Der Schlüssel zu Rebecca
rhythmisch auf und ab. Als der Lichtkegel ihn traf, blickt er über die Schulterzurück, und Vandam sah flüchtig eine Hakennase, ein kräftiges Kinn und einen Schnurrbart über dem keuchenden Mund.
Er hätte den Flüchtling mühelos erschießen können, aber Offiziere des Großen Hauptquartiers trugen keine Waffen.
Das Motorrad holte rasch auf. Als sie fast auf gleicher Höhe waren, bog Wolff plötzlich um eine Ecke. Vandam bremste, und sein Hinterrad rutschte zur Seite; er hatte Mühe, mit der Maschine die Balance zu halten.
Er sah, wie Wolffs Rücken in einer schmalen Gasse verschwand. Ohne das Tempo zu vermindern, bog Vandam um die Ecke. Das Motorrad raste ins Leere. Vandam drehte sich der Magen um. Er glaubte, in eine Grube zu stürzen. Plötzlich erhellte der Scheinwerfer eine Treppe. Das Motorrad schnellte hoch und landete wieder. Vandam bemühte sich verzweifelt, das Vorderrad gerade zu halten. Die Maschine holperte die Stufen mit einer Serie von Stößen hinunter, und bei jedem Stoß war Vandam sicher, die Kontrolle zu verlieren und zu stürzen. Er entdeckte Wolff am Fuß der Treppe.
Vandam ließ die letzte Stufe hinter sich und hatte das Gefühl, unglaubliches Glück gehabt zu haben. Wolff bog um eine andere Ecke, und er folgte ihm. Sie waren in einem Labyrinth von Gassen. Wolff hetzt eine kurze Treppe hinauf.
Verdammt, dachte Vandam.
Er hatte keine Wahl, also beschleunigte er und hielt direkt auf die Stufen zu. Eine Sekunde bevor er die unterste Stufe erreichte, riß er den Lenker mit aller Kraft hoch. Das Vorderrad hüpfte, die Maschine schlug gegen die Stufen und bäumte sich auf, aber er klammerte sich mit aller Kraft fest. Das Motorrad holperte mit wahnsinniger Geschwindigkeit nach oben. Vandam blieb im Sattel und erreichte die oberste Stufe. Er fand sich in einerlangen Passage mit hohen Wänden wieder. Wolff war vor ihm und rannte noch immer. Vandam glaubte, ihn einholen zu können, bevor er das Ende der Passage erreichte. Er schoß nach vorn.
Wolff warf einen Blick über die Schulter, lief weiter und sah sich noch einmal um. Vandam merkte, daß er langsamer wurde. Seine Schritte waren nicht mehr stetig und rhythmisch, seine Arme schaukelten, seine Bewegungen wirkten mühsam. Vandam sah an Wolffs Gesicht, wie es vor Anstrengung verzerrt war.
Noch einmal gab Wolff sich einen Ruck, doch es reichte nicht. Vandam holte ihn ein, schob sich vor, bremste scharf und riß den Lenker herum. Das Hinterrad schleuderte, und das Vorderrad krachte gegen die Wand. Vandam sprang aus dem Sattel, bevor die Maschine umstürzte. Er landete auf den Füßen, direkt vor Wolff. Der wußte, daß es sinnlos war weiterzulaufen, denn Vandam war frisch und konnte ihn leicht einholen. Also sprang Wolff über die Maschine und prallte auf Vandam. Dieser, immer noch unsicher auf den Beinen, stolperte zurück und fiel zu Boden. Wolff trippelte und machte einen weiteren Schritt nach vorn. Vandam griff blindlings ins Dunkel, packte Wolffs Ferse und riß sie heftig zurück. Wolff krachte zu Boden.
Der zerbrochene Scheinwerfer tauchte den letzten Teil der Gasse in ein schwaches Licht. Der Motor war abgewürgt, und in der Stille hörte Vandam Wolffs heiseren, abgerissenen Atem. Er konnte sein Gegenüber auch riechen, den Alkohol und den Schweiß, aber das Gesicht konnte er nicht erkennen.
Für den Bruchteil einer Sekunde lagen beide auf dem Pflaster, der eine erschöpft, der andere benommen. Dann rappelten sie sich auf. Vandam warf sich auf Wolff, und sie umklammerten sich.
Wolff war stark. Vandam versuchte, seine Arme festzuhalten, aber es gelang ihm nicht. Plötzlich ließ er losund schlug zu. Seine Faust landete an einer weichen Stelle, und Wolff keuchte auf. Vandam schlug wieder zu und zielte diesmal auf das Gesicht. Wolff wich aus, und die Faust traf ins Leere. Da glänzte in dem trüben Licht etwas auf.
Vandam dachte: ein Messer! Die Klinge schnellte blitzend auf seine Kehle zu. Er zuckte reflexartig zurück. Ein brennender Schmerz überzog seine Wange. Seine Hand fuhr hoch, und er fühlte klebriges, warmes Blut. Plötzlich wurde der Schmerz unerträglich. Er preßte die Finger auf die Wunde und spürte etwas Hartes. Ihm wurde klar, daß er seine eigenen Zähne berührte: Das Messer hatte seine Wange durchschnitten. Dann sackte er zusammen, hörte noch, wie Wolff davonlief, und alles wurde schwarz.
13
W OLFF ZOG SEIN Taschentuch und wischte das Blut von der Klinge. Er musterte das Messer in dem trüben Licht und wischte
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