Der Schluessel zum Glueck
wollten keine Tür schließen, die ich offen gelassen hatte.“
Was war das nur mit ihm und dieser Frau? Sie stritten sich über alles Mögliche –
sogar darüber, wer an etwas schuld war. „Julian, ich habe die Tür nicht geschlossen, und dann habe ich die Katze von meinem Schoß geschoben.“
„Aber ich habe die Tür offen gelassen.“
„Und ich…“
„Will. Könnten wir vielleicht aufhören, uns darüber zu streiten? Bitte?“
„Sie sollen nur verstehen, dass…“
„Nein, Sie wollen die Schuld auf sich nehmen. Aber das lasse ich nicht zu, Sie sind nämlich gar nicht schuldig. Jedenfalls nicht an Missys Verschwinden. Oh, Will…“
Ihre Stimme wurde sanft und zitterte. Eine Träne glitt an ihrer Wange hinab. „Ich weiß, Sie sind kein Tierfreund. Aber Sie würden Missy nie absichtlich verletzen.
Das mit ihrem Schwanz war ein Versehen. Und dass Sie sie von ihrem Schoß geschoben haben, hat ihr nicht wehgetan. Es war meine Schuld. Ich habe die Tür offen gelassen.“
„Jilly…“
„Es hat keinen Sinn, weiter darüber zu diskutieren“, sagte sie erschöpft. „Ich fühle mich ziemlich mies. Am besten gehe ich jetzt erst mal nach oben.“
7. KAPITEL
Will ließ Jilly gehen. Er verstand, dass sie ein wenig Zeit für sich allein brauchte.
In ein oder zwei Stunden würde sie schon wieder nach unten kommen. Er hatte zwar nicht mehr viel Übung darin, Menschen zu trösten, aber sobald sie wieder auftauchte, würde er versuchen, sie aufzumuntern. Er wusste, wo er Karten finden konnte. Und ein paar Brettspiele. Und er würde sie das Radioprogramm aussuchen lassen.
Gegen Mittag war Jilly noch immer oben. Und so schrecklich still. Das war doch nicht normal – jedenfalls nicht für jemanden wie Jilly, die nur widerwillig gehorcht hatte, als er sie gestern Abend buchstäblich gezwungen hatte, eine Stunde lang auf dem Sofa liegen zu bleiben.
Aber er hatte eine Idee, wie er sie dazu bringen konnte, nach unten zu kommen.
Er wusste ja, was sie gern aß. Schließlich hatte er ihr dabei zugesehen. Sie war eine Frau mit einem gesunden Appetit. Inzwischen musste sie ziemlich hungrig sein.
Will ging in die Küche und machte eine große Dose Ravioli heiß. Dann öffnete er die Tür nach oben sperrangelweit, damit der leckere Duft ins Obergeschoss drang.
Aber Jilly kam nicht.
Draußen schneite es noch immer. Und noch blieb die Temperatur unter dem Gefrierpunkt. Er sagte sich, dass sie irgendwann auftauchten musste, um den Champagner, das zarte Gemüse und den hormonfreien Truthahn aus ihrem Wagen zu holen. Doch das tat sie nicht.
Um halb zwei beschloss Will, sich selbst um Julians Lebensmittel zu kümmern, da sie das offenbar nicht vorhatte. Er zog Stiefel und Jacke an und kämpfte sich durch den Schnee, bis er alles in die Hütte geholt hatte: jede Tüte Käsestangen und das Gepäck, den Laptop, den Recorder. Alles. Nur das Katzenfutter nicht.
Will war Realist. Er war sicher, dass das Tier längst an dem großen Kratzbaum im Himmel war. Schließlich ist Weihnachten, dachte er, während er die Sachen in den Kühlschrank räumte. Missys Verschwinden war nur die jüngste in einer langen Reihe von Katastrophen, die er bisher an den Festtagen erlebt hatte.
Er sah zur Decke hinauf und fragte sich, was Julian dort oben tat. Sie war so still.
Das war untypisch für sie. Vielleicht schlief sie ja. Es würde ihr gut tun. Und bestimmt würde sie bald herunterkommen.
Gegen halb drei hörte Will ihre Schritte auf der Treppe. Er legte sein Buch zur Seite, aber sie verschwand sofort im Bad. Ungeduldig wartete er darauf, dass sie in den Wohnbereich kam. Doch das tat sie nicht. Sie ging wieder nach oben.
Um drei war sie noch immer dort. Um vier auch. Und um fünf.
Als es Zeit fürs Abendessen wurde, überwand er sich und machte Makkaroni mit Käsesauce. Caitlin, die seit einigen Monaten dauernd von Julian sprach, hatte ihm erzählt, dass sie einmal gesehen hatte, wie Julian im Highgrade zwei riesige Schüsseln Makkaroni gegessen hatte. Das Highgrade war eine Kombination aus Cafe, Saloon und Geschenkboutique. Es gehörte Caitlin, und dort waren Will und seine Brüder aufgewachsen.
„Kann das Mädchen essen“, hatte Caitlin gesagt. „Meine Makkaroni sind die besten, meinte sie. Kommt dir das nicht bekannt vor?“ Lachend hatte seine Mutter ihm zugezwinkert. Damals war es ihm egal gewesen, ob Julian Diamond seine Vorliebe teilte oder nicht, und das hatte er Caitlin auch gesagt, aber jetzt konnte sich diese
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