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Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Conrath
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klickte auf das Logo, sofort wechselte das Bild, das Organigramm der Firma Keller erschien. Es war eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, das Stammkapital betrug knappe eins Komma zwei Millionen Euro, der Gewinn im letzten Jahr vor Steuer zweihundertsiebzigtausend Euro. Die SpeditionKeller war kerngesund, es gab keinerlei Geschäftsgeheimnisse, auf die Bredows hätte stoßen können. Von dieser Seite war keine heiße Spur zu erwarten. Bei Kellers zu Hause sah das schon anders aus. Vor zwei Monaten hatten sich die Kellers scheiden lassen. Kellers Frau Sybille hatte ihren Geburtsnamen wieder angenommen: Anselm.
    »Da müssen wir nachbohren. Vielleicht war Bredows der Scheidungsgrund«, sagte Senior.
    Er klickte auf seine Fernbedienung, und schon erschien ein Bild von Bredows, als er noch gelebt hatte, neben dem von Sybille Anselm, vormals Keller.
    Fran kniff die Augen zusammen. Ja, das könnte passen. Bredows sah gut aus, er hatte etwas Wildes, Animalisches. Schmales Gesicht, Backenbart, unbändige schwarze Locken. Er hätte ihr gut gefallen, auch wenn er mindestens fünfzehn Jahre älter war als sie. Sybille Anselm passte vom Alter her und vielleicht auch in Bredows’ Beuteschema   – oder war es umgekehrt? Die meisten Morde waren Beziehungstaten, das pfiffen inzwischen die Spatzen von den Dächern, also war das auch der erste Ermittlungsansatz. Fran hoffte, dass es eine Beziehungstat war und nicht das Werk eines Psychopathen, wie sie bisher annahm.
    »Wie lange waren die Kellers verheiratet?«, fragte Fran.
    »Siebzehn Jahre«, antwortete Senior, ohne nachzudenken.
    Siebzehn Jahre. Mein Gott, eine Ewigkeit, dachte Fran. Wie geht das? Mehr als sechstausend Tage, jeden Tag derselbe Mann, dasselbe Gesicht. Wie lange dauerte es, bis man wusste, was jedes Muskelzucken im Gesicht des Ehemannes bedeutete? Wie lange dauerte es, bis Sex nur noch nachts gemacht wurde, weil man sich nicht vorstellen konnte, dass dieser aufgedunsene Typ im Bademantel irgendwann einmal ein galanter Liebhaber gewesen war? Bestimmt keine siebzehn Jahre.Menschen waren keine Gänse, waren nicht gemacht, ein ganzes Leben mit ein und demselben Menschen zu verbringen. Gab es dafür nicht millionenfachen Beweis? Wie viele Ehen hielten ein Leben lang   – freiwillig? Gefühlt: gar keine. Statistisch hielten deutsche Ehen zwischen elf und vierzehn Jahren. Damit lagen die Kellers eindeutig über dem Durchschnitt.
    »Kinder?«, fragte Fran.
    »Zwei. Ein Junge, siebzehn, und eine Tochter, zweiundzwanzig.«
    »Hoppla«, sagte Fran.
    »Richtig. Sie haben erst geheiratet, als die Tochter vier war und der zweite Sprössling unterwegs.«
    »Hat ja richtig lange gehalten«, warf Herz ein und machte ein erstauntes Gesicht.
    »Dann gehöre ich eindeutig zu den Dinosauriern. Ich bin seit einundvierzig Jahren verheiratet«, sagte Senior. »Und ich bereue keinen einzigen Tag.«
    Fran stöhnte, als hätte man ihr eröffnet, dass sie lebenslang ins Gefängnis musste. »Einundvierzig Jahre? Nichts für mich!« Sie lehnte sich zurück. »Also könnte Bredows da mitgemischt haben.«
    »So ist es. Sascha, du nimmst dir Hotte mit und quetschst den Gutmenschen Keller noch mal aus, wir nehmen uns die Dame vor.«
    Hotte? Fran kratzte sich an der Nase. Wie kam man zu so einem bescheuerten Namen? Unwichtig. »Was ist mit der Obduktion?«, fragte sie.
    »Kommt sofort. Ich habe die Bilder selbst noch nicht gesehen, aber sie haben mir einen Vortrag darüber gehalten, dass das Verfahren, das sie angewendet hätten, sehr kompliziert sei und sehr schwierig, und sie hätten die Nacht durchgearbeitet, und das Ergebnis sei unglaublich.«
    Senior klickte mit der Maus und stöhnte auf.
    Herz sagte nur: »Herr im Himmel.«
    Fran hielt die Luft an. Das Ergebnis war unglaublich. Sie hatten die Haut abgetrennt und einer Art Gerbverfahren unterzogen, um sie zu stabilisieren. Sie war von schmutzig brauner Farbe, die Armansätze ließen sich erkennen, ebenso der Halsansatz. Bredows’ Rücken war überzogen mit Linien, eingeschnitten mit einer scharfen Klinge. Wie beim Hamburger Opfer. Fran unterdrückte den Impuls, Schlüsse zu ziehen, obwohl sich ihr nur ein einziger Schluss aufdrängte.
    Seniors Handy machte Geräusche. Vogelzwitschern. Wann hatte er den Ton geändert? Vorher war es Bach gewesen.
    Er hielt es ans Ohr. Sein Gesicht gefror zu einer Maske, in deren Mitte seine farblosen Lippen Worte formten: »Scheiße. Verdammte riesengroße Scheiße.« Er bog seinen Oberkörper nach

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