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Der Schichtleiter

Titel: Der Schichtleiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Seinfried
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Abläufe in zusammenhängenden Sätzen erklären kann. Sicherlich ist er mit dem Werkstudenten unterwegs, um ihm alles zu zeigen.
    Als ich in die Nebenhalle trete, sehe ich jedoch niemanden. Ob die schon weiter sind? Ich will gerade zur Treppe durchlaufen, als hinter mir Werner ruft.
    „Hey, Falk, wenn du schon hier bist, kontrollier mal für mich!“
    Innerlich verdrehe ich die Augen, weil Werner sich nie meinen Namen merken kann oder will. Was ist an Finn Falkner so schwierig?
    „Klar“, antworte ich genervt und gehe nun doch zum Kessel. Das Zeug ist noch ganz am Anfang des Kühlprozesses und die Leitungen knacken von der Kühlsole. Also gab es nicht wirklich was zum Kontrollieren. Typisch Werner. Hauptsache, er kann jemanden durch die Gegend scheuchen.
    „Alles in …“, setze ich gerade an, als der Schichtleiter mich auch schon an sich zieht.
    „Immer die Augen auf“, raunt er mir zu, während sein Arm schwer auf meinen Schultern liegt.
    „Alles klar“, sage ich und mache mich frei. Bah, wie ich das hasse, dass er einem immer so nah kommen muss!
    „Wo wolltest du eigentlich hin?“
    „Ich suche Hayo, warum?“
    „Hayo führt den Neuen rum. Du kannst für mich jetzt hier weitermachen, okay?“
    „Du meinst, während Hayo eigentlich deinen Job macht, soll ich jetzt den von Hayo machen?“ Ich grinse herausfordernd.
    „Ich hab dir schon mal gesagt: Werd nicht frech, Bürschchen!“ Werner schaut mich durchdringend an. Dann wandern seine Augen über meine Klamotten, so als ob er … Sofort stellen sich mir die Nackenhaare auf. Der wird mich doch wohl nicht abchecken! Ich hatte schon ein paar Mal bei ihm das Gefühl, dass er vielleicht auf Kerle steht. Immerhin kenne ich sonst niemanden, der seine jüngeren Gesprächspartner gleich immer auf pseudoväterliche Art umklammert.
    „Der Boss kommt heute vorbei. Sieh zu, dass du ordentlich aussiehst“, sagt er schließlich.
    Ich nicke nur und bin einigermaßen erleichtert, dass er offenbar nur geschaut hat, ob ich vorschriftsmäßig gekleidet bin.
    „Schutzbrille?“
    „Hab ich hier …“
    „Dann zieh sie auch auf!“
    „Und du?“, rutscht es mir sofort heraus.
    „Ich bin der Chef“, lacht er und verzieht sich wieder in sein Büro.
    Verdammt, der Kerl ist echt unangenehm. Aber wie sagt mein Vater immer so schön: Auf der Arbeit kann man sich die Leute halt nicht aussuchen.
    Ich trage mich schnell ins Logbuch ein. Uhrzeit, Temperatur, Kürzel, fertig. Jetzt habe ich eine halbe Stunde lang Zeit. Somit kann ich ungestraft herumstromern. Kurz überlege ich, ob ich Hayo suchen soll. Würde sicher nicht schaden, sich das ein oder andere noch mal erklären zu lassen. Allerdings bin ich bereits zum dritten Mal hier und augenscheinlich hat sich nichts geändert. Also gehe ich an der Metalltreppe vorbei zum Aufzug. Die schmutzig gelben Kacheln rauschen vor mir hinunter und ich sehe die grünen Rohre und Kessel in der ersten Etage. Niemand da. Dann ist der Aufzug auch schon weiter. In der zweiten Etage sehe ich ganz am Ende im Reinraum zwei weiß vermummte Gestalten. Hayo erkenne ich sofort an seinem Kugelbauch. Aber ich fahre hoch in die Dritte. Tagsüber finde ich es hier oben nicht so schlimm, auch wenn der Gang, der jetzt vor mir liegt, echt psycho wirkt. Ich habe immer das Gefühl, dass jeden Moment ein Irrer aus den Lagerräumen heraus auf mich zugestürmt kommt. Was das wohl über mich aussagt?
    Ich öffne die Tür neben dem Aufzug und trete raus auf einen Gitterrost, der mich zu einer Leiter führt. Von allein wäre ich nie auf die Idee gekommen, hier draußen herumzuklettern. Aber Tom, der Werkstudent, den ich in meinen ersten zwei Semesterferien kennengelernt habe, hat mir seinen Geheimplatz gezeigt. Und im Sommer zum Chillen ist es echt perfekt, weil einen hier oben niemand vermutet.
    Also klettere ich hoch auf das Dach und mache es mir hinter zwei großen Schornsteinen bequem. Hier lässt es sich wunderbar aushalten. Von der Sonne aufgeheizte Teerpappe, über mir strahlend blauer Himmel, rundherum etwa hüfthoch eine Art Mauer, die vor Blicken aus den Nachbargebäuden schützt. Und da ich verbotenerweise mein Handy dabei habe, verpasse ich auch nicht die nächste Kontrolle.

8

Über den …
    Ich ziehe meine Schutzjacke aus, um sie zu einem Kopfkissen zusammenzuknüllen. Dann lege ich mich hin und betrachte eine Weile die Wolken über mir. Ich merke, dass ich müde werde, also stelle ich die Weckfunktion.
    Vor allem in der Spätschicht war ich mit

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