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Der Schimmer des Ledger Kale

Der Schimmer des Ledger Kale

Titel: Der Schimmer des Ledger Kale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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Wort vom Boden aufgehoben und es ihm ins Ohr gerammt. »O’Connell?« Mr Cabot schlug seinen Stock mit einem lauten KRACK! gegen die schicke Türverkleidung, verließ, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen, das Zimmer und bewegte sich wie ein hinkender Blitz zur Haustür. Ich flitzte schnell hinterher. Sämtliche Stäbe des Treppengeländers hatten sich bereits gelockert und ruckelten so laut in ihren Verankerungen hin und her, dass es in meinem Rücken klang, als würde ein riesiger Tausendfüßler in Holzschuhen einen Marathon laufen.
    Onkel Autry stand draußen vor der Fliegengittertür. Zwischen den Verandapfeilern hinter ihm war schon ein halbes Dutzend bonbongroßer Spinnen fleißig bei der Arbeit – das einzige sichtbare Zeichen dafür, dass mein Onkel nicht so entspannt war, wie er tat. Autrys Gesichtszüge wirkten ruhig und gefasst. Seine Haltung war lässig. Die sechs Spinnen erweckten jedoch den Eindruck, als hätten sie sieben Becher völlig übersüßten Kaffee getrunken. Unterhalb der Traufrinne zogen sie unordentliche Spinnweben schneller hoch, als andernorts Fertighäuser entstanden, und jedes einzelne Netz war groß genug für einen ganzen dreizehnjährigen Jungen.
    Als Cabot an der Tür ankam, schoss ich an ihm vorbei. Ich stürmte durch die Fliegengittertür und zog, da ich mich nicht einmal kurz abzubremsen traute, ebenfalls an Autry vorbei. Ich fühlte mich genauso wie damals in der Schule, als ich dringend aus dem Raum musste, nachdem ich mir im Kunstunterricht zu lange dieses seltsame Bild mit den schmelzenden Uhren angesehen hatte. Nur dass an diesem Tag – einen Monat vor meinem Geburtstag – Josh und Ryan dabei gewesen waren; sie hatten mich zum Sanitätszimmer geschleift, und Brody, das Großmaul, erzählte danach überall rum, ich hätte mich übergeben, nachdem ich wegen eines Gemäldes völlig ausgeflippt sei. Heute fragte ich mich, ob das nicht eine Art Vorankündigung gewesen war.
    Ich duckte mich unter den Spinnweben an Cabots Veranda hindurch, sprang die Stufen hinunter, ließ den Eisenzaun mit den spitzen Zacken hinter mir und hastete an dem weißen Pick-up meines Onkels vorbei. Und das alles, ohne noch irgendetwas kaputt zu machen.
    Auf der anderen Straßenseite lehnte ich mich an eine Reihe von Briefkästen. Meinen Fehler bemerkte ich erst, als ich alle sieben auf einen Streich zu Fall brachte. Ich stürzte mit ihnen zu Boden und verursachte dabei ein unglaubliches Getöse.
    Der Lärm lockte Sarah Jane ans Fenster. Sie öffnete die runde Glasscheibe in dem kleinen Turm ganz oben am Haus, lehnte sich heraus und schüttelte den Kopf.
    Mühsam richtete ich mich wieder auf, schüttelte mein Bein aus und tat völlig cool; dabei steckte mein linker Fuß in einem der Briefkästen aus Aluminium fest. Ich mochte aus Cabots Kuriositätenkabinett entkommen sein, aber ich benahm mich immer noch wie ein Zirkusclown. Fehlten nur noch die Bananenschale, die explodierende Zigarre und die Nummer mit der menschlichen Kanonenkugel.

13
    Als Autry um den Wagen herumkam, steckte ich noch immer bis zum Knie im Briefkasten der Cabots. Mein Onkel blieb stehen, starrte mich an und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. Vielleicht kamen ihm in diesem Moment doch Zweifel daran, ob ich in Bezug auf meinen Schimmer irgendwann noch mal ein wenig Fingerspitzengefühl entwickeln würde.
    »Wenn das der schlimmste Schaden ist, den du hier heute angerichtet hast, Ledge« – Autry wies mit dem Kinn auf die Briefkästen –, »dann können wir uns wohl glücklich schätzen. Meinst du, du schaffst es, im Auto mit zur Ranch zu fahren?« Autrys Ton war streng, doch ich bemerkte ein Zucken in seinem Mundwinkel.
    Ich blickte nach unten und schüttelte erneut mein Bein. Von meinem Onkel drang ein leises Prusten zu mir. Ich brauchte einen Moment, um zu kapieren, dass Autry sehr an sich halten musste, um nicht schallend loszulachen.
    »Schaffst du es ein paar Meilen weit, ohne zu … du weißt schon …« Er wies mit der Hand auf die verstreuten Trümmerteile um mich herum und musste sich weiter schwer am Riemen reißen. »Ohne meinen Pick-up zu recyceln ?« Autry verkniff sich weiter krampfhaft das Lachen, während ich ihn ohne eine Spur von Humor ansah. Ein einziger Blick zurück zum Haus der Cabots genügte jedoch, um ihn schnell zu ernüchtern. Ich hatte nicht mitbekommen, was genau er und Mr Cabot geredet hatten, aber der Ton allein hatte gereicht, um zu wissen, dass sie sich gestritten

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