Der Schluss-Mach-Pakt
Schiebetüren waren, schlug uns ein wildes Gemisch aus den unterschiedlichsten Gerüchen entgegen: Tacos, Pizza, Popcorn, neue Klamotten und die Duschgels aus dem Kosmetikladen am anderen Ende des Einkaufszentrums, die so intensiv rochen, dass der Duft überall war.
»Ich weiß«, meinte Molly, hakte sich bei mir unter und zerrte mich hinein in das Gewirr von Menschen, die in einem völligen Durcheinander den Hauptgang entlangliefen. »Aber du magst mich, deswegen reiß dich zusammen.«
Molly hatte sich auf die Mission begeben, Corrie davon zu überzeugen, ihr einen neuen Widescreen-Monitor zu kaufen – weil Molly ihren alten nämlich so gut wie geschrottet hatte, als sie ihn auseinandergenommen und wieder zusammengebaut hatte. Nur um zu beweisen, dass sie das konnte. Und wie sich herausgestellt hatte, konnte sie es eben nicht.
»Oh«, meinte Corrie, abgelenkt vom Duft der Brezeln aus der Bäckerei. »Auf dem Rückweg sollten wir uns unbedingt eine von denen mitnehmen.«
»Tonnenweise Salz«, erklärte ich. »Haben Sie nicht eh schon einen hohen Blutdruck?«
Corrie warf mir einen genervten Blick zu. »Du bist noch keine Ärztin, Avery. Wenn du lange genug leben willst, bis es so weit ist, dann solltest du dich nicht mit mir anlegen, wenn es um Brezeln geht.« Sie drohte mir warnend mit dem Finger.
Molly und Corrie deuteten auf diverse Dinge, während wir durchs Einkaufszentrum schlenderten. Sie waren sich ziemlich ähnlich, beide ließen sich gern von Essen und glitzernden Dingen ablenken. Ich konnte nicht anders, ich musste an meine eigene Mom denken, während ich Molly so mit ihrer beobachtete. Meine Mom hatte Shoppen geliebt, bevor sie angefangen hatte, Tage und Wochen im Bett zu verbringen. Früher waren wir fast jedes Wochenende im Einkaufszentrum, manchmal nur, um uns die neusten Angebote anzusehen, ohne irgendwas zu kaufen. An anderen Tagen kamen wir beladen mit Tüten voller neuer Klamotten nach Hause.
Der letzte Ausflug, den ich mit meiner Mom gemacht hatte, ehe sie abgehauen war, war ebenfalls ins Einkaufszentrum gewesen, drei Wochen vor ihrem Verschwinden. Erst Jahre später, nachdem ich in einem Medizinbuch darüber gelesen hatte, wurde mir klar, dass ihre Verhaltensänderung schon auf eine Art Depression hingedeutet hatte. Mit zwölf war mir nur aufgefallen, dass sie sich mit einem Mal nicht mehr wie meine Mom verhielt und dass ich meine alte Mom zurückwollte. Das Einkaufszentrum war der einzige Ort, von dem ich geglaubt hatte, er würde sie wieder zu der Mom machen, die ich kannte.
Doch es hatte nicht funktionierte. Sie war wie ein Zombie gewesen an jenem Tag, hatte sich durch die Läden geschleppt, ohne sich wirklich etwas anzusehen. Und jetzt hasste ich es, hierherzukommen. Die Farben, Geräusche und Gerüche attackierten meine Sinne, bis mir schlecht wurde. Mir war flau im Magen und mein Kopf drehte sich.
Molly hielt vor dem Elektroladen an und drehte sich nach mir um, als ich mich von ihr löste. »Kommst du nicht?«, fragte sie.
Corrie und Molly waren so was wie die Mutter und die Schwester, die ich nicht hatte. Mollys Mom hatte mich sofort voller Herzlichkeit in ihrem Leben und ihrem Zuhause aufgenommen, als Molly mich das erste Mal zu sich eingeladen hatte. Doch heute tat es mir zu sehr weh, mit den beiden zusammen zu sein.
»Ich warte lieber draußen.« Damit deutete ich auf eine freie Bank hinter mir.
Molly sah mich einen Augenblick lang eindringlich an. »Alles in Ordnung mit dir?«
Ich nickte und tat mit einer Geste ihre Beunruhigung ab. »Ist nur eine Allergie oder so was. Bisschen viel los hier drinnen.«
Corrie wühlte in ihrer riesengroßen Tasche, ehe sie eine Packung Antihistamine zum Vorschein brachte. »Hier, bitte schön«, meinte sie und warf mir die Packung zu. »Bei mir helfen die immer. Ohne die würde ich keinen Tag überstehen. Das sind meine kleinen Lebensretter.«
Ich schlang die Finger um die Tabletten und zwang mir ein Lächeln ins Gesicht. »Danke. Geht ruhig rein, ich warte hier.«
»Ich werde versuchen, sie dazu zu bringen, nicht länger als eine Stunde da drin rumzustöbern«, versprach Corrie und zwinkerte mir zu, ehe sie Molly in den Laden folgte.
Ich saß eine ganze Weile mit hängendem Kopf da und lauschte dem lebhaften Treiben um mich herum. Keiner achtete wirklich auf das Mädchen, das da allein rumsaß. Jeder eilte einfach nur an mir vorbei auf dem Weg in eine der Boutiquen oder Spielzeugläden oder zu den Essensständen. Gegenüber dem
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