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Der Scherbensammler

Der Scherbensammler

Titel: Der Scherbensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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mit Misstrauen und verhielten sich aggressiv.
    Tilo hatte sich vorgenommen, so bald wie möglich wieder für normale Verhältnisse zu sorgen. Er brauchte die Praxisräume. Ruth. Seine Unterlagen. Es kostete ihn immens viel Zeit, ständig hin und her zu hetzen. Doch bis es so weit war, würde er das Geheimnis wahren. Und Imke nur mit Mühe in die Augen sehen können.
    Er fragte sich, wann die Polizei beginnen würde, sich für Mina zu interessieren. Bestimmt machte ihr Verschwinden sie allmählich verdächtig. Er fragte sich auch, was er dann tun sollte. Mina von der Notwendigkeit überzeugen, sich zu melden?
    Er konzentrierte sich wieder auf das Fernsehen. Bert Melzig in Großaufnahme. Tilo musterte ihn nachdenklich. Es war das dritte Mal, dass der Zufall ihn mit diesem Mann zusammenführte. Ein Lächeln lag auf dem Gesicht des Kommissars. Und fast so etwas wie Zärtlichkeit. Im nächsten Moment war beides verflogen.
    Das Gespräch war oberflächlich und seicht. Tilo merkte, dass ihm die Lider schwer wurden. Eine Weile kämpfte er gegen die Müdigkeit an, dann sank ihm das Kinn auf die Brust und er schlief ein.
    Im Traum lächelte das Gesicht des Kommissars von einer riesigen Plakatwand auf ihn herab. Ein Gewitter braute sich am Himmel zusammen. Und dann fielen die ersten Tropfen. Das Gesicht des Kommissars blieb unversehrt, nur sein Mund wellte sich, weichte auf und das Lächeln verschwand.
     
    Sie saßen in der Küche und aßen Pizza, die Claudio großzügig spendiert hatte. Manchmal war er einfach ein Schatz. Dann wusste Merle wieder, warum sie mit ihm zusammen war. Dann verflüchtigte sich alles, was zwischen ihnen stand, und übrig blieb eine Zärtlichkeit, so intensiv, dass sie wehtat.
    Die Küche duftete nach geschmolzenem Käse und Oregano. Im Hintergrund lief leise Musik, auf die niemand achtete. Sie  aßen und tranken und unterhielten sich über alles Mögliche, nur nicht über das, was ihnen auf der Seele lag.
    Nach dem Essen tranken sie einen Espresso und verfielen in Schweigen.
    »Redet mit mir«, sagte Mina nach einer Weile. »Ich bin kein Tier mit zwei Köpfen, das man auf dem Jahrmarkt ausgestellt hat.«
    Jette zuckte zusammen. Merle suchte krampfhaft nach Worten.
    »Aber bestimmt fühlst du dich manchmal so.«
    Mina nickte. »Ich wusste immer schon, dass ich anders bin. Auch die Eltern haben es gewusst. Es war aber nicht erlaubt, anders zu sein. Sie haben alles versucht, um mich in die Gemeinschaft einzuordnen.«
    »Die Wahren Anbeter Gottes«, murmelte Jette.
    »Es ging aber nicht.« Mina kämpfte mit Tränen. »Ich war nicht gut genug.«
    »So ein Quatsch!« Merle musste sich zusammenreißen, um nicht selbst loszuheulen. »Du bist total in Ordnung. Was haben die dir bloß eingeredet?«
    Gedanken an ihre eigenen Eltern kamen in ihr hoch und schnürten ihr die Kehle zu. Sie war nie die Tochter gewesen, die ihre Eltern sich gewünscht hatten. Nicht hübsch genug, nicht klug genug, nicht angepasst genug. Merle war in ihre heile, saubere Welt geplumpst wie ein Feldstein, zu klobig, um ihn stolz präsentieren zu können.
    »Ich glaube, du warst besser als sie«, sagte Jette bestimmt, und Merle wusste, damit war nicht nur Mina gemeint.
    Mina senkte den Kopf. Als sie wieder aufblickte, hatte sie die Lippen verächtlich verzogen.
    »Worauf du dich verlassen kannst! Diese Idioten hab ich doch locker in die Tasche gesteckt! Allesamt!«
    Merle horchte auf. Forschend betrachtete sie Mina.
    »Hast du dir alles eingeprägt?« Ein spöttisches Grinsen. »Gefällt dir, was du siehst?«
    »Wer bist du?«, fragte Merle leise.
    »Oooh! Wie enttäuschend! Ich dachte, nach Tilos fachkundiger Einführung in die Welt der Multiplen wüsstest du das.«
    Es musste Marius sein. Das Gesicht wirkte schmaler, das Kinn kantiger. Und da war etwas in den Augen, das Merle bei Mina noch nie entdeckt hatte. Ein Ausdruck von … Auflehnung und … Widerstand.
    »Hallo, Marius«, sagte Jette da auch schon.
    »Bingo!« Marius reichte Jette mit übertriebener Geste die Hand. Dann Merle. »Nett, euch kennenzulernen.« Er lehnte sich zurück und streckte die Beine aus.
    Merle war selten um eine Antwort verlegen, doch jetzt wusste sie nicht, was sie erwidern sollte.
    »Ich stell mir das schwer vor, in so einer religiösen Gemeinschaft aufzuwachsen«, kam Jette ihr zuvor.
    »Ein Zuckerschlecken war es nicht. Aber ich hab’s überlebt.« Marius schnupperte an der Tasse, die vor ihm stand, und schob sie dann angewidert beiseite. »Ich hasse

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