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Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Conrath
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Fran leise.
    »Mit dem Rasiermesser, das ich ihm zum fünfzigsten Geburtstag geschenkt hatte.« Ägidius Bonaventura schluckte. Die Trauer schien ihn zu überwältigen, er krallte die Hände in die Lehnen seines Sessels. »Mit meinem Messer!« Jedes Wort spuckte er aus. Er hob den Kopf und starrte Fran an. »Glauben Sie nicht auch, dass er mich damit anklagen wollte? Aber ich war doch immer sein Freund gewesen, habe ihn immer aufgenommen, in jeder schweren Stunde, weil er mich doch gerettet hat. Weil ich ihn doch geliebt habe.« Er ließ den Kopf wieder sinken, seine Hände entspannten sich.
    Seine Erinnerungen hatten ihn eingeholt, und Fran wusste, dass viele Menschen in diesem Moment begannen, ihre Lebensbeichte abzulegen. Wie lange hatte Ägidius Bonaventura all das mit sich herumgeschleppt?
    »Wir ließen das Wasser ab, hoben ihn aus der Wanne, er war so leicht wie eine Feder, vielleicht noch fünfzig Kilo, mehr nicht. Wir wuschen ihn, sprachen ein Gebet, und dann   …« Ägidius Bonaventura seufzte tief. »Dann begruben wir ihn in einem Zinksarg. Es war sein letzter Wille.«
    Fran schloss kurz die Augen. Was war in Friedrich von Solderwein nur vorgegangen? Hatte er sich letztlich in religiösenWahn geflüchtet und, als ihn Satan ebenfalls enttäuscht hatte, umgebracht? Warum schnitt er sich die Adern mit dem Geschenk seines besten Freundes auf? Des Mannes, der ihn ein Leben lang beschützt hatte!
    »Der Himmel wird ihm wohl für lange Zeit verwehrt bleiben«, sagte Fran. »Als Jünger Satans.«
    Eine weitere Träne stahl sich über die Wangen des alten Mannes. »Er wird wohl nie in den Himmel kommen.«
    »Das ist furchtbar«, flüsterte Senior.
    Ägidius Bonaventura erwachte zu neuem Leben, streckte seine Glieder. »Sie glauben an Gott, Herr Haller?« Die Überraschung war ihm anzusehen.
    Senior überlegte einen Moment, und Fran war gespannt auf seine Antwort. »Ich glaube, dass Friedrich von Solderwein letztlich doch an Gott geglaubt hat und er sterben musste, mit der Gewissheit, in der Hölle zu landen. Was gibt es Furchtbareres?«
    »Sie sind ein weiser Mann, Herr Haller.«
    »Glauben Sie denn an Gott, Herr Bonaventura?«, fragte Fran.
    »Aber ja. Gott ist alles, und alles ist Gott. Er ist größer als alles, auch als Satan. Obwohl seine Prüfungen schwer sind, bin ich überzeugt, dass alles einen Sinn macht. Auch Friedrichs Tod.« Er erhob sich. »Ich bin erschöpft, und ich bin mir sicher, dass ich alles gesagt habe.«
    Fran war von dem plötzlichen Stimmungswechsel überrascht und brauchte einen Moment, um zu begreifen. Senior stand bereits, schüttelte Bonaventuras Hand. Sie sprang fast aus dem Sessel und nahm die Hand, deren Haut zart war wie bei einem Säugling. »Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, Herr Bonaventura. Sie haben mir sehr geholfen.« Fran hielt seine Hand fest.
    Er hob die Augenbrauen. »Tatsächlich? Wissen Sie jetzt, wer das Grab   …«
    »Ich denke, ich kann den Täterkreis eingrenzen. Und wenn ich wüsste, was Friedrich in seine Tagebücher geschrieben hat, könnte ich sehr wahrscheinlich den Fall zu den Akten legen.«
    Ägidius Bonaventura seufzte und entzog ihr seine Hand. Ob er den Köder schlucken würde? Würde er das Tagebuch oder die Dokumente herausrücken? Wenn er sie denn tatsächlich hatte. Ob ihm die Sühne der Tat wichtiger war als die Bewahrung der Geheimnisse seines Freundes? Denn Fran war sich sicher, dass Solderweins Leben und auch sein Sterben noch einige Überraschungen zu bieten hatten. Ägidius Bonaventura begleitete Fran und Senior zur Tür.
    »Und wenn Sie Zeit und Lust haben, Sie beide, dann würde ich mich über ein gepflegtes Gespräch mit Ihnen sehr freuen. Wann immer Sie Zeit haben. Aber warten Sie nicht zu lange.« Er lachte kaum hörbar und schloss leise die Tür hinter sich.
    *
    So geht das nicht. Ich kriege Franziska nicht aus dem Kopf. Ständig stelle ich mir vor, wie ich sie nehme, von hinten, sie schreit vor Lust, verlangt mehr, was für schmutzige Gedanken. Darf ich das? Darf ich so schmutzige Gedanken haben? Ich muss sie aus meinem Kopf kriegen, sonst kann ich nicht mehr klar denken, und dann mache ich Fehler, und dann kann ich mein Werk nicht vollenden. Alles muss meinem Werk untergeordnet werden.
    Kaltes Duschen hat nur für fünf Minuten geholfen. Schmerz ist der Ausweg. Das hat immer funktioniert. Meine Eltern haben es mir bewiesen. Wenn der Schmerz groß genug ist, dann geht alles. Ich halte die Nadel über das Feuerzeug. Schnellglüht die

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