Der Schlüssel zu Rebecca
unauffälligen Wagen an der anderen Straßenseite, warteten zwei Militärpolizisten in Zivil; sie hatten ihre Pistolen in die Jackentaschen gesteckt. Die Falle war vorbereitet, nur der Köder fehlte noch. Elene mußte in jeder Sekunde eintreffen.
Billy war am Morgen beim Frühstück über den Verband erschrocken gewesen. Vandam hatte den Jungen zum Schweigen ermahnt und ihm dann die Wahrheit erzählt. »Ich habe mit einem deutschen Spion gekämpft. Er hatte ein Messer und ist entkommen, aber ich glaube, daß ich ihn heute abend fangen kann.«
Es war gegen die Sicherheitsbestimmungen, doch der Junge mußte schließlich wissen, wieso sein Vater verletzt war. Nachdem er die Geschichte gehört hatte, war Billynicht mehr beunruhigt, sondern fasziniert gewesen. Gaafar hatte sich vor Ehrfurcht nur ganz leise bewegt und im Flüsterton gesprochen, als habe es in der Familie einen Todesfall gegeben.
Vandams impulsive Offenheit, die er am Vortag Jakes gegenüber gezeigt hatte, schien keine Spur hinterlassen zu haben. Sie waren wieder zu ihrer förmlichen Beziehung zurückgekehrt: Jakes nahm Befehle entgegen, nannte ihn »Sir« und äußerte keine Meinung, ohne gefragt worden zu sein. Vielleicht ist es so am besten, dachte Vandam. Sie waren ein gutes Team, und es war besser, nichts zu verändern.
Er blickte auf seine Armbanduhr. Es war 19.30 Uhr. Er zündete sich eine neue Zigarette an. Bald würde Alex Wolff eintreten. Vandam war sicher, daß er ihn erkennen würde: ein hochgewachsener, hakennasiger Europäer mit braunem Haar und braunen Augen, ein kräftiger, gesunder Mann. Aber Vandam würde nichts unternehmen, bis Elene hereinkam und sich zu Wolff setzte. Dann würden er und Jakes an seinen Tisch treten. Wenn Wolff zu flüchten versuchte, würden die beiden Sergeants die Tür blockieren, und für den unwahrscheinlichen Fall, daß er an den beiden vorbeikam, würden Militärpolizisten auf der Straße das Feuer eröffnen.
19.35 Uhr. Vandam freute sich darauf, Wolff zu verhören. Er würde ihn schon zu einem Geständnis zwingen, denn alle Vorteile waren auf seiner Seite. Er würde Wolff abtasten, seine schwachen Stellen finden und dann Druck ausüben, bis der Gefangene keinen Widerstand mehr leistete.
19.39 Uhr. Wolff hatte sich verspätet. Natürlich war es denkbar, daß er überhaupt nicht erschien. Das hätte noch gefehlt. Vandam lief ein Schauder über den Rücken, wenn er sich überlegte, wie hochmütig er zu Bogge gesagt hatte: »Ich rechne damit, ihn morgen abendfestzunehmen.« Vandams Abteilung hatte im Moment einen sehr schlechten Ruf, und nur Wolffs sofortige Festnahme konnte ihr wieder zu Ansehen verhelfen. Wenn aber Wolff nach dem Schock von gestern abend beschlossen hatte, sein Versteck für eine Weile nicht zu verlassen? Vandam hatte das Gefühl, daß es nicht Wolffs Stil entsprach, sich dauernd zu verstecken. Er hoffte es jedenfalls.
Um 19.40 Uhr öffnete sich die Tür des Restaurants, und Elene trat ein. Vandam hörte, wie Jakes leise vor sich hin pfiff. Sie sah in ihrem cremefarbenen Seidenkleid phantastisch aus. Der einfache Schnitt unterstrich ihre schlanke Gestalt, die Farbe und der Stoff schmeichelten ihrer glatten braunen Haut. Vandam hatte plötzlich das Bedürfnis, sie zu streicheln.
Sie blickte sich im Restaurant um, entdeckte Wolff aber nicht. Ihre Augen trafen die Vandams und glitten ohne Zögern weiter. Der Oberkellner ging auf sie zu, und sie sprach mit ihm. Er gab ihr einen Tisch für zwei Personen nicht weit von der Tür.
Vandam schaute zu einem der Sergeants hinüber und senkte den Kopf in Elenes Richtung. Der Sergeant antwortete mit einem leichten Nicken und sah auf die Uhr.
Wo war Wolff?
Vandam steckte sich eine Zigarette an und begann, sich Sorgen zu machen. Wolff als Gentleman hätte etwas früher und Elene etwas später eintreffen müssen. Dann wäre Wolff in dem Moment, in dem sie Platz nahm, verhaftet worden. Es klappt nicht, dachte er, verflucht, es klappt nicht.
Ein Kellner brachte Elene etwas zu trinken. Es war 19.45 Uhr. Sie blickte zu Vandam herüber und hob ihre schlanken Schultern fast unmerklich.
Die Tür wurde geöffnet. Vandam erstarrte, wurde aber enttäuscht: Es war nur ein kleiner Junge. Er reichte einem Kellner ein Stück Papier und ging wieder hinaus.
Vandam beschloß, noch einen Drink zu bestellen. Er sah, wie der Kellner an Elenes Tisch trat und ihr den Zettel gab.
Was hatte das zu bedeuten? Entschuldigte sich Wolff etwa, weil er die Verabredung nicht
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