Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten
diesem Befehl
veranlaßte ihn auch der Umstand, daß er einen Auf stand befürchtete und das Volk daher
entwaffnen wollte.
Die Zwinkerer besaßen keine Schwerter. Unter den abgelieferten Gegenständen fand Enkin
Fled aber zwei alte Dolche, die ihn durch den Glanz der Klingen und die kunstreich
geschnitzten Griffe entzückten. Der Statthalter bestellte die besten Schmiede des Landes zu
sich.
„Woher kommt das?” fragte er sie und zeigte auf die Dolche.
„Sie sind aus alten Zeiten, als noch in unserem Lande Kriege geführt wurden”, erwiderte
der Älteste der Schmiede.
„Könnt ihr solche Dolche machen?”
„Wir sind schon mit viel schwierigeren Arbeiten fertig geworden”, erwiderte der Meister.
„Wir haben unseren Herrscher, den Herrn Holzfäller, repariert, obwohl er einen sehr
komplizierten Mechanismus hat. Aber wozu braucht Ihr denn Dolche, Fleisch läßt sich ja
viel besser mit einem Küchenmesser schneiden?”
Enkin Fled duldete jedoch keinen Widerspruch.
„Mund halten!” schrie er und trampelte mit den Füßen, worüber die erschrockenen
Zwinkerer noch schneller mit den Lidern zwinkerten. „Ihr macht mir fünf, nein, zehn
solcher Dolche, und daß mir jeder ein anderes Schnitzmuster hat! Ich geb euch eine Woche
Frist. Wenn ihr’s bis dahin nicht schafft, sollt ihr mich kennenlernen!”
Die Schmiede legten alle anderen Arbeiten beiseite und brachten zum Termin die Dolche
ins Schloß. Fled hing sie an die Wand in der großen Schloßhalle auf einen Teppich und
ergötzte sich an dem Anblick. Dann sagte er sich aber, daß mehr Dolche das Bild noch viel
eindrucksvoller machen würden.
Von jenem Tag an gab er den Schmieden keine Ruhe. Sie durften nichts anderes tun, als
Dolche, Schwerter, Säbel und Degen herstellen …
Der Statthalter verbrachte ganze Tage in der Halle, wo er seine Waffensammlung ständig
neu ordnete …
Bald nahm er ein Schwert, bald einen Dolch in die Hand und begann, die kurzen Beine
gespreizt, in der Luft herumzufuchteln. Dabei stellte er sich vor, daß er mit einem Zauberer
oder einem schrecklichen Ungeheuer kämpfe.
In Wirklichkeit fürchtete er sich aber selbst vor einem Schaf, und nur unter dem Schutz der
grimmigen Holzköpfe fühlte er sich sicher.
Elli und ihre Gefährten zogen auf dem gleichen Weg nach Osten, der sie im vorigen Jahr
zu Bastinda geführt hatte. Jetzt sollten sie sich jedoch mit einem anderen Feind messen,
mit Enkin Fled und seinen Holzköpfen.
Ellis Befreiungsarmee bestand aus nur zwei Kämpfern: dem Eisernen Holzfäller und dem
Tapferen Löwen. Freilich wogen deren Mut und Kraft viele einfache Soldaten auf.
Die Schar überwand schnell das steinige Hochland, das zwischen dem Smaragdenland und
dem Land der Zwinkerer lag.
Freudig lauschte der Eiserne Holzfäller den Schlägen seines Herzens, während der
Scheuch Rechenexempel im Kopf löste, die Elli ihm aufgeben musste.
Schließlich kamen sie an den Ort, wo der Eiserne Holzfäller vor einigen Monaten bei der
Arbeit unterbrochen worden war, als er eine Straße zur Smaragdenstadt anlegte. An dieser
Stelle hatte Kaggi-Karr dem Holzfäller die Botschaft des Scheuchs überbracht, hier lag
auch noch der Hammer, den der eiserne Mann weggeworfen hatte, als er seinem Freund zu
Hilfe eilte. Niemand brauchte den Hammer, auch hätte ihn niemand außer dem Eisernen
Holzfäller aufheben können.
Jetzt ergriff er ihn wieder und schwang ihn in der Luft, daß es nur so pfiff.
Die Gefährten schauten dem Holzfäller bewundernd zu.
,,Dafür langt meine Kraft noch”, sagte der eiserne Mann schlicht.
„Die Holzköpfe sollen sich aber in acht nehmen?” rief drohend der Scheuch.
ULTIMATUM
Dort, wo die gute Straße zum Violetten Schloß begann, wollte die Schar vor dem Kampf
ausruhen. Kaggi-Karr schickte sich an, einen kleinen Spatzen, der im Gras Körner pickte,
auf Kundschaft auszusenden, überlegte sich’s aber, weil ihr die Aufgabe für einen Spatzen
zu verantwortlich schien.
„Ich fliege lieber selber hin”, sagte sie, „und schaue mal nach, wieviel Soldaten Urfin
hergeschickt hat.” Die Krähe lüftete bereits die Flügel, als Din Gior, den der Scheuch zum
Feldmarschall befördert hatte, ihr zu warten gebot.
„Wir müssen dem Feind eine Herausforderung schicken”, sagte er, seinen wallenden Bart
kämmend.
„Es ist besser, wenn wir ihn unerwartet überfallen”, entgegnete Kaggi-Karr.
„Überraschung entscheidet oft den Ausgang des Kampfes.”
„Was der Feldmarschall sagt, ist
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