Der Schlüssel zu Rebecca
Wohin würde er danach fahren? Vielleicht würde er Vandam zu seinem Unterschlupf führen.
Vandam dachte: Wenn ich bloß die Pistole hätte.
Der Mann mußte irgendwo wohnen, in irgendeinem Gebäude der Stadt ein Bett haben. Vandam war sicher, daß Wolff beabsichtigte, Elene zu verführen. Wolff war sehr geduldig und zuvorkommend gewesen, doch Vandam wußte, daß er in Wirklichkeit ein Mann war, der gern rasch ans Ziel kam. Eine Verführung könnte die geringste der Gefahren sein, die Elene drohten. Vandam dachte: Was würde ich für ein Telefon geben!
Sie erreichten die Außenbezirke der Stadt, und Vandam mußte dichter hinter dem Wagen herfahren, aber zum Glück herrschte immer noch lebhafter Verkehr. Er überlegte, ob er anhalten und einem Polizisten eine Botschaft geben sollte, doch Wolff fuhr zu schnell. Außerdem, was sollte die Botschaft enthalten? Vandam wußte immer noch nicht, wohin Wolff steuerte.
Er begann, die Antwort zu ahnen, als sie die Brücke nach Samalek überquerten. Hier hatte Sonja, die Tänzerin, ihr Hausboot. Aber Wolff konnte unmöglich dort wohnen, denn das Boot wurde seit Tagen überwacht. Vielleicht wollte er Elene nicht zu seinem eigentlichenUnterschlupf bringen und hatte sich das Hausboot ausgeliehen.
Wolff parkte den Wagen und stieg aus. Vandam lehnte sein Motorrad gegen eine Mauer und sicherte es hastig mit einer Kette.
Er folgte Wolff und Elene zum Treidelpfad. Hinter einem Busch versteckt, sah er, wie sie eine kurze Strecke zurücklegten. Was mochte Elene denken? Hatte sie damit gerechnet, schon früher gerettet zu werden? Vertraute sie darauf, daß Vandam sie immer noch beobachtete? Würde sie jetzt die Hoffnung verlieren?
Sie blieben neben einem der Boote stehen – Vandam merkte sich genau, neben welchem –, und Wolff half Elene auf den Steg. War Wolff nicht darauf gefaßt, daß das Hausboot überwacht werden könnte? Offenbar nicht. Wolff stieg nach Elene an Deck und öffnete eine Luke. Die beiden verschwanden nach unten.
Was nun? Dies war bestimmt die beste Gelegenheit, Hilfe zu holen. Wolff würde wahrscheinlich einige Zeit auf dem Boot verbringen. Aber wenn etwas schiefging, während Vandam zum Telefon rannte: Elene könnte darauf bestehen, nach Hause gebracht zu werden, Wolff könnte seine Pläne ändern oder beschließen, einen Nachtclub zu besuchen.
Der Halunke könnte mir immer noch entwischen, dachte Vandam.
Irgendwo in der Nähe mußte ein Polizist sein.
»He!« zischte er. »Ist irgend jemand hier? Polizei? Ich bin Major Vandam. He, wo sind ...«
Eine dunkle Gestalt kam hinter einem Baum hervor. Eine arabische Stimme sagte: » Ja?«
»Hallo. Ich bin Major Vandam. Sind Sie der Polizist, der das Hausboot beobachtet?«
»Jawohl, Sir.«
»Schön, hören Sie zu. Der Mann, den wir suchen, ist jetzt auf dem Boot. Haben Sie eine Pistole?«
»Nein, Sir.«
»Verflucht.« Vandam überlegte, ob er und der Araber das Boot allein stürmen sollten, entschied sich aber dagegen. Der Araber würde wenig Lust zu einem Kampf zeigen, und in dem begrenzten Raum konnte Wolffs Messer verheerende Wirkung haben. »Ich möchte, daß Sie zum nächsten Telefon gehen, das Große Hauptquartier anrufen und Captain Jakes oder Oberstleutnant Bogge eine ganz dringende Nachricht übermitteln: Sie sollen möglichst viele Leute mitbringen und das Hausboot sofort stürmen. Ist das klar?«
»Captain Jakes oder Oberstleutnant Bogge, Großes Hauptquartier. Sie sollen das Hausboot sofort stürmen. Jawohl, Sir.«
»In Ordnung. Beeilen Sie sich!«
Der Araber trottete davon.
Vandam fand eine Stelle, an der er sich verstecken konnte, ohne das Hausboot und den Treidelpfad aus den Augen zu verlieren. Ein paar Minuten später kam eine Frau den Pfad entlang. Vandam glaubte, ihr schon einmal begegnet zu sein. Sie kletterte auf das Hausboot, und er sah, daß es Sonja war. Zumindest konnte Wolff Elene nicht belästigen, wenn noch eine andere Frau auf dem Boot war. Vandam war erleichtert. Er richtete sich darauf ein, längere Zeit zu warten.
22
D ER ARABER MACHTE sich Sorgen. »Gehen Sie zum nächsten Telefon«, hatte der Engländer gesagt. Es gab Telefone in manchen der nahe gelegenen Häuser, aber in solchen Häusern wohnten Europäer, die nicht erfreut sein würden, wenn ein Ägypter, ob er Polizist war odernicht, um 23.00 Uhr an ihre Tür donnerte und verlangte, ihr Telefon zu benutzen. Sie würden sich mit Sicherheit – unter Beschimpfungen und Flüchen – weigern. Es würde ein demütigendes
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