheich eine Hand hob, löste sich ein Mann aus der schwatzenden Menge, lief zu ihm und verbeugte sich. Als Hassan einige Worte an den Mann richtete, verneigte sich dieser erneut und lächelte breit. Dann näherte er sich den Kämpfenden.
Diana hob neugierig den Kopf. Nun sollte der Widerstand des wütenden Fohlens endgültig gebrochen werden. Es war bereits gesattelt. Zusätzliche Männer eilten herbei und zwangen es, stillzustehen - nur für einen kurzen Moment, doch der genügte einem der Araber, um auf den Pferderücken zu springen. Hastig wichen die anderen vor den rasenden Hufen zurück. Das Tier hielt, erstaunt über die plötzliche Last, inne und bäumte sich dann so hoch auf, daß Diana glaubte, es müßte nach hinten fallen und den Reiter unter seinem Gewicht begraben. Aber es landete wieder auf den Vorderhufen.
In den nächsten Sekunden war es fast unmöglich, die zuckenden Bewegungen des Fohlens zu verfolgen, das den Mann abzuwerfen suchte. Das Ende ließ nicht lange auf sich warten. Kraftvoll warf das erboste Tier die Hinterbeine in die Luft und schleuderte den Reiter über seinen Kopf hinweg. Mit einem dumpfen Aufprall fiel er in den Sand und blieb reglos liegen, während die anderen heranstürmten und das Tier festhielten, ehe ihm seine Freiheit bewußt wurde. Diana wandte sich dem gestürzten Araber zu, den einige Zuschauer umringten. Da sie ihn für tot hielt, schlug ihr Herz schneller. Welch ein plötzlicher Tod ... Eben war er noch voller Leben gewesen, hatte vor Kraft gestrotzt.
Diesen Barbaren bedeutet ein Menschenleben nichts,

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