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Der schlafende Gott

Der schlafende Gott

Titel: Der schlafende Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesco von Puttkamer
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fest, daß er sich nicht auf die Züge seines Gegners zu konzentrieren vermochte. Wieder quälte ihn die Unruhe, die sich mit dem Verantwortungsgefühl für das schlafende Superwesen verband. Sieben gutbewaffnete Expeditionen der Soroks waren im Laufe der Jahre hinausgegangen, um das gleiche Sonnensystem aufzusuchen, das jetzt auch das Ziel der TELLUS darstellte. Keine von ihnen war bis zum heutigen Tag zurückgekehrt.
    Es bestand die Möglichkeit, daß der Feind noch eine Geheimwaffe besaß, der die Expeditionen zum Opfer gefallen waren. Das bedeutete eine unbekannte Gefahr für die TELLUS und damit automatisch für den schlafenden Gott, der der Menschheit unter allen Umständen erhalten bleiben mußte.
    Während das Expeditionsschiff mit vielhundertfacher Lichtgeschwindigkeit durch den Raum raste, saß er hier im Kasino über einem Schachbrett und wälzte diese quälenden Gedanken. Halb abwesend tat er einen Zug, worauf Parkinson erstaunt aufblickte und ihn ansah.
    »Was denn, Match? Damit haben Sie sich Ihr Grab geschaufelt.«
    Er führte seine Dame vor und fügte hinzu: »Schach. Und … matt.«
    Matchett schob achselzuckend das Brett von sich. »Tut mir leid, Park. Es scheint, daß ich mich nicht auf das Spiel konzentrieren kann. Vielleicht habe ich in der letzten Zeit zu schlecht geschlafen.«
    Parkinson blickte ihn gedankenvoll an. »Wie wäre es mit ein wenig Bewegung? Wollen wir in den Turnsaal gehen?«
    Matchett nickte. Vielleicht kam der Schlaf, wenn er sich körperlich erschöpfte.
    In der Sporthalle angelangt, kleideten sie sich um und wählten zwei Übungsdegen aus. Während der nächsten Stunde widerhallte der Saal von dem metallischen Klingen der stählernen Waffen. Als die Männer von Kopf bis Fuß in Schweiß gebadet waren, ließen sie die Degen sinken, legten die Fechtkleidung ab und suchten die Duschräume auf.
    Als Matchett einige Zeit später in sein Schlafzimmer trat, fühlte er sich bedeutend besser. Er nahm einen steifen Drink zu sich und ging dann gleich ins Bett.
    Er schlief fast augenblicklich ein, aber dann kehrten die Alpträume zurück, die er bereits halbwegs erwartet hatte. Wieder und wieder sah er den Tank mit dem schlafenden Mutanten vor sich, und dann griff ein mattschillernder Energiestrahl aus dem schwarzen Raum nach Chester King und verwandelte ihn in ein Häufchen Asche. Das nächste Bild war ein unübersehbares Meer von menschlichen Gesichtern, die ihn vorwurfsvoll anblickten. Er stöhnte auf und wälzte sich in den Bettüchern umher. Sein Körper war schweißüberströmt.
    Doch plötzlich trat eine Änderung ein. Irgendwie schien es, als ob eine körperlose Hand auslangte und die Spinnweben der Alpträume zur Seite strich. Wie eine weiche Decke legte sich wohltuende Ruhe über Matchett. Er stellte es fest, und er dachte tief in seinem Innern, schlafend und doch gewahr: »Chet! Das danke ich dir!«
    Und als Stunden später das schrille Geheul der Alarmsirenen durch das Schiff gellten und er jäh aus tiefem Schlummer aufschreckte und mit einem riesigen Satz aus dem Bett sprang, hatte er das Erlebnis bereits wieder vergessen.
    Noch viele Minuten lang hielt das durchdringende Kreischen der Sirenen an, und als sie endlich verstummten, war er bereits angekleidet und raste, den kleinen, hinter dem linken Ohr implantierten Kommunikator eingeschaltet, unter höchster Geschwindigkeit durch die Korridore zu seiner Abteilung. Überall hasteten besorgt dreinblickende Männer und Frauen zu ihren Bereitschaftsstationen.
    Douglas Matchett erreichte seine eigene Abteilung und warf die Tür hinter sich ins Schloß. Als er den Schiffskommunikator einschaltete, sah er auf den ersten Blick, daß sich die TELLUS noch immer mitten im All befand. Dutzende von Lichtjahren vom nächsten Stern entfernt.
    Dann stellte Matchett fest, daß die TELLUS nicht mehr mit vielhundertfacher Lichtgeschwindigkeit durch den Raum schoß, sondern reglos am Ort zu verharren schien.
    Er stellte den Bildschirm auf den Piloten des Expeditionsschiffs ein und hielt im nächsten Augenblick überrascht den Atem an.
    Der hagere, hochaufgerichtete Mann im Thronsessel – es war nicht Corcoran – schien zum ersten Mal seit dem Start die für das Astronautenteam sprichwörtlich gewordene Ruhe verloren zu haben. Er hatte die Stirn gerunzelt, und seine Finger flogen erregt über die Steuerkontrollen in den breiten Armstützen. Wieder und wieder schob er den wuchtigen Antriebshebel vor, der die TELLUS mit millionenfacher

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