Der Schluss-Mach-Pakt
echt keinen Sinn mehr, Mitglied in der Mathe-AG zu sein.
Da das Schuljahr schon in fünf Wochen zu Ende gehen würde, passte bei unseren Treffen im Grunde eh keiner mehr auf. Die Lüftungsanlage im Klassenzimmer, in der sich die Mathe- AG traf, funktionierte auch nie richtig, und selbst wenn wir sämtliche Fenster weit aufrissen, stand die Hitze in dem Raum. Jeder war weit mehr daran interessiert, Fächer aus Papier zu basteln, statt auf irgendwas von dem zu achten, was ich zu sagen hatte, mit Ausnahme zweier Mädchen, die sich ganz offensichtlich gegenseitig SMS schickten.
Der Vorsitzenden der Mathe- AG wurde aber auch nie der geringste Respekt entgegengebracht. Ich seufzte und fing an, mein Notizbuch und den Stift wegzupacken.
»Ich hab da noch was«, meinte Hannah, die rechts neben mir saß. Meine Vizevorsitzende schob mit einem lauten Scharren ihren Stuhl zurück, sodass selbst der Typ, der in der hintersten Reihe selig schlief, davon aufwachte. Dann stand sie auf und räusperte sich. »Wie ihr alle wisst«, begann sie, »liege ich ganz gut im Rennen, was die Wahl zur Klassenkönigin betrifft.«
»Nicht das schon wieder«, ächzte Molly. Sie stopfte ihren Block in die Tasche und warf einen genervten Blick in meine Richtung. »Das nehme ich jetzt übrigens nicht mehr ins Protokoll auf.«
Ich sah sie schulterzuckend an und signalisierte ihr, dass mir das herzlich egal war. Denn die Wahl zur Klassenkönigin gehörte nun wirklich nicht zu den offiziellen Angelegenheiten der Mathe- AG .
Hannah warf ihr glänzendes braunes Haar über ihre Schulter zurück. »Jedenfalls«, sagte sie, nicht auf Mollys Stöhnen achtend, »beginnen die Wahlen am Mittwoch. Die Wahlurnen werden an diesem Morgen in der Eingangshalle aufgestellt. Und dann solltet ihr natürlich nach der Ausschau halten, auf der mein Foto zu sehen ist.« Sie blickte sich mit einem blendenden Lächeln unter den Anwesenden um, als könnte gerade in diesem Moment jemand ein Foto von ihr schießen. Eine Sache, die Hannah schon immer perfekt beherrscht hatte, war, mit ihrem schleimigen Gehabe eine Menschenmenge für sich einzunehmen.
»Vergesst nicht, wie das mit der Wahl funktioniert. Jedes Fünfcentstück, jedes Zehncentstück und jeder Vierteldollar zählen als eine Stimme für den Kandidaten, und bei jedem Penny wird eine Stimme abgezogen. Das ganze Geld wird dann von den Schülersprechern eingesammelt und im nächsten Jahr für Projekte zur Verbesserung der Schule eingesetzt. Also, sammelt doch bitte das ganze Kleingeld ein, das ihr zu Hause in irgendwelchen Sofaritzen oder unter dem Kissen findet, und stimmt für die Kandidaten, die an unserer Schule für Integrität, Intelligenz und Ehrgeiz stehen. Ich danke euch.«
Hannah nahm in einer Art und Weise wieder Platz, als hätte sie vor ihren Wählern soeben eine überwältigende Rede abgeliefert. Es war schwer zu sagen, ob überhaupt einer zugehört hatte, wenn man bedachte, wie die Leute immer noch mit dem Schreiben von SMS , mit Schlafen oder mit dem Packen ihrer Sachen beschäftigt waren, weil sie es kaum erwarten konnten, dass das Treffen endlich zu Ende war.
»Danke, Hannah«, sagte ich in normalem Tonfall. Es fiel mir schwer, nett zu ihr zu sein, doch Gerüchte über Differenzen zwischen Vorsitzender und Vizevorsitzender hätten für die Mathe- AG einen echten Skandal bedeutet.
Andererseits, vielleicht weckte das ja erst so richtig das Interesse an einer Mitgliedschaft in unserem Arbeitskreis …
Ein dumpfer Schlag an der Tür sorgte dafür, dass die Köpfe aller Anwesenden im Raum zur Tür schnellten. Zac Greeley hatte sein Gesicht flach gegen die schmale Scheibe oberhalb des Türknaufs, durch die man raus und rein gucken konnte, gepresst und glitt langsam daran hinab, mit einer Geste, als würde er in Ohnmacht fallen.
Ich konnte nicht anders, ich musste kichern, aber mir entging nicht, wie Hannah die Augen verdrehte und sich von ihm abwandte.
»Gibt es sonst noch was?«, fragte ich in die Runde, während ich das Lachen, das in mir hochsprudelte, runterzuschlucken versuchte, weil Zac nämlich jetzt ein selbstgemachtes Schild vor die Scheibe hielt, auf das er in großen Buchstaben geschrieben hatte: »Die MATHE-AG STELLT EINE DISKRIMINIERUNG DER MATHEMATISCH ANDERSBEGABTEN DAR!«
»Vergiss nicht die Sache mit dem Nelkenverkauf«, erinnerte Hannah mich.
»Ich hab ihn schon nicht vergessen, den Nelkenverkauf«, erklärte ich. »Ich denke, jeder weiß, wann der stattfindet. Schließlich ist das
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