Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur

Titel: Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samia Shariff
Vom Netzwerk:
verstehe, so bezahlt mein Vater dich dafür, dass du mich geheiratet und ihm unseren Sohn überlassen hast«, stellte ich gekränkt klar.
    »Genau! Manchmal bist du ja richtig intelligent!«
    »Wie lange werden sie dich denn bezahlen? Würdest du vielleicht nur noch die Hälfte bekommen, wenn ich sterbe?«
    »Sprich nicht vom Unglück! Das genau ist dein Pro blem! Du kannst es nicht ertragen, dass alles gut läuft! Mach nur so weiter, dann wirst du mich richtig kennenlernen!«, schrie er.
    Mit meiner Frage spielte ich auf seine ständigen Drohungen an, mich umzubringen. Wie oft verkündete er: »Ich werde dich töten und dann nach Algerien fliehen. Deinen Eltern werde ich sagen, dass ich es getan habe, um meine Ehre wiederherzustellen, weil du einen Liebhaber hattest.«
    Ich wusste, dass er dazu durchaus fähig war und dass man ihm obendrein auch noch Glauben schenken würde.Mein Leben war von Angst und Schrecken beherrscht – und von der Ohnmacht, nicht das Geringste daran ändern zu können.
    Seit ein paar Tagen fühlte ich mich sehr erschöpft und schlief ständig ein. Amina vermutete, dass ich womöglich erneut schwanger sei.
    »Du solltest einen Arzt aufsuchen, und ich erlaube mir, dir jetzt schon zu gratulieren!«, meinte sie fröhlich.
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll, Amina! Ich würde mich sehr freuen, wenn ich schwanger wäre. Und gleichzeitig habe ich große Angst davor, den gleichen Albtraum noch einmal zu durchleben.«
    »Ich wünsche dir ein Mädchen, nur für dich, damit du ihm all deine Liebe schenken kannst, auf die du verzichten musstest«, fügte sie weise hinzu.
    Von ganzem Herzen wünschte ich mir ein Mädchen – auch auf die Gefahr hin, dass mich das in den Augen meiner Familie noch weiter herabsetzen würde. Dieses eine Mal dachte ich an mich. Meine Tochter würde bei mir bleiben, denn niemand außer mir würde sich für sie interessieren. Ich schwor mir, dass sie niemals Ähnliches durchmachen sollte wie ich.
    Der Arzt bestätigte, dass ich in der vierten Woche schwanger war. Am Abend teilte ich meinem Ehemann die Neuigkeit mit.
    »Ich hoffe, es wird wieder ein Junge, denn mein Sohn fehlt mir allmählich doch. Eines ist sicher, diesmal behalte ich ihn, ganz gleich, wie viel Geld man mir bietet.«
    »Warum forderst du deinen Sohn nicht zurück, wenn er dir so sehr fehlt?«
    »Du hast mir nicht zu sagen, was ich zu tun oder zu lassen habe. Ich hatte zwei gute Gründe, auf diesen Handel einzugehen. Erstens habe ich eine beachtliche Summe erhalten. Einen Teil davon schicke ich meiner Mutter, den Rest verprassen wir. Zweitens bist du nicht reif genug, um ein Kind zu erziehen. Und schließlich kann ich so viele Jungen zeugen, wie ich möchte!«
    Er hatte nicht die geringste Vorstellung davon, was eine Schwangerschaft und eine Geburt bedeuteten!
    »Wer sagt dir denn, dass es ein Junge wird?«
    »Das weiß ich! Und du solltest auch hoffen, dass es kein Mädchen wird! Eine Versagerin wie du! Ich will nicht das Gleiche durchmachen, was dein Vater mit dir erlebt hat!«
    Ganz tief in meinem Innern fühlte ich, dass ich ein Mädchen bekommen würde. Je weiter meine Schwangerschaft voranschritt, desto mehr neigte ich dazu, Kleider für ein Mädchen zu kaufen. Doch ich versteckte sie, um nicht den Zorn meines Ehemannes zu erregen.
    Schließlich wollte er mich zum Ultraschall begleiten, um »seinen Sohn zu sehen« und sich zu vergewissern, dass es ihm gut ging.
    Als der Termin näher rückte, fürchtete ich, er würde seine Wut auch vor dem Arzt nicht im Zaume halten können, falls sich herausstellte, dass es ein Mädchen war. Er wirkte so aufgeregt wie ein Schüler, der auf das Ergebnis einer wichtigen Prüfung wartete.
    »Sie haben doch schon einen Jungen, nicht wahr?«, fragte der Arzt nach der Untersuchung und fügte lächelnd hinzu: »Diesmal wird es ein kleines Mädchen sein, genauso hübsch wie seine Mama!«
    Als Abdel diese Neuigkeit vernahm, verließ er wortlos den Raum.
    »Ihr Mann scheint nicht gerade erfreut über dieses Ergebnis!«
    Aber ich freute mich, auch wenn ich wusste, dass ich zu Hause dafür büßen musste.
    Mein Ehemann hatte das Krankenhaus verlassen, ohne auf mich zu warten. Das verhieß nichts Gutes. Ich rief meineMutter an, schilderte ihr die Situation und sagte, dass ich Angst hatte. Doch sie hörte mir gar nicht richtig zu! Meine Geschichten waren ihr lästig, ich langweilte sie, denn ihrer Meinung nach neigte ich stets dazu, Probleme aufzubauschen.
    »Geh nach Hause, und

Weitere Kostenlose Bücher