Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten
hörte und sah er schlecht und konnte nur im Flüsterton sprechen,
was ihm in seiner jetzigen Lage übrigens gut zustatten kam!
Beim Anblick Ellis wollten ihr die beiden um den Hals fallen, doch sie hielten an sich, als
sie hinter ihr den Seemann sahen.
Obwohl sie ihn aus den Schilderungen der Krähe kannten, waren sie bei seinem Erscheinen
doch etwas verlegen.
Charlie sagte ihnen freundlich guten Tag. Der Scheuch erwiderte seinen Gruß mit einem
Kratzfuß, während der Holzfäller seinen Trichter lüftete und sich höflich verbeugte.
Kaggi-Karrs schwarze Äuglein leuchteten stolz. Ei, dachte sie, zeigt mir doch eine andere
Krähe, die einen solchen Auftrag so glänzend auszuführen gewußt hätte!
Nach den herzlichen Begrüßungsworten begann Elli von Din Gior und Faramant zu
sprechen.
„Was euch betrifft, so könntet ihr gleich jetzt durch den unterirdischen Gang fliehen. Aber
dann wäre es um Din Gior und Faramant geschehen!”
Da rief der Holzfäller:
„Wenn sie unsretwegen umkommen, wird mir das Herz in der Brust zerspringen …”
Dabei fing er bitterlich zu weinen an. Die Tränen rannen ihm über die Wangen, und seine
Kiefer rosteten sogleich ein. Verzweifelt schüttelte der eiserne Mann den Kopf, konnte
aber kein Wort hervorbringen. Zum Glück stak die Ölkanne in seinem Gürtel. Der Scheuch
zog sie heraus, um ihm die Kiefer zu schmieren, da er aber schlecht sah, troff das Öl in des
Holzfällers Ohr. Es dauerte eine geraume Weile, bis die Kiefer geölt
waren und der Holzfäller wieder sprechen konnte:
„Hör zu, Bruder Scheuch”, sagte er, „jetzt streng mal dein kluges Gehirn an und sag, was
wir weiter tun sollen.”
Der Scheuch aber flüsterte kummervoll:
„Mit meinem klugen Gehirn klappt etwas nicht. Die Feuchtigkeit im Karzer …”
Kaggi-Karr unterbrach ihn:
„Faramant und Din Gior sitzen in einem Keller des Hinterhofs. Ich kann mich erinnern,
daß vom Zimmer des Kochs ein Weg zu ihrem Fenster führt.”
„Das wäre ja großartig!” rief Charlie erfreut, hielt sich aber sogleich erschrocken den
Mund zu. „Ich habe etwas, womit sich die beiden befreien könnten. Es fragt sich nur, wie
das Ding zu ihnen kommt…”
Er kramte in seinem Rucksack und holte eine kleine Stahlsäge hervor.
„Damit kann man jedes Gitter durchsägen.”
„Ja, aber wie schaffen wir sie hin?” flüsterte der Scheuch. „Ach, wein mein Gehirn doch
nur wieder in Ordnung wäre … Mir kommt aber nichts in den Kopf, das ärgert mich zu
Tode, es ist schrecklich …”
Elli umarmte den Strohmann und streichelte ihm über das verwaschene Gesicht.
„Mein Lieber, sei nicht traurig, ich werde für dich denken!”
Qualvolles Schweigen trat ein. Um in das Schloß zu kommen und die Häftlinge wenigstens
durch das vergitterte Fenster zu sehen, mußte man den Turm verlassen. Vor der Tür
standen aber Holzköpfe Wache, und der zweite Ausgang mündete in der unterirdischen
Höhle, in der der Sechsfüßer hauste.
Wer würde es wagen, allein hinzugehen?
Die Lage schien ausweglos. Aber durften sie den braven Faramant und Din Gior ihrem
Schicksal überlassen?
„Ich will den beiden die Säge bringen”, rief Kaggi-Karr, „mich können weder Wände noch
Gitter aufhalten!”
Das war ein kluger Vorschlag. Kaggi-Karr konnte aber die Säge nicht im Schnabel halten,
weil sie zu schwer war. Sie versuchte es mehrmals, ließ sie aber immer wieder fallen.
Erneut begannen alle eifrig nachzudenken.
Plötzlich hob Elli den Zeigefinger und sagte:
„Ich hab’s!”, worauf alle freudig aufblickten. „Onkel Charlie, du brauchst mich nur an
einem Seil hinabzulassen.”
„Du bist wohl nicht bei Sinnen, Mädel?” brummte der Seemann. „Oder willst du, daß dich
die Wache schnappt?”
„Aber nein, Onkel”, entgegnete Elli. „Die Holzköpfe bewachen nur die Seite, wo die Tür
ist, um die andere kümmern sie sich nicht. Überzeuge dich doch selbst!”
„Aber warum mußt ausgerechnet du es wagen?” fragte er. „Kann es denn kein anderer von
uns tun?”
„Wer denn? Du vielleicht, oder der Scheuch, oder der Eiserne Holzfäller? Ihr kommt ja
nicht durch das Gitter!”
In Ellis Rucksack lag ein Kleid, das die gute Frau des Prem Kokus ihr geschenkt hatte und
das ihr wie angegossen paßte, denn sie war ja genau so groß wie die erwachsenen Frauen
im Wunderland. Außerdem war es nicht blau, sondern grün, denn Prem Kokus’ Frau
stammte aus dem Smaragdenland und hatte sich ihre Liebe zu allem Grünen bewahrt.
Elli zog sich
Weitere Kostenlose Bücher