Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schimmer des Ledger Kale

Der Schimmer des Ledger Kale

Titel: Der Schimmer des Ledger Kale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
Vom Netzwerk:
wieder am Handgelenk. »Aber in etwa. Es ist ja nicht so, als wäre ich der erste Mensch gewesen, der einen Schimmergeburtstag hatte.«
    Fe hörte abrupt auf zu lachen, ihre Augen waren so rund wie der aufgehende Mond. »Wer war denn der erste, Onkel Autry?«
    »Ja«, riefen Mesquite und Marisol wie aus einem Mund. »Wer war das?«
    »Warst du das, Opa?« Gypsy wandte ihr Gesicht Opa Bomba zu.
    »Der Erste mit einem Schimmer?« Opas Stimme knatterte wie ein alter Motor, der stotternd anspringt und sich für eine Fahrt über eine holprige Straße auf Touren bringt. »Habt ihr nie die Geschichte von Eva Mae Eldorado Zwei-Vögel Zaster gehört, Kinder?«
    »Eva Mae wer ?« Fes Gesicht glühte vor Aufregung. Marisol und Mesquite sahen einander an und wandten den Blick dann vorwurfsvoll ihrem Vater zu, als hätte er ihren Hausunterricht vernachlässigt, indem er ihnen wichtige Geschichten vorenthielt.
    Autry hob seinen Kaffeebecher und grinste Opa an. »Erzähl weiter, Dad. Gib eine Geschichte zum Besten, wenn dir danach ist.«
    Die Gelegenheit, von früher zu erzählen, verlieh Opa neue Kraft. Er setzte sich aufrechter hin und begann …
    »Wisst ihr, Kinder, nur sehr wenige Menschen kennen die Geschichte von Eva Mae. Sie war unsere Ur-ur-ur- und sogar noch urigere Großmutter und der allererste Mensch unter diesem weiten Himmelszelt, der sein Talent Schimmer nannte.« Opa legte den Kopf in den Nacken und schaute hinauf zu den Sternen.
    »Als Eva Mae noch ein junges Mädchen war, reiste sie mit ihren drei älteren, kräftigen Brüdern durch das Land nach Westen in der Hoffnung, an einem ganz neuen Ort ein ganz neues Leben zu beginnen. Doch am Morgen ihres dreizehnten Geburtstags fiel sie in den Missouri River und sah ihre Brüder nie wieder.«
    Neben Opa bewegte sich ein Schatten, und zum zweiten Mal, seit ich auf die Ranch gekommen war, glaubte ich Samson zu sehen. Aber als ich blinzelte, war er schon wieder verschwunden. Ich hätte die anderen gern gefragt, ob sie ihn auch gesehen hatten, aber ich wollte nicht, dass mich alle für noch verrückter hielten als ohnehin schon. Ich überlegte, ob das Gefühl, wenn man das erste Mal unsichtbar wurde, vielleicht so ähnlich war, wie in einen Fluss zu fallen und weggeschwemmt zu werden.
    »Die junge Eva Mae trieb und trudelte eine ganze lange Weile den schlammigen Fluss hinunter«, fuhr Opa fort. »Damals floss er noch frei, er führte viel Wasser und war voll von der Magie eines makellosen, ungebändigten Landes. Während Eva Mae durch die Strömungen dahinpurzelte, wurde sie vom Häubchen bis zu den Stiefeln mit Goldstaub überzogen. Entsprechend hübsch anzuschauen war sie, als sie den Fluten wieder entstieg. Und ab diesem Tag konnte das Mädchen für alle Zeiten Gold hervorzaubern, wo auch immer welches verborgen lag.«
    Na, das war ja mal ein Schimmer, dachte ich mir. Wenn ich so einen Schimmer wie Eva Mae bekommen hätte, hätten Mom und Dad mich ganz bestimmt nicht auf der Ranch zurückgelassen. Dann wären wir reich! So reich, dass meine Eltern gar nicht mehr zu arbeiten brauchten. Ich könnte Goldmedaillen für meinen Vater herstellen. Ich könnte Großmaul Brodys Haus für ihn und seine Familie zurückkaufen – und vielleicht sogar einen Pool einbauen.
    »Eva Mae wusste, dass sie eine ganz besondere Begabung hatte«, fuhr Opa fort. »Und es dauerte nicht lange, da wussten andere es auch. Männer scharten sich um sie wie Kühe um einen glitzernden Gegenstand. Und als Eva Mae einen nach dem anderen heiratete – einen Fallensteller, einen Händler, einen Forschungsreisenden, einen Bäcker, einen mächtigen Krieger der Sioux, einen Farmer, einen Maler –, da fand jeder von ihnen einen raschen Tod. Nach einer gewissen Zeit bekam Eva Mae Angst, dass ihr Leben unter einem schlechten Stern stand.«
    »Hm. Davon kann ich ein Lied singen«, murmelte ich.
    »Wem sagst du das.« Rockets Tonfall war scharf genug, um ein Loch in den nächtlichen Himmel zu reißen. Ich schrumpfte auf meinem Stumpf zusammen, als blaue Funken knisternd um seine Fingerspitzen tanzten.
    »Pst!«, machten alle vier Mädchen empört, während Opa tief Luft holte und weiterfabulierte. Seine Stimme zitterte bereits von der Anstrengung.
    »Eva Maes Familie wuchs, und ihr wurde klar, dass sie all die Banditen, Banker und Tunichtgute, die Wind von ihrem Schimmer bekamen und sich mit ihrer Hilfe bereichern wollten, hinter sich lassen musste. Also floh sie mit ihren Kindern westwärts in die Wildnis und

Weitere Kostenlose Bücher