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Der Schimmer des Ledger Kale

Der Schimmer des Ledger Kale

Titel: Der Schimmer des Ledger Kale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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gefährlich sein«, murmelte ich, während ich noch an Autrys Geschichte zu schlucken hatte. »Verwundete Menschen wohl auch.«
    »Jemanden zu verlieren, den man liebt, kann einem das Herz in Stücke zerreißen«, fügte Autry hinzu. »Ich weiß das sehr gut.«
    »Aber du bist nicht gemein und niederträchtig geworden, nachdem deine Frau gestorben ist«, erwiderte ich.
    »Jeder muss sich selbst wieder neu zusammenflicken, wenn einmal alles über ihm zusammengebrochen ist, Ledge. Und das Ergebnis fällt eben bei jedem anders aus«, sagte Autry. »Das solltest du doch am besten wissen.« Dann lachte er, aber seine gute Laune hielt nicht lange an; als sein Blick wieder auf das Zwangsvollstreckungsschild fiel, verging ihm das Lachen. »Wie’s aussieht, hast du voll in ein Wespennest gestochen.«
    »Es … es tut mir leid, Onkel Autry.« Diese Worte klangen lahm, aber Autry akzeptierte sie mit einem knappen Nicken.
    »Du glaubst also, Sarah Jane schlägt ganz nach ihrer Mutter, Ledge?« Autry sah mich aus dem Augenwinkel an, während er schließlich den Motor wieder anließ. »Und sie hat einen Schimmer?«
    Ich nickte.
    »Weißt du denn auch, was es ist?«
    Ich tastete nach Sarah Janes Notizblock in meiner Tasche. »Ja, ich glaube schon.«
    »Ich glaube, ich weiß es auch.« Autry biss sich auf die Innenseite seiner Wange. Wir fuhren jetzt über die Schotterpiste in Richtung der Häuser. »Ich erzähle dir jetzt etwas, was ich noch nie jemandem erzählt habe, Ledge. Kurz bevor Sarah Jane dreizehn wurde, kam Noble zu mir.«
    »Wirklich? Warum?«
    »Er wollte wissen, ob es irgendeine Möglichkeit gäbe zu verhindern, dass jemand seinen Schimmer bekommt.«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Ich hab ihm gesagt, das wäre so, als wollte er verhindern, dass dieser Jemand erwachsen wird.« Autry runzelte die Stirn. »Das wollte er natürlich nicht hören. Ich glaube, er war davon überzeugt, dass Sarah Janes Geburtstag schon ohne viel Aufhebens vorbeigehen würde, wenn es ihm nur gelänge, sie von uns und der Ranch und allen, die irgendwie anders sind, fernzuhalten. Dass er dann keine Angst haben müsste, noch einen Menschen zu verlieren, den er liebt.
    Und dann hat er angefangen, diese Zwangsvollstreckungsschilder aufzustellen«, fuhr Autry fort. »Jeder, der ihm irgendwie zu seltsam vorkam, wurde sofort bedroht oder entfernt – obwohl Noble doch eigentlich selbst der schrägste Vogel hier in der Gegend ist.« Autry schnaubte und parkte den Pick-up in dem schmalen Schattengitter am Fuß des Windrades. »Und als Sarah Jane anfing, ihre Zeitungen zu verkaufen …«
    »Hat sie all diese verrückten Geschichten über die Leute aus der Stadt geschrieben!«, rief ich aus. »Und Mr Cabot hat sie gelesen und alles geglaubt … und …« Ich schlug mir die Hand vor die Stirn. »SJ wollte nur Aufmerksamkeit von ihm. Hat damit aber alles nur noch schlimmer gemacht.«
    »Wer hätte gedacht, dass Sarah Janes Schimmer allen die ganze Zeit offen vor Augen lag?« Autry kaute wieder auf seiner Wange. »Sie weiß nicht mal, wie mächtig ihre Talente sind. Und wie viel Schaden sie damit anrichten kann.«
    Ich rückte unbehaglich auf meinem Sitz herum und wackelte mit dem Po, als mich irgendetwas unterhalb des Hosenbundes kratzte.
    Autrys Schuldschein.
    Zum ersten Mal, seit der Sheriff mich einkassiert hatte, dachte ich wieder an dieses Papier, das SJ im Archiv aufgestöbert hatte.
    »Sarah Jane hat das hier gefunden«, sagte ich, zog den Zettel aus der Hose und überreichte ihn meinem Onkel. »Sie wollte helfen, alles wieder in Ordnung zu bringen.«
    Autry nahm den Schein und starrte ihn an.
    »Bist du deswegen mit Sarah Jane in Nobles Firma eingebrochen, Ledge?«, fragte er. Er hielt den Schein zwischen uns und seine Stimme wurde wieder lauter. »Was hattet ihr denn damit vor?«
    »Ihn zerreißen?«, schlug ich vor. »Ihn vernichten, damit Mr Cabot dir die Ranch nicht wegnehmen kann?«
    Autry schluckte seine Worte dreimal herunter, bevor er antwortete. Und als er es schließlich tat, klang seine Stimme angespannt, aber kontrolliert – genauso kontrolliert, wie sein Schimmer es war. Ich konnte nirgends auch nur eine einzige Wespe oder Spinne entdecken.
    »Ich weiß, dass ihr nur helfen wolltet, Ledge. Aber bei jemandem einzubrechen und wichtige Unterlagen zu beseitigen, das ist nicht der richtige Weg.« Dann fügte er streng hinzu: »Ich sage es dir nur ungern, Ledge, aber man kann die Dinge nicht in Ordnung bringen, indem man einfach etwas

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