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Der Schlüssel zu Rebecca

Der Schlüssel zu Rebecca

Titel: Der Schlüssel zu Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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folgt dem Vorbild seines Vaters.
    Neben den Schienen ist ein Kanal. Ein Hain mit Dattelpalmen. Ein Mann, die Galabiya über seine lange weiße Unterhose gerafft, hockt auf einem Feld. Ein Esel grast, so viel kräftiger als die elenden Tiere, die in der Stadt Karren ziehen. Drei Frauen sitzen neben dem Kanal und waschen; sie klatschen die Kleidung auf Steine. Ein Mann zu Pferde, er galoppiert; es muß der hiesige Effendi sein, nur die reichsten Bauern haben Pferde. In der Ferne geht das üppige grüne Land plötzlich in eine Kette staubiger Hügel über. Ägypten ist eigentlich nur dreißig Meilen breit: Der Rest ist Wüste. Was soll ich tun? Mich fröstelt, wenn ich Wolff ansehe. Wie er Billy anstarrt. Das Glitzern in seinen Augen. Seine Unruhe: wie er aus dem Fenster schaut, das Abteil mustert, dann mich, wieder Billy – immer mit diesem Ausdruck von Triumph.
    Ich sollte Billy trösten. Wenn ich nur mehr über ihn wüßte. Ich möchte den Arm um ihn legen, ihn rasch an mich drücken, aber ich bin nicht sicher, ob er es will. Er könnte sich noch schlechter fühlen.
    Vielleicht könnte ich ihn durch ein Spiel ablenken. Er blickt mich neugierig an. Was für ein Spiel? Schiffe versenken. Hier ist sein Schulranzen. Ein Schreibheft. Wie er mich mustert, während er den Bleistift nimmt. Er scheint auf diese Idee einzugehen, um mich zu trösten!
    Wolff hat noch ein Funkgerät in Assiut. Vielleicht sollte ich bei ihm bleiben und ihn hindern, es zu benutzen. Doch das klappt bestimmt nicht! Ich muß mit Billy verschwinden und Vandam benachrichtigen, wo ich bin. Ich hoffe, daß er den Atlas gesehen hat. Vielleicht hat der Diener ihn bemerkt und das Große Hauptquartier angerufen. Vielleicht kehrt Vandam heute nicht nach Hause zurück. Ich muß Billy wegschaffen. Billy macht ein Kreuzin die Mitte des Spielfeldes. Ich zeichne einen Kreis und kritzele hastig: Wir müssen entkommen. Sei bereit. Billy macht noch ein Kreuz und schreibt: Okay. Mein Kreis, Billys Kreuz und wann? Mein Kreis und Nächste Station. Billys drittes Kreuz vervollständigt eine Reihe. Er hat gewonnen und lächelt mich frohlockend an. Der Zug wird langsamer.
     
    *
     
    Vandam wußte, daß der Zug immer noch vor ihm war. Er hatte am Bahnhof von Gise, dicht an den Pyramiden, angehalten und sich erkundigt, wann der Zug durchgekommen sei. Dann hatte er an den drei nächsten Stationen die gleiche Frage gestellt. Jetzt, nachdem er eine Stunde unterwegs war, brauchte er sich nicht mehr zu erkundigen, denn die Straße und das Gleis verliefen parallel zu beiden Seiten eines Kanals.
    Er würde den Zug sehen, wenn er ihn einholte.
    Bei jedem Halt hatte er einen Schluck Wasser getrunken. Durch seine Uniformmütze, die Motorradbrille und den um Mund und Hals gewickelten Schal war er vor dem schlimmsten Staub geschützt. Aber die Sonne war schrecklich heiß, und er hatte dauernd Durst. Schließlich merkte er, daß er leichtes Fieber hatte. Gestern nacht, als er stundenlang neben dem Fluß auf dem Boden gelegen hatte, mußte er sich erkältet haben. Sein Atem brannte in der Kehle, und seine Rückenmuskeln schmerzten.
    Er mußte sich auf die Straße konzentrieren. Es war die einzige, die durch ganz Ägypten, von Kairo nach Assuan, führte. Der größte Teil war gepflastert, und in den letzten Monaten hatte die Armee einige Reparaturen durchgeführt, aber er mußte trotzdem auf Unebenheiten und Schlaglöcher achten. Zum Glück war die Straße schnurgerade, so daß er schon von weitem die Rinder, Wagen, Kamelzüge und Schafherden erkennen konnte. Vandamfuhr sehr schnell, außer in Dörfern und Städten. Er wollte kein Kind töten, um ein anderes zu retten.
    Bis jetzt hatte er erst zwei Autos überholt, einen Rolls-Royce und einen zerbeulten Ford. Der Rolls war von einem uniformierten Chauffeur gefahren worden, und der alte Ford hatte wenigstens ein Dutzend Araber befördert. Inzwischen war Vandam ziemlich sicher, daß Wolff den Zug benutzte. Plötzlich hörte er ein Pfeifen in der Ferne. Zu seiner Linken sah er, wenigstens eine Meile vor sich, eine weiße Rauchfahne, die nur von einer Dampflokomotive stammen konnte. Er erhöhte das Tempo.
    Merkwürdigerweise ließ der Rauch ihn an England denken, an sanfte Hügel, endlose grüne Felder und einen quadratischen Kirchturm, der über die mächtigen Kronen der Eichen lugte; an Eisenbahnschienen durch das Tal und an eine schnaufende Lokomotive, die am Horizont verschwand. Einen Moment lang war er in diesem englischen Tal und

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