Der schlaue Pate
mir so leid, Gabi, hatte er einer hübschen Blonden versichert, die völlig abgemagert war. Du bist nicht mehr schön. Es geht nun zu Ende. Aber es wird nicht wehtun. Ich mache es bei dir genauso sanft wie bei Evelyn. Sieh es dir an.
Miriam konnte die Augen nicht von dem Monitor abwenden. Gabi war darauf zu sehen, die ebenfalls den Monitor anstarrte. In grünlichen Bildern war auf dem Monitor im Monitor zu sehen, wie Evelyn schlief. Wie aus dem Nichts tauchte ein Mann auf, der kaum zu erkennen war. Er schlich auf Evelyn zu. Mit einem Seidentuch in der Hand.
Und erwürgte sie.
Bei deinem Beruf, Miriam, weißt du wahrscheinlich, dass man das »zärtliches Erdrosseln« nennt. Evelyn hat kaum etwas gespürt. Gabi auch nicht. Sieh es dir an. Sie hat es fast eine Woche geschafft, nicht einzuschlafen. Aber irgendwann, Miriam, schläft jede ein.
Auch du.
Wenn die Zeit kommt.
19.
»Professor Rind, Ingrid und ich«, sagte Andreas, »haben ihn heute aus dem Elisabeth-Krankenhaus geholt und nach Hause gebracht. Er scheint sich inzwischen gefasst zu haben. Aber er will jetzt eine Weile allein sein. Der Prozess steht vor der Tür.«
Herbert Viehmann nickte. »Nur zu verständlich.«
Sie waren wieder in dem Besprechungszimmer der Kanzlei Viehmann & Viehmann versammelt. Nur Ollie hockte in seiner Bastelbude auf dem Gut Holdorf vor den Monitoren und beobachtete Baginskis Haus, wo sich nichts tat, wie er Prinz über den Knopf im Ohr mitteilte.
Als Ewald Baginski klar wurde, was Ellen Kaisers Ermordung ausgelöst hatte, war er zusammengebrochen. Er hatte es nicht ganz bis über die Kloschüssel geschafft und den ganzen Whisky ausgekotzt.
»Ich war es. Ich war es«, hatte er immer wieder fassungslos gestöhnt. Und war in die Küche gerannt, um sich mit einem Messer die Pulsadern aufzuschneiden. Als Desirée ihn davon abhalten wollte, trat er ihr brutal in den Bauch. Es war nach Mitternacht. Zum Glück hatte Ollie einen Alarmknopf installiert, den Professor Rind längst gedrückt hatte, und Prinz kam gerade noch rechtzeitig.
Sie riefen einen Notarztwagen, der Baginski noch in der Nacht ins Elisabeth-Krankenhaus brachte. Eigentlich wäre die Psychiatrie des Klinikums angebracht gewesen, doch so schnell konnte der ebenfalls alarmierte Andreas den Beschluss der Richterin, der festlegte, wo Baginski sich aufhalten durfte, nicht abändern lassen. Sie stellten ihn im Krankenhaus ruhig, und am übernächsten Tag versicherte er, eine Verlegung in die Psychiatrie sei überflüssig, er werde nicht noch einmal versuchen, sich etwas anzutun. Ein paar Tage später war Rind davon überzeugt. Sie wollten ihn im Krankenhaus noch entgiften, nach elf Tagen wurde er entlassen.
In der zweiten Märzhälfte hörte der ewige Regen auf, die Sonne schien jeden Tag, endlich tauchten die ersten Blumen auf, in den Vorgärten hingen Ostereier von den Sträuchern. In Berlin wurde nach kurzer Amtszeit ein neuer Bundespräsident gewählt. Der Prozess gegen Ewald Baginski sollte in zwei Wochen beginnen.
»Wie ist denn die Aktenlage?«, fragte Herbert Viehmann seinen Sohn.
»Sie haben nur in eine Richtung ermittelt. Absolut vorhersehbare Zeugenliste. Sie ahnen überhaupt nichts von all dem, was wir inzwischen wissen.«
»Solltet ihr damit nicht zu der Richterin gehen? Vielleicht lässt sie die Anklage gar nicht erst zu.«
»Nein. Erstens will Baginski den Prozess. Er will öffentlich reingewaschen werden. Wenn die Richterin jetzt zurückzieht, denkt jeder, er war es, und die Justiz vertuscht alles. Zweitens würden wir alles offenlegen, womit wir die Anklage im Prozess fertigmachen können, sie könnte selbst einstellen oder sich darauf vorbereiten.«
Herbert Viehmann wiegte zweifelnd den Kopf. »Hat er denn inzwischen auch dir gegenüber eine Bestechung eingeräumt?«
»Als wir bei ihm waren, habe ich eine Weile allein mit ihm geredet.« Andreas schüttelte den Kopf. »Nein, keine Bestechung, es ist bisher kein Geld geflossen, und er hat auch noch nichts für sie getan. Wobei ihm nicht so recht klar war, wer sie denn überhaupt sind. Es war eine Erpressung.«
Prinz merkte auf. »Womit wurde er erpresst?«
»Mit Fotos. Auf denen er mit Frauen zu sehen ist. Eine davon war Ellen Kaiser. Aber es gab auch noch zwei andere.« Er wandte sich an Rind. »Sie hatten recht, Herr Professor, er hat Geheimnisse, von denen er bisher nichts erzählt hat. Wenn Ellen Kaiser ihn gerade mal wieder zurückgestoßen hat, war er im Internet in Kontaktbörsen
Weitere Kostenlose Bücher