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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
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würde, aber zumindest stünden wir durch diesen Schachzug unter seinem Schutz. Ich dachte, wenn wir in der Nähe deines Großvaters und … von Robert Sheldon sind, und herausfinden, was sie vorhaben, wüssten wir genauer, wie wir dich beschützen können.«
    Robert Sheldon . Endlich hatte Silvia dem riesigen Elefanten im Raum einen Namen gegeben. April spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Zwischen ihr und ihrer Mutter hatte sich eine unglaubliche Entwicklung vollzogen – es war fast, als hätte sich durch Thomas’ Tod diese gewaltige Kluft zwischen ihnen geschlossen –, und April hatte keinerlei Lust, die Stimmung zu vermiesen. Trotzdem musste sie es wissen.
    »Ich weiß, dass du Dad sehr geliebt hast, Mum, ehrlich. Aber wieso musstest du dich mit einem anderen Mann einlassen?«
    Silvia schloss die Augen und stieß den Atem aus.
    »Ich habe Will nie betrogen, April, sondern habe dir das nur erzählt, weil es dadurch für dich einfacher zu verstehen war. Und es war leichter, wenn du mich hasst. Aber nun, da du von uns, den Vampiren, weißt, kann ich dir endlich die Wahrheit erzählen.«
    Silvia erhob sich und verließ die Küche, während April zurückblieb. Ihr schwirrte der Kopf, und sie war hin und her gerissen zwischen Ungläubigkeit und endloser Erleichterung, dass ihre Mutter doch keine Affäre mit Robert Sheldon gehabt hatte. Aber vergiss nicht, April, sie ist ein Vampir , ermahnte sie sich. Vampire lügen. Sie würden alles sagen, um zu bekommen, was sie wollen . Aber weshalb hätte sie wollen sollen, dass April sie hasste? Inwiefern hätte das die Situation einfacher gemacht?
    Silvia kehrte mit einem Faltordner zurück, den sie öffnete und eine großformatige Fotografie herausnahm. Es war ein schwarzweißes Klassenfoto mit leicht vergilbten Rändern, wie man sie in den Schulfluren reihenweise hängen sieht. In diesem Fall zeigte es eine Universitätsabschlussklasse mit Studenten in langen, wehenden Umhängen und diesen lustigen kastenförmigen Hüten mit den Quasten. Darunter waren in einer winzigen Schrift die einzelnen Namen aufgeführt.
    »Erkennst du jemanden darauf?«, fragte Silvia. »Letzte Reihe, dritte von links.«
    »Das … das bist du«, rief April und suchte nach dem Namen. Die Gestalt auf dem Foto sah wie Silvia aus, allerdings war sie nicht genau zu erkennen, da sie den Kopf leicht gesenkt hielt, sodass ein Schatten über ihr Gesicht fiel. »Aber wie ist das möglich?«
    »Retusche«, antwortete Silvia. »So hat man Fotos bearbeitet, bevor es Photoshop und die digitale Nachbearbeitung gab. Wir haben uns einen netten Fotografen gesucht und ihm ein bisschen Geld in die Hand gedrückt, damit er die fehlenden Teile nachträglich einfügt. Mit Nahaufnahmen hat es allerdings nicht funktioniert. Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich dir das zeige. Sieh dir das Datum an.«
    Aprils Augen weiteten sich. Trinity College, Oxford, Abschlussklasse 1957.
    »Aber du warst doch erst in den Achtzigern auf der Uni.«
    »In den Fünfzigern, den Sechzigern, den Siebzigern und den Achtzigern«, erklärte Silvia. »Ich war quasi eine ewige Studentin. Wie du weißt, altern wir nur sehr langsam. Das ist die perfekte Fassade für einen Vampir. Alle paar Jahre als Erstsemester irgendwo anzufangen, wo einem alle glauben, dass man noch nie vorher eine Uni von innen gesehen hat.«
    Sie zog eine Broschüre mit einem feudalen Emblem und dem Namen einer anderen Universität auf der Vorderseite heraus, schlug eine Seite auf und hielt sie ihr hin. Stirnrunzelnd las April den Text: »Fakultät für Klassische und Antike Sprachen. Dozentin für Latein und Griechisch: Dr. Silvia Hamilton.«
    Mit aufgerissenen Augen sah April ihre Mutter an.
    »Doktor? Du hast an der Uni gearbeitet? Aber das verstehe ich nicht.«
    »Irgendwann war ich zu alt, um noch als Studentin durchzugehen, also musste ich mir eine andere Strategie überlegen – ich wurde Dozentin. Was nach all den Vorlesungen, die ich besucht hatte, und all meinen Abschlüssen kein allzu großes Problem war. Und da habe ich ihn kennengelernt.«
    Silvia zog das Foto ihres Vaters heraus, der in einer abgeschrappten Lederjacke neben einem Motorrad stand.
    »Ich fand immer, dass er in diesem Ding wie Marlon Brando aussieht«, sagte sie. »Aber bei Gott, was hat dieses Ding gestunken!«
    »Du warst seine Dozentin?«
    Silvia lächelte. »Ja. Und er war mein kleiner Lustknabe.«
    April schüttelte den Kopf. Das war eindeutig zu viel auf einmal. Sie runzelte die

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