Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
gefiel sich in der Rolle der Vernehmungsleiterin. Auch die Arbeit in der MOKO war genau richtig für sie. Warum hatte sie sich nur abwerben lassen? Wegen Dad.
»Was gehen mich irgendwelche Spinner an?«, fragte Jana Wolff leise.
»Wie ist die Messe abgelaufen?«, fragte Fran.
Jana wurde rot, Schweißperlen bildeten sich an ihrem Haaransatz, sie holte tief Luft, warf einen Blick auf ihre Eltern, die mit offenen Mündern dasaßen. »Wir haben uns in einem Gebüsch versteckt. Sie müssten dort ein Taschentuch gefunden haben. Da ist Marvins DNA dran, und zwar jede Menge von ihm, er hat sich mehrmals geschnäuzt. Und Abdrücke von Springerstiefeln. Wir tragen immer Springerstiefel, wenn …« Sie hielt sich die Hand vor den Mund.
»Kein Problem«, sagte Fran. »Wir haben eine ausführliche Liste aller Messen gefunden. Das ändert nichts an unserem Deal.« Fran wartete einen Moment. »Ich bin sicher, dass der Staatsanwalt zustimmt.«
Jana blickte zu Weihrauch, der kurz nickte. »Bis jetzt haben wir die Messen immer im Wald abgehalten, Lars hat gesagt, es gehöre sich nicht, die Ruhe von Toten zu stören, egal, ob sie Christen seien oder nicht. Und es sei Unrecht, blindwütig etwas zu zerstören. Und vor allem wollte er nicht mit den Nazi-Arschlöchern in eine Schublade gesteckt werden.«
Ein echter Heiliger, dachte Fran. Der Gutmensch im Satanskostüm, der eine seiner Jüngerinnen niedergeschlagen, vielleicht ermordet hat. War Lars Rüttgen der Mörder von Bredows und Meier? Möglich war es. Er hatte mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit eine Persönlichkeitsstörung, und wenn Verfolgungswahn dazukam, dann wurde es gefährlich. Dann war Rüttgen eine Zeitbombe. Da war sich Fran sicher. Wie weit würde er gehen? Wie weit war er gegangen? Sie würden ihn nicht eher von der Leine lassen, bis sie es mit Sicherheit wussten.
Fran nahm das Gespräch wieder auf. »Und das Huhn? Haben Sie es getötet?«
Jana senkte den Kopf. »Nein. Das hat Kim gemacht. Es hat nicht gelitten.«
»Sie hat ihm den Kopf abgerissen, sehr routiniert, nicht zum ersten Mal«, stellte Fran fest.
Jana Wolff schwieg.
»War es ein Blutritual?« Sie würde die Frage verstehen, und es würde sich zeigen, ob sie bereit war, wirklich alle Karten auf den Tisch zu legen.
»Ja«, murmelte sie, und erneut stieg ihr Röte ins Gesicht.
»Sie haben das Blut des Tieres mit Menschenblut gemischt, ist es nicht so?«
»Ja.«
»Oh mein Gott!«, entfuhr es Janas Vater. Sein Gesicht war verzerrt vor Ekel.
Fran hob die Augenbrauen und starrte ihn einen Moment an, in der Hoffnung, er möge sie verstehen und sich beherrschen. Tatsächlich sagte er nichts, aber sein Atem ging schwer. Weihrauch zeigte keine Regung. Sollte sie abbrechen? Sollte sie die Eltern rausschicken? Was jetzt kam, konnte sie überfordern. Die Gefahr einer Eskalation lag in der Luft. Fran wusste, wie ein Blutritual abgehalten wurde, nicht aber die Eltern von Jana Wolff.
Die Tür öffnete sich, und Senior kam herein. Fran war froh, ihn zu sehen.
Er wandte sich an Weihrauch. »Die Abmachung gilt für alles, das ohne Anstrengung mit Bewährung durchgehen würde.«
Weihrauch nickte. »Damit kommen wir dicke hin.«
Fran hoffte, dass der Anwalt die Situation korrekt einschätzte. Jana Wolff konnte durchaus etwas mit dem Tod von Johanna Magold zu tun haben.
Jana Wolffs Vater hielt es nicht mehr aus. Er stach mit dem Zeigefinger nach seiner Tochter. »Du bist eine Hexe«, kreischte er. »Hast du das Blut getrunken? So wird es doch gemacht, oder? Habt ihr auf dem Grab gefickt?«
Weihrauch erhob sich. »Herr Wolff, das ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt …«
Jana Wolffs Vater stieß den Anwalt zur Seite. »Sie stecken mit ihr doch unter einer Decke. Hat Sie mit Ihnen auch gefickt, am Hexensabbat?«, fauchte er den Anwalt an.
Weihrauch trat einen Schritt zurück, die zwei Schutzpolizisten nahmen Jana Wolffs Vater in die Mitte und drückten ihn zurück auf den Stuhl, wo er in sich zusammensackte.
Jana Wolff sprang auf, riss den Ärmel ihrer Bluse nach oben und hielt ihrem Vater den Unterarm vor die Nase, der mit Narben übersät war.
Jana Wolff litt unter dem Borderline-Syndrom. Das erklärte so manches. Fran tauschte mit Senior einen Blick, sie würden es noch ein wenig laufen lassen.
»Du Dreckstück, was glaubst du, warum ich das mache? Weil du mich hasst, weil du mich nie haben wolltest. Weil du einen Sohn haben wolltest, aber deine beschissenen Eier geben das nicht her,
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