Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
gesagt, dass wir umziehen, und sie haben den Aufstand geprobt. Was habe ich gemacht? Das, was man bei einem Aufstand macht. Ich habe ihn niedergeschlagen, und danach waren sie kleinlaut, haben gekuscht und sich nicht mehr in meine Entscheidungen eingemischt.
Im Radio haben sie gerade gemeldet, dass sie Bredows gefunden haben. Sie haben seinen Namen nicht genannt, natürlich nicht. Aber ich wusste sofort Bescheid. Ich habe ihn in Hamburg kennengelernt, er war ein eitler Pfau, lief jedem Rock hinterher und prahlte, bald würde er ausgesorgt haben. Nach dem Umzug habe ich ihn als einen der Ersten eingeladen. Er war eine Enttäuschung auf der ganzen Linie. Fast wie Friedel. Flennte ständig, kriegte kaum einen vernünftigenSchrei zustande, machte sich immer wieder in die Hose. Als ich ihm die Rippenschere zeigte, hat er sogar seinen Stuhl nicht mehr halten können. Also benutzte ich ihn als Versuchskaninchen, spielte ein wenig mit dem Strom herum, kalibrierte die Rückenmarkpunktion. Das gefiel ihm überhaupt nicht, trotzdem kam er nicht richtig in Gang. Menschen sind seltsam. Manche kreischen los, bevor ich überhaupt angefangen habe, andere beißen sich lieber die Zunge ab, als mir einen schönen Schrei zu liefern. Nach ein paar Tagen verlor ich das Interesse und schläferte ihn ein. Ihn in dem Boot zu verstecken, bis ich ihn wieder benötigte, war eine gute Idee. In einer Kneipe hatte ich aufgeschnappt, dass es eine Schande sei, ein so gutes Boot einfach verrotten zu lassen.
Alles läuft wie geschmiert. Wenn sie die Kameras auswerten, werden sie nichts als einen schwarzen Schatten sehen, der ihnen Grüße entbietet.
Jetzt habe ich Muße und Ruhe, mich weiter mit Helena zu beschäftigen. Ich schaue sie an. Sie schläft. Sie ist schön, ihr Körper ist von erlesenen Proportionen, ihr Gesicht wie gemalt, volle Lippen, sanft geschwungene Wangenknochen, ein perfektes Exemplar einer Frau. Und ihre Stimme ist großartig. Ich klicke auf die letzte Datei. Ihr Schluchzen wechselt sich ab mit einem Schrei, der mir Schauer über den Rücken jagt. Erstaunlich, wie stabil Helena ist, wie viel Kraft sie hat. Helena wird meine zweite Botschaft in die Welt tragen.
Ich muss an Fran denken. Wie würde ich sie loswerden? Was für ein absurder Gedanke! Sie muss bei mir bleiben, sie muss meine Frau werden.
Schmerz zuckt durch meinen Kopf, ich nehme eine Tablette, wenig später verebbt der Schmerz, und ich habe eine Idee. Ich werde das Spiel mit Fran spielen, und wenn sie das Spiel gewinnt, dann lasse ich sie vielleicht in Ruhe. Eine Stimme inmeinem Kopf schreit, ich soll vorsichtig sein, soll nicht abweichen von meinem ursprünglichen Plan, aber ich fege die Stimme einfach weg. Ich bin ein Raubtier, ich muss meinem Instinkt folgen, und mein Plan ist ja nicht in Gefahr, im Gegenteil. »Mein Plan ist nicht in Gefahr!«, schreie ich, und es tut gut. »Konzentrier dich!«, sage ich laut. »Arbeite!« Ich gehorche mir.
Helena muss mir noch ein paar besonders schöne Schreie schenken. Ihr zur Ehre werde ich die Rippenschere benutzen, werde ihren kleinen Finger abtrennen, schön langsam, mal sehen, wie das klingt. Ich wecke sie auf, sie ist pure Panik, aber sie hält es aus. Ich zeige ihr das Werkzeug, ihre Augen werden riesig groß, ich tippe auf ihren kleinen Finger, bevor sie reagieren kann, setze ich an, drücke die Zange langsam zu. Sie präsentiert ein ganzes Feuerwerk an Schreien, in das sie immer wieder Verwünschungen einstreut und mit herzzerreißendem Schluchzen mischt. Erstaunlich, über welch abscheuliches Vokabular sie verfügt! Ich werde die schlimmen Wörter rausschneiden, niemand soll glauben, ich würde mich an unflätigen Ausdrücken weiden. Das ist nicht mein Stil. Ich drücke ein wenig fester, und schon liegt der Finger auf dem kalten Metall des Thrones. Helena ist still geworden. Ohnmacht. Das sei ihr gegönnt, sie hat sich wahrlich angestrengt. Frauen halten einfach so viel mehr aus als Männer.
Ich verbinde die Wunde, halte inne. Warum mache ich das eigentlich? Mit einem Ruck reiße ich den Verband wieder herunter. Helena wird wieder wach, schreit weiter, in meinen Ohren klirrt es wunderbar, ich lasse ihr noch ein wenig Zeit, sie wird leiser, der Schmerz lässt nach, jetzt fängt sie an zu winseln und zu betteln, es wird unangenehm. Ich gebe ihr die finale Betäubung, sie verstummt, gleitet wie auf Daunen hinüber in den Tod. Ich löse die Riemen, reinige sie, drehe Helena aufden Bauch. Was für ein zarter Rücken!
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