Der Schlüssel zu Rebecca
fordert mich auf hierzubleiben. Warum? Weil ich in Schwierigkeiten bin; weil ich sein Freund bin; weil ich ihn überlistet habe.
Weil ich ihn überlistet habe. Die Geschichte war noch nicht beendet. Abdullah wollte die Kette durch einen weiteren Betrug verlängern. Wie? Indem er Wolff an die Briten verriet. Das war es. Sobald Wolff eingeschlafen war, würde Abdullah Major Vandam benachrichtigen. Die Briten würden Wolff verhaften, dem Dieb die Information bezahlen, und die Geschichte würde Abdullah endlich Ehre machen.
Verdammt. Eine der Frauen brachte ein weißeseuropäisches Hemd. Wolff stand auf und zog sein eigenes zerrissenes und blutiges Hemd aus. Die Frau wandte die Augen von seiner nackten Brust ab.
»Er braucht es noch nicht«, sagte Abdullah. »Gib es ihm morgen früh.«
Wolff nahm der Frau das Hemd ab und schlüpfte hinein.
»Vielleicht wäre es unter deiner Würde, im Haus eines Arabers zu schlafen, mein Freund Achmed?«
»Die Briten haben ein Sprichwort: Wer mit dem Teufel ißt, muß einen langen Löffel benutzen.«
Abdullah grinste und entblößte seinen Metallzahn. Er wußte, daß Wolff seinen Plan erraten hatte. »Fast ein Araber.«
»Auf Wiedersehen, meine Freunde«, sagte Wolff.
»Bis zum nächstenmal«, antwortete Abdullah.
Wolff ging hinaus. Die Nacht war kalt und er fragte sich, wohin er noch gehen könne.
*
Im Lazarett vereiste eine Krankenschwester Vandams Gesicht mit einem Betäubungsmittel, dann nähte Dr. Abuthnot seine Wange mit ihren langen gefühlvollen Fingern. Sie legte einen Schutzverband an und befestigte ihn mit einer langen Bandage, die sie ihm um den Kopf legte.
»Ich muß aussehen wie die Karikatur eines Mannes mit Zahnschmerzen«, sagte er.
Dr. Abuthnot verzog keine Miene. Sie hatte wenig Humor. »Sie werden nicht mehr so fröhlich sein, wenn die Betäubung nachläßt. Ihr Gesicht wird sehr weh tun. Ich werde Ihnen eine Schmerztablette geben.«
»Nein, danke.«
»Spielen Sie nicht den Helden, Major. Sie werden es bedauern.« Er betrachtete sie in ihrem weißen Kittel undden flachen Schuhen und rätselte, wie er sie auch nur ein wenig begehrenswert hatte finden können. Sie war recht angenehm, sogar hübsch, doch gleichzeitig kalt, überlegen und antiseptisch. Nicht ...
Nicht wie Elene.
»Eine Schmerztablette würde mich einschlafen lassen«, sagte er.
»Um so besser. Wenn Sie schlafen, können wir sicher sein, daß die Verletzungen ein paar Stunden lang ungestört heilen.«
»Ich würde gern schlafen, aber ich habe eine wichtige Aufgabe, die sich nicht verschieben läßt.«
»Sie können nicht arbeiten. Eigentlich sollten Sie sich nicht bewegen und so wenig sprechen wie möglich. Der Blutverlust hat Sie geschwächt, und eine Wunde wie diese zieht meistens ein Trauma nach sich. In ein paar Stunden werden Sie die Wirkung spüren. Sie werden schwindelig, erschöpft und verwirrt sein und unter Brechreiz leiden.«
»Mir wird’s noch schlechter gehen, wenn die Deutschen Kairo erobern«, murmelte Vandam und erhob sich.
Dr. Abuthnot schien verärgert. Doch sie war sich nicht sicher, wie sie offenem Ungehorsam begegnen sollte. »Sie sind albern.«
»Schon möglich. Kann ich essen?«
»Nein. Nehmen Sie Traubenzucker zu sich, in warmem Wasser aufgelöst.«
Vielleicht versuche ich es mit warmem Gin, dachte Vandam. Er schüttelte ihr die Hand. Sie war kalt und trocken.
Jakes wartete vor dem Lazarett mit einem Wagen. »Ich wußte, daß man Sie nicht lange festhalten könnte, Sir. Soll ich Sie nach Hause fahren?«
»Nein.« Vandams Armbanduhr war stehengeblieben. »Wie spät ist es?«
»Fünf nach zwei.«
»Ich nehme an, daß Wolff nicht allein gegessen hat.«
»Nein, Sir. Seine Begleiterin wurde festgenommen und ist im Großen Hauptquartier.«
»Fahren Sie mich dorthin.«
»Wenn Sie sicher sind ...«
»Ja.«
Der Wagen setzte sich in Bewegung. Vandam fragte: »Haben Sie unsere Vorgesetzten verständigt?«
»Über die Ereignisse dieses Abends? Nein, Sir.«
»Gut. Morgen ist es noch früh genug.« Vandam sprach nicht aus, was sie beide wußten: daß ihre Abteilung, die schon in Ungnade gefallen war, weil sie Wolffs Arbeit zugelassen hatte, sich nun, da er ihr entschlüpft war, vollends mit Schande bedeckt hatte.
»Wer war Wolffs Begleiterin?« erkundigte sich Vandam.
»Etwas ganz Besonderes. Sie heißt Sonja.«
»Die Tänzerin?«
»Keine geringere.«
Sie fuhren schweigend weiter. Wolff mußte ein kaltblütiger Bursche sein, wenn er mit der
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