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Der Schimmer des Ledger Kale

Der Schimmer des Ledger Kale

Titel: Der Schimmer des Ledger Kale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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entziffern konnte.
    »Was hast du denn da, Ledge?«, fragte Marisol. Ich hob den Kopf. Alle sahen mich an. Schnell klappte ich Sarah Janes Notizblock wieder zu.
    »Führst du neuerdings Tagebuch?«, erkundigte sich Mesquite. »Oder schreibst du Liebesbriefe an ein unglückliches Mädchen in Indiana?«
    Mit hochrotem Gesicht versuchte ich, den Block zurück in meine Tasche zu stecken, aber er ruckte und zuckte in meiner Hand, da die Zwillinge alles daransetzten, ihn durch die Luft zu sich hinzuziehen. Die Mädchen schafften es schließlich, sich in den Besitz des Deckblatts zu bringen, indem sie es einfach von der Spiralbindung losrissen.
    »Der Sundance Express ?« Marisol heulte auf, als sie las, was darauf geschrieben stand. »Wie bist du denn daran gekommen?«
    »Verräter!« Mesquite bewarf mich mit einem Kiefernzapfen und rief empört: »Sarah Jane Cabot ist der Feind, du Riesenschwachkopf!«
    »Sarah Jane steckt ihre Nase überall rein!«, sagte Marisol. »Und ihr Vater ruiniert alles! Er hat sogar schon gedroht …«
    »Das reicht jetzt, ihr zwei«, unterbrach Autry sie. »Sarah Jane ist nicht unser Feind . Aber Ledger weiß inzwischen, dass er einen Bogen um die Cabots machen sollte. Er wird vorsichtig sein. Stimmt’s, Ledge?«
    Noch immer waren alle Blicke auf mich gerichtet – alle bis auf Rockets. Der saß da, stocherte mit einem Stock in der Glut und zupfte an seinem Bart, während er orange Funken in die Nacht emporwirbelte und ihnen nachblickte, bis sie verschwanden.
    »Ja, ja. Ich weiß«, antwortete ich achselzuckend und schlug nach einer weißen Motte, ehe sie sich auf mir niederlassen konnte. Weitere Motten umflatterten das Feuer. Gypsy beobachtete sie mit einem zufriedenen Seufzen.
    »Dein dreizehnter Geburtstag muss großartig gewesen sein, Onkel Autry«, sagte sie und lenkte die Aufmerksamkeit der Gruppe gnädig von mir ab, indem sie aufstand und zwischen den Insekten herumwirbelte wie eine Tänzerin in einer Schneekugel. »Wie war das, als du herausgefunden hast, dass dein Schimmer total verkäfert war?«
    »Oh, Papi hatte an dem Tag noch gar keine Ahnung, was ihm bevorstand!«, verkündete Mesquite, ehe Autry den Mund auch nur halb geöffnet hatte. Mesquite war so begierig darauf, die Geschichte zu erzählen, dass sie das Deckblatt von Sarah Janes Notizblock ins Feuer warf und nicht einmal innehielt, um zuzusehen, wie es verbrannte.
    »Als Papi an seinem dreizehnten Geburtstag aufwachte, spürte er, wie hundert winzige Beinchen über sein Handgelenk krabbelten.«
    Autry kicherte, kratzte sich aber am Handgelenk, als erinnerte sich noch an das Gefühl all der winzigen Beinchen auf seiner Haut.
    »Es war ein Tausendfüßler!« Marisol führte die Geschichte fort, breitete ihre Arme aber so weit aus, dass sie eher ein Tier von der Größe eines Bassets anzeigte. »Ein großer«, fügte sie hinzu. »Und er schlängelte sich schnurstracks Papis Arm hinauf wie eine Reihe von Hula-Tänzerinnen.«
    Ich erschauderte und kratzte mich jetzt auch. Rocket warf seinen Stock ins Feuer und schüttelte den Kopf über die Zwillinge; er kannte die Geschichte offenbar schon.
    »Mittags zupften Spinnen in jeder Ecke von Omas und Opas Haus auf ihren Netzen ›Happy Birthday‹«, fuhr Mesquite fort. Gypsy und Fedora lachten. Und Opa Bomba schreckte bei dem Geräusch aus dem Schlaf hoch.
    »Danach«, setzte Marisol schnell nach, »fraßen Termiten die Hintertür ratzekahl auf, und eine Ameisenarmee schulterte den Kühlschrank und trug ihn aus dem Haus!«
    Opa sah aus, als sei er aus tiefen, abenteuerlichen Träumen gerissen worden, doch als er den Anschluss an die Geschichte fand, leuchteten seine Augen im Feuerschein.
    »Das stimmt!«, keuchte er. »Und am Mittag desselben Tages hat euer Vater bereits seinen ersten Flohzirkus eröffnet. Zur Abendbrotzeit ließ er die Pferdebremsen im Hof im Flug gegeneinander antreten und nahm Wetten von allen Nachbarskindern an.«
    Während die anderen noch lauter lachten, sank ich auf meinem Stumpf zusammen und nahm vor Neid dreizehn verschiedene Grüntöne nacheinander an. Sicher, Onkel Autrys Geburtstag war anfangs das reinste Gruselkabinett gewesen, aber er hatte geendet wie ein Besuch auf dem Jahrmarkt. Warum hatte mein Geburtstag nicht so ausgehen können?
    »Ist das wirklich passiert?«, fragte ich, als die Mädchen weiterkicherten.
    Autry sah mich, immer noch glucksend, an. Dann wurde sein Blick ernst.
    »Nicht ganz genau so, Ledge«, gestand er ein und kratzte sich

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