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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
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gehängt?«
    »Weil der König meine Fähigkeiten sehen sollte. Weil es alle sehen sollten«, antwortete Chessy lächelnd. »Die Idee habe ich sogar von deinem kleinen Schatz Gabriel abgekupfert.«
    »Halt den Mund!«, schnauzte April sie an. »Du bist es nicht wert, auch nur seinen Namen in den Mund zu nehmen.«
    Wieder hob Chessy drohend ihren Finger.
    »Soll ich dir ein Auge auskratzen? Zeig gefälligst etwas Respekt.«
    »Du hast die sterblichen Überreste meines Vaters gestohlen und erwartest Respekt von mir? Du bist einfach nur ekelhaft.«
    Chessy beugte sich vor, sodass der Mondschein die getrockneten Blutspuren an ihren Mundwinkeln erhellte. Lings Blut.
    »Ich habe die verfaulten Überreste deines Vaters nicht gestohlen«, fauchte Chessy. »Sie lagen ja nicht mehr drin. Ich hoffe, derjenige, der sie mitgenommen hat, benutzt seinen Schädel als Aschenbecher.«
    April hatte niemals einen größeren Wunsch verspürt, jemandem wehzutun. Doch nicht einmal die unbändige Wut der Furie, die in ihr aufstieg, war stark genug, als dass sie sich aus Chessys Griff befreien konnte. Also tat sie das Einzige, was ihr blieb – sie ließ den Kopf nach vorn schnellen und spuckte Chessy geradewegs ins Gesicht.
    »Du kleine …« Chessy hob die Hand und wischte den Speichel ab, dann lächelte sie. »Oh, ich werde ganz langsam vorgehen, damit es richtig schön wehtut.«
    »Das glaube ich allerdings nicht, Darling.«
    April sah auf und schnappte nach Luft.
    Davina hatte sich mit in die Hüften gestemmten Händen hinter Chessy aufgebaut.
    »Hau ab!«, zischte Chessy, ließ von April ab und wirbelte herum. April kroch weiter die Stufen hinauf, während die beiden Vampirinnen einander langsam umkreisten und abwechselnd ins silbrige Mondlicht eintauchten und wieder verschwanden. Dann blieb Davina abrupt stehen. Auf ihren Zügen zeichnete sich zuerst Verwirrung, dann Entzücken ab.
    »Oh Chessy, meine Liebe, was hat das böse Mädchen bloß mit dir angestellt?« Sie lachte.
    »Was? Sie hat überhaupt nichts getan«, schoss Chessy mit zusammengekniffenen Augen zurück. »Denk lieber über das nach, was ich gleich mit dir anstellen werde.«
    »Bist du sicher, dass du das schaffst?«, fragte Davina.
    Chessy schnaubte abfällig, doch April sah den Anflug des Zweifels auf ihrer Miene.
    »Nein, ganz im Ernst, Süße«, fuhr Davina fort. »Geht es dir gut? Du siehst nämlich gar nicht danach aus.«
    Als Chessy sich umdrehte und ins helle Mondlicht getaucht war, sah auch April, was Davina meinte. Plötzlich wurde ihr eiskalt. Ein Netz aus schwarzen Linien bedeckte Chessys Hals, wie dunkle Tentakel unter ihrer bleichen Haut.
    »Oh Gott«, stieß April hervor.
    »Was denn?«, schrie Chessy und umklammerte ihren Hals. »Was ist los?«
    Davina leckte ihren Finger ab und zeichnete eine imaginäre »1« in die Luft. »Gut gemacht, Furie. Noch ein Pluspunkt für dich.«
    April starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. »Du wusstest es die ganze Zeit?«
    Davina hob die Brauen. »Zumindest weiß ich es jetzt.«
    »Furie?«, stieß Chessy hervor, berührte die kleine Wunde an ihrer Lippe und betrachtete das Blut an ihrer Fingerspitze. April sah das Entsetzen auf ihren Zügen, als ihr dämmerte, was passiert war – das Blut aus Aprils Mund war durch die Schnittwunde in ihren Blutkreislauf eingedrungen und hatte sie mit dem Furien-Virus infiziert.
    »Aber die Furie ist doch ein Mythos!«, schrie sie. »Ein Märchen. Sie existiert nicht.«
    April hatte sich in die äußerste Ecke der Grabstätte zurückgezogen. Ihr Instinkt schrie, zu fliehen, um ihr Leben zu laufen, doch sie kauerte wie erstarrt auf dem Stein, den Blick auf die schwarzen Linien geheftet, die sich über Chessys Arme und bis zu ihren Händen hinab erstreckten. Mit ungläubiger Miene hob Chessy die Hände und betrachtete sie, dann stieß sie einen spitzen Verzweiflungsschrei aus. Endlich verstand April, was Gabriel gemeint hatte: Die Vampire hielten sich für unantastbar, für unsterblich. Sie verstanden nicht, dass auch sie eines Tages untergehen könnten, doch genau das geschah in diesem Moment vor ihren Augen. Chessy starb, während sich das Gift immer weiter in ihrem Blutkreislauf ausbreitete. Nicht so schnell und so spektakulär wie Benjamin, doch die Erkenntnis schien dasselbe Entsetzen in ihr auszulösen.
    »Hilf mir!«, schrie sie, fiel auf die Knie und streckte die Hände nach April aus. »Hilf mir. BITTE !«
    »Nein«, flüsterte April und schüttelte den Kopf. »Ich kann

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