Der schlagende Beweis
keinen Zusammenhang zwischen dem Arzneimittel und dem Problem gibt. Alle epidemiologischen Untersuchungen zu Bendictin f ührten zu dem Ergebnis, dass es zwischen den beiden Gruppen keinen statistischen Unterschied in der Häufigkeit von Missbildungen gab - was aber einige Anwälte durchaus nicht daran hindern konnte, Frauen zu einer Klage gegen Merrill zu raten. Die Anwälte der Kläger müssen Anhaltspunkte für einen Kausalzusammenhang zwischen dem Medikament und den Behinderungen gehabt haben. Sie zogen Experten zu Rate, die sich nicht genierten, die Ergebnisse von Versuchsreihen zu manipulieren oder entsprechende Studien ohne angemessene Kontrollen oder gar mit falsch angegebenen Dosen durchzuführen. Die Kläger verloren fast jeden Prozess, da sie nicht nachweisen konnten, dass Bendictin für irgendwelche Fehlbildungen verantwortlich war. Merrill Pharmaceuticals kostete die Verteidigung jedoch in all diesen Verfahren hundert Millionen Dollar. Am Ende wurde wegen der fortgesetzten negativen Schlagzeilen das vollkommen unbedenkliche Produkt vom Markt genommen, und andere Pharmahersteller hatten Angst, ein Arzneimittel zu entwickeln, das Schwangeren gegen morgendliche Übelkeit half. 1990 berichtete das Journal of the American Medical Association, dass sich die Zahl der Frauen, die wegen schwerer Übelkeit und häufigen Erbrechens während der Schwangerschaft ins Krankenhaus eingewiesen wurden, seit Bendictin vom Markt verschwunden war, verdoppelt habe. Wer hatte also am Ende darunter zu leiden? Nur die Unschuldigen.«
»Haben alle Insufort-Studien die Unbedenklichkeit des Medikaments belegt?«, fragte Kate.
»Alle außer einer«, erwiderte Daniel zögernd.
Kate legte den Kopf schief und beobachtete Daniel scharf, w ährend sie schwieg und darauf wartete, dass er seine Ausführungen fortsetzte.
»Ich bin in Schwierigkeiten, weil ich bei der Durchsicht von einem Teil der Dokumente, die Geller an Aaron Flynn übergeben hat, einen Brief von Dr. Kaidanov übersehen habe. In dem Brief geht es um eine Versuchsreihe an Primaten mit Insufort.«
»Und?«
Der Anblick von Patrick Cummings blitzte Daniel durch den Kopf.
»Die Studie zeigte ein hohes Aufkommen von Fehlbildungen bei Rhesusaffen, denen das Mittel während der Trächtigkeit verabreicht worden war«, antwortete er ruhig. »Hat Geller Pharmaceuticals euch vor der Zeugenvernehmung etwas von der Studie gesagt?«
»Nein. Gellers leitender medizinischer Sachverständiger schwört, dass er noch nie davon gehört habe.«
»Verstehe.« Kate klang skeptisch.
»Der Kaidanov-Brief ergibt keinen Sinn, Kate. Der Prozentsatz an Missbildungen war sehr hoch, über vierzig Prozent. Das steht in so krassem Gegensatz zu sämtlichen anderen Untersuchungen, dass da irgendwas faul sein muss.«
»Vielleicht ist an Gellers anderen Studien etwas faul.«
»Nein, ich habe in keiner anderen Studie irgendeine Verbindung zwischen Insufort und Fehlbildungen entdecken können.«
»Vielleicht haben Sie keine entdecken können, weil Geller sie vertuscht. Erinnern Sie sich an die Asbestskandale? Die Asbestindustrie hat damals Studien unterschlagen, die erhöhte Krebsraten bei Tieren auswiesen. Erst im Zuge eines Gerichtsverfahrens kam ans Licht, dass ihnen das Problem bereits seit Jahrzehnten bekannt war. Die Bleifarbenindustrie rechtfertigte ihre Produkte noch, als Bleivergiftungen zu den h äufigsten Gesundheitsschäden bei Kindern unter sechs Jahren gehörten und obwohl die Gefahren von Bleivergiftung bereits seit 1897 wissenschaftlich dokumentiert waren. Von der Tabakindustrie ganz zu schweigen.«
»Verdammt, Kate, auf wessen Seite stehen Sie? Geller ist unser Klient.«
»Unser Klient ist in der Pharmaindustrie, um Kohle zu machen, und es würde mich nicht wundern, wenn Geller die Kaidanov-Studie vertuscht hätte, falls deren Ergebnisse so niederschmetternd sind, wie Sie sagen. Glauben Sie wirklich, Geller bringt Insufort auf den Markt, um Frauen zu helfen? Firmen, in deren Chefetagen Männer sitzen, stellen eine Menge fehlerhafte Produkte her, die Frauen einnehmen. Neben Thalidomid hat es DES gegeben, das synthetische Östrogen, das Fehlgeburten verhindern sollte und Vaginalkrebs verursachte -und nicht zu vergessen, das Dalkon-Diaphragma.«
»Die Klägeranwälte nutzen diese Sympathie für Frauen aus, um den Herstellern mit leichtfertig angestrengten Gerichtsverfahren das Geld aus der Tasche zu ziehen und für ihre Kanzleien Millionen zu scheffeln«, antwortete Daniel
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