Der schlagende Beweis
das Sie Flynn ausgehändigt hätten, aber mir sind keine Einzelheiten bekannt.«
»Sind Sie mit der Insufort-Klage vertraut?«
»Nur ein bisschen. Ich hab Briggs wissen lassen, dass ich daran nicht mitarbeiten will.«
»Und warum?«
Kates toughes Gebaren brach f ür Sekunden auf. »Das Kind meiner Schwester ist mit Fehlbildungen zur Welt gekommen. Es war die Hölle für sie und ihren Mann, die Kleine aufzuziehen.«
Kate nahm einen Schluck Kaffee. Als sie aufsah, hatte sie sich wieder gefasst.
»Haben Sie was dagegen, wenn ich Ihnen ein bisschen Hintergrundinformationen zu dem Fall gebe?«, fragte Daniel. »Nur zu!«
»Insulin ist ein Eiweißhormon, das die Bauchspeicheldrüse produziert und das dem Körper hilft, Zucker in Glucose umzuwandeln. Während der Schwangerschaft wird die Wirksamkeit des Insulins beim Glucosestoffwechsel herabgesetzt, wodurch Schwangere Diabetes entwickeln können. Insulinresistenz während der Schwangerschaft muss behandelt werden, da hohe Blutzuckerwerte für den Fötus toxisch sind und zu Missbildungen führen können. Geller Pharmaceuticals hat gegen das Problem der Insulinresistenz in der Schwangerschaft die Substanz Thalglitazon entwickelt, die den Handelsnamen Insufort tr ägt. Insufort hebt die Insulinresistenz auf und verhindert Diabetes und seine Komplikationen.«
»Aber es gibt Probleme, nicht? Fehlbildungen?«, sagte Kate. »Und besteht nicht auch eine Verbindung zu dem Thalidominschock in den späten Fünfzigern?«
»Ja und nein. Ein Boulevardblatt hat Insufort als Nachfolger von Thalidomid bezeichnet, und da gibt es tatsächlich eine Verbindung. Ein Wirkstoff namens Troglitazon half schwangeren Frauen dabei, das Problem der Insulinresistenz zu lösen, aber er hat möglicherweise auch zu Leberversagen geführt. Gellers Wissenschaftler haben Glitazon mit dem Thalido-Ring des Thalidomids verbunden und ein unbedenkliches Produkt geschaffen, das gegen Schwangerschaftsdiabetes hilft.«
»Wieso bringen dann Frauen, die das Mittel genommen haben, Babys mit Fehlbildungen zur Welt?«
»Vermutlich ist es der Wunsch, eine logische Erklärung für etwas zu finden, das Zufall ist.«
Kate sah ihn absch ätzig an.
»Nein, wirklich.« Daniel ließ sich nicht von seinem Argument abbringen. »Viele der Frauen, die behaupten, Insufort habe die Fehlbildungen ihres Kindes verursacht, haben das Medikament wahrscheinlich nicht vorschriftsmäßig eingenommen. Vielleicht haben sie es nur ab und an oder zumindest nicht regelmäßig genommen oder überhaupt nur ein paarmal, und ihr Blutzucker ist in gefährlichem Maße angestiegen.«
»Wir geben also den Opfern die Schuld.«
»Hören Sie, Kate, die meisten Frauen bringen gesunde Babys zur Welt, aber einige bekommen Kinder, die Probleme haben.
Manchmal wissen wir, warum. Einige krampfl ösende Mittel verursachen Wolfsrachen. Babys älterer Mütter haben ein höheres Risiko, Infektionskrankheiten der Mutter können ebenfalls zu Komplikationen führen. Und dann gibt es noch den Alkohol-, Tabak- und Drogenkonsum. Aber bei den meisten Fehlbildungen bleibt die Ursache ein medizinisches Rätsel. Das Fatale ist, dass man in Amerika glaubt, es gebe für jedes Problem eine Erklärung.« Daniel lehnte sich vor und sah Kate an. »Wir können nicht akzeptieren, dass schlimme Dinge passieren. Du kriegst Krebs, also sind die Überlandleitungen schuld daran, du überfährst jemanden, also muss es an deinem Auto liegen. Schon mal von den Bendictin-Fällen gehört?«
Kate sch üttelte den Kopf.
» Morgendliche Übelkeit ist für viele Schwangere ein Problem. Bei den meisten ist es nur unangenehm, aber es kann auch tödlich sein. Sie wissen, wer Charlotte Bronte ist?«
»Die Autorin von Jane Eyre.«
Daniel nickte. Sie ist an Hyperemesis gravidarum, morgendlicher Übelkeit , gestorben. 1956 hat die Lebens- und Arzneimittelbehörde Bendictin zugelassen, ein vom Pharmahersteller Merrill entwickeltes Therapeutikum für schwere Fälle von morgendlicher Übelkeit . 1979 meldete der National Enquirer, Bendictin sei für Tausende Fälle von Fehlbildungen bei Neugeborenen verantwortlich. »Die sicherste Methode, um festzustellen, ob zwischen einem Medikament und einem Problem ein Kausalzusammenhang besteht, ist eine epidemiologische Untersuchung. Wenn eine Kontrollgruppe, die den Wirkstoff nicht eingenommen hat, genauso viele oder mehr Probleme aufweist wie die Gruppe, die damit behandelt wird, kann man den Schluss ziehen, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach
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