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Der Schlüssel zu Rebecca

Der Schlüssel zu Rebecca

Titel: Der Schlüssel zu Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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las den Brief. Er war kurz. »Meine liebe Elene, bitte treffen Sie sich am nächsten Donnerstag
     um 20.00 Uhr mit mir im Oasenrestaurant. Ich sehe dem Abend mit großer Freude entgegen. Herzlichst, Alex Wolff.« Im Gegensatz zu seiner Redeweise hatten
     die geschriebenen Worte eine Steifheit, die deutsch schien; aber vielleicht bildete sie sich das nur ein. Donnerstag, also übermorgen. Sie wußte nicht, ob
     sie erfreut oder erschrocken sein sollte. Ihr erster Gedanke war, Vandam anzurufen. Dann zögerte sie.
    Elene war sehr neugierig geworden, was Vandam betraf. Sie wußte so wenig über ihn. Was tat er, wenn ernicht auf Spione Jagd machte? Hörte er sich Musik an, sammelte er Briefmarken, schoß er Enten? War er interessiert an Dichtung oder Architektur oder antiken Teppichen? Wie sah sein Heim aus? Mit wem lebte er? Welche Farbe hatte sein Schlafanzug? Sie wollte ihren Streit beenden und sehen, wo er wohnte. Nun hatte sie einen Vorwand, um mit ihm Verbindung aufzunehmen, doch statt ihn anzurufen, würde sie ihn in seinem Haus besuchen.
    Elene beschloß, ein Bad zu nehmen. Sie wollte sich das Haar waschen und ihr Kleid wechseln. In der Badewanne dachte sie darüber nach, welches sie anziehen sollte. Sie versuchte, sich zu erinnern, was sie bei ihren Begegnungen mit Vandam getragen hatte. Er hatte das hellrote Kleid mit den gebauschten Schultern und den vielen Knöpfen an der Vorderseite noch nicht gesehen. Es war sehr hübsch.
    Sie betupfte sich mit ein wenig Parfüm und zog die seidene Unterwäsche an, die Johnnie ihr geschenkt hatte und in der sie sich immer so fraulich fühlte. Ihr kurzes Haar war schon trocken, und sie setzte sich vor den Spiegel, um es zu kämmen. Die feinen dunklen Locken glänzten nach dem Waschen. Ich sehe entzückend aus, dachte sie, und lächelte sich selbst verführerisch zu.
    Als sie die Wohnung verließ, nahm sie Wolffs Brief mit. Vandam würde sich für seine Handschrift interessieren. Er war an jeder kleinen Einzelheit interessiert, wenn es um Wolff ging. Die Schrift war sehr sauber, leicht zu lesen, fast wie die Buchstaben eines Künstlers. Vandam würde daraus einige Schlüsse ziehen.
    Elene steuerte auf Garden City zu. Es war 19.00 Uhr. Da Vandam bis spät abends arbeitete, hatte sie viel Zeit. Die Sonne war noch kräftig, und sie genoß die Wärme beim Gehen. Eine Gruppe Soldaten pfiff ihr zu, und in ihrer gelösten Stimmung lächelte sie zurück. Die Soldaten folgten ihr ein paar Minuten, bis sie von einer Barabgelenkt wurden. Sie fühlte sich froh und unbekümmert. Eine gute Idee, ihn zu Hause zu besuchen, so viel besser, als allein in der Wohnung zu sitzen. Sie war zu oft allein gewesen.
    Das Haus ließ sich leicht finden. Es war eine kleine Villa im französischen Kolonialstil, mit Säulen und hohen Fenstern; der weiße Stein warf die Abendsonne gleißend zurück. Elene überquerte die kurze Auffahrt, klingelte und wartete im Schatten des Säulenganges.
    Ein älterer kahlköpfiger Ägypter kam an die Tür. »Guten Abend, Madam«, sagte er wie ein englischer Butler.
    »Ich würde gern Major Vandam sprechen. Ich heiße Elene Fontana.«
    »Der Major ist noch nicht zurückgekehrt, Madam.« Der Diener zögerte.
    »Vielleicht könnte ich auf ihn warten.«
    »Natürlich, Madame.« Er machte einen Schritt zur Seite, um sie einzulassen.
    Elene trat über die Schwelle und schaute sich mit nervösem Eifer um. Sie stand in einem kühlen gekachelten Flur mit hoher Decke. Bevor sie alles mustern konnte, forderte der Diener sie auf: »Hier entlang, Madam.« Er führte sie in ein Wohnzimmer. »Ich heiße Gaafar. Bitte, rufen Sie mich, wenn Sie irgend etwas benötigen.«
    »Vielen Dank, Gaafar.«
    Der Diener ging hinaus. Elene war begeistert, in Vandams Haus zu sein und sich umsehen zu können. Das Wohnzimmer hatte einen großen Marmorkamin und war sehr englisch möbliert. Irgendwie gewann sie den Eindruck, daß nicht er selbst es ausgestattet hatte. Alles war sauber und wirkte, als werde es nicht oft benutzt. Was sagte es über seinen Charakter aus? Vielleicht gar nichts.
    Die Tür öffnete sich, und ein Junge trat ein. Er war sehr hübsch, hatte lockiges braunes Haar und glatte, noch vonder Pubertät unberührte Haut. Er war ungefähr zehn Jahre alt und kam ihr irgendwie bekannt vor.
    »Hallo, ich bin Billy Vandam«, sagte der Junge.
    Elene starrte ihn entsetzt an. Ein Sohn – Vandam hatte einen Sohn! Jetzt wußte sie, weshalb sie geglaubt hatte, ihn zu kennen: Er ähnelte seinem Vater.

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