Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
Widerspruch in sich selbst, denn wenn Jesus der Sohn Gottes war, konnte er nicht getötet werden. Jede Menge Stoff, um sich Jahrtausende darüber zu streiten. Fran hatte ihre Diplomarbeit über die Psychologie in der vergleichenden Religionswissenschaft geschrieben.
»Was für ein Mensch ist Lars Rüttgen?«
»Ein guter Mensch.« Jana Wolff runzelte die Stirn. »Ja, das ist das richtige Wort. Er hat eine kranke Mutter, müssen Siewissen, um die er sich hingebungsvoll kümmert. Sie hat Krebs, Endstadium. Austherapiert. Ein Wunder, dass sie noch lebt. Das muss an seiner guten Pflege liegen, an seiner Liebe.«
»Hat er Fehler?«, fragte Fran und ließ ihre Stimme neutral klingen.
»Oh ja, selbstverständlich. Ein guter Mensch sein heißt ja nicht, ein perfekter Mensch zu sein.«
Fran nickte. »Und welche Fehler hat er, glauben Sie?«
Jana Wolff blickte von Fran zu Senior und wieder zu Fran, dann zu Weihrauch, der das Wort ergriff.
»Was haben die Fehler von Lars Rüttgen mit den kleinen Verfehlungen meiner Mandantin zu tun? Das Gespräch nimmt eine seltsame Wendung. Um was geht es hier?«
Senior seufzte, Fran schnalzte mit der Zunge. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Katze aus dem Sack zu lassen. Sie mussten zumindest Weihrauch einweihen. Vielleicht war er bereit mitzuspielen.
Fran unterbrach die Vernehmung, stoppte die Geräte, bat ihn nach draußen. »Ich muss Sie nicht an Ihre Schweigepflicht erinnern, Herr Weihrauch?«
»Und doch tun Sie es, Frau Miller. Egal. Was liegt gegen Lars Rüttgen vor?«
Dieser Weihrauch war wirklich gut. »Wir ermitteln in einem Mordfall. Rüttgen sitzt in U-Haft. Es liegt dringender Tatverdacht vor. Seine DNA haben wir unter den Fingernägeln des Opfers gefunden.«
»Holla«, sagte Weihrauch. »Und meine Mandantin? Wird gegen sie ermittelt?«
Fran zögerte. »Noch nicht. Ihre Eltern haben ihr bereits ein Alibi gegeben, ohne es zu wissen. Sie war zur Tatzeit mit Sicherheit nicht am Tatort.«
Weihrauch wusste so gut wie sie, dass es dennoch Möglichkeiten der Mittäterschaft gab: Anstiftung, Beseitigen der Tatwaffe und vieles mehr.
Fran betrachtete Weihrauch genauer. Er hatte Ringe unter den Augen, sein Haar war voll, aber schon fast vollständig ergraut. Seine Augen waren braun, mit grünen Sprengseln in der Iris.
»Und jetzt wollen Sie, dass sie weiterhin befragt wird, ohne zu wissen, worum es geht, damit sie munter plaudert.«
Fran nickte. »Es geht uns um Rüttgen.«
Weihrauch schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht machen, das werden Sie verstehen. Ich muss und werde meine Mandantin einweihen.« Seine Miene wurde ernst. »Sie haben gut daran getan, mich zu informieren. Ich muss Sie ja nicht an die Strafprozessordnung erinnern?«
»Touché, Herr Weihrauch. Mir geht es nur darum, möglichst nahe an die Wahrheit heranzukommen. Und wir ermitteln auch alles, was für Rüttgen spricht.« Sie senkte die Stimme. »Das Opfer war Mitglied in seiner Church of XXXL . Sie heißt Johanna Magold. Er hat sie nachweislich niedergeschlagen.«
»Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit, aber meine Mandantin wird ohne Rücksprache mit mir unter vier Augen kein Wort mehr sagen.« Sein Blick wurde ernst. »Und noch eins, Frau Miller. Ich geben Ihnen den guten Rat, nicht noch mal irgendwelche Tricks zu versuchen.«
Fran wurde es heiß, sie deutete auf die Tür, Weihrauch bat Jana Wolff zu sich, Fran setzte sich neben Senior und brachte ihn auf den Stand der Dinge.
Er zuckte nur mit den Achseln. »Einen Versuch war es wert.«
»Das mache ich nie wieder. Weihrauch hat mir die Leviten gelesen. Ich fühle mich wie gegrillt.«
»Der Mann ist gut. Nicht alle sind so gut. Was glaubst du,was wir hier schon alles erlebt haben. So mancher wäre ohne Anwalt besser dran gewesen.«
Fran dachte an ein altes Sprichwort: »Wenn du geschwiegen hättest, wärest du Philosoph geblieben«, und wandelte es ab: »Wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein freier Mann geblieben.«
Weihrauch und Jana Wolff kamen zurück in den Vernehmungsraum. Die junge Frau rieb sich mit einem Taschentuch die Tränen aus dem Gesicht. »So etwas würde Lars nie tun.« Sie zog die Nase hoch, es gurgelte leise. »Er ist kein schöner Mann, aber ein zärtlicher, liebevoller.«
Fran wusste nur, dass Mörder sich nicht an ihrer Physis erkennen ließen und ebenfalls nicht an ihren Fähigkeiten im Bett. Lars Rüttgen hatte ein breites, grobes Gesicht und eine knollige Nase, sein roter Bart machte ihn zehn Jahre
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