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Der Schmetterlingsthron

Der Schmetterlingsthron

Titel: Der Schmetterlingsthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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Vieltalentierten bleibt nur die Karriere des Abenteurers oder Herrschers. Zuweilen führt das eine zum anderen.‹
    ›Wie steht es mit der Söldnerei?‹ fragte ich.
    ›Das fällt unter Abenteurer.‹
    ›Dann werde ich Söldner‹, sagte ich.
    Mein Vater versuchte, mich davon abzubringen, und ich wurde auch von Kortoli nicht angenommen, weil wohl er oder Rubio ein schlechtes Wort für mich eingelegt hatten.
    Ich reiste also nach Othomae und verdingte mich bei den Lanzenträgern des Großen Bastards. Ein Jahr lang marschierte ich hin und her und paradierte. Wir hatten auch eine Schlacht mit einer freien Gruppe, die Othomae in ihre Gewalt bringen wollte. Aber der Große Bastard erledigte sie mühelos, ohne dass wir Fußvolk in Bogenschußweite kamen. Am Ende meiner Dienstzeit stimmte ich mit meinem Vater überein, dass die Söldnerei nichts für mich war.
    Ich wanderte also weiter und kam nach Xylar – am Tage der Hinrichtung des Königs. Ich hatte zwar von den seltsamen Sitten der Königswahl in diesem Staate gehört, aber vergessen, dass es sich um Xylar handelte. Als nun plötzlich ein dunkles rundes Ding angeflogen kam, fing ich es auf. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass ich einen frisch abgeschlagenen Menschenkopf in den Händen hielt. Brrr! Und ich musste erfahren, dass ich der neue König Xylars war!
    Zuerst war ich wie betäubt. Man kleidete mich in schimmernde Seide, drängte mir köstliche Speisen auf und erwählte schöne Frauen für mich. Aber ich erfuhr auch bald den Haken an der Sache – dass ich nach fünf Jahren ebenfalls den Kopf verlieren würde.
    Nun, man kann sich mit Prunk und Essen und Frauen die Gedanken vertreiben, doch wenn der Kopf fort ist, wächst einem kein neuer. Nach einem Jahr eingedrillten Königtum beschloss ich, meinem Schicksal zu entfliehen.
    Zuerst versuchte ich, mich einfach abzusetzen. Aber die Xylarier waren das gewöhnt und fingen mich mühelos; eine ganze Kompanie – die so genannte Königliche Garde – besteht aus erfahrenen Männern, die dafür sorgen sollen, dass der König nicht entwischt. Ich versuchte Verbündete zu finden, die mich jedoch verrieten. Ich versuchte Gardisten zu bestechen; sie steckten mein Geld ein und verrieten meine Pläne.
    Im dritten Jahr versuchte ich ein so guter König zu sein, dass die Xylarier Erbarmen haben und die grausame Sitte ändern mussten. Ich führte viele Reformen durch, studierte Jura und bemühte mich um Gerechtigkeit. Ich befasste mich mit Finanzwirtschaft und fand einen Weg, die Steuern zu senken, ohne das Königreich zu schwächen. Ich studierte die Militärkunst und vernichtete Dol und seine Piraten, die unsere Küste heimgesucht hatten. Dabei war ich gar kein Soldatentyp, wie ich schon erzählt habe. Ich überwand mich aber aus Angst vor der Axt. Nach einem Jahr waren sich alle einig, dass König Jorian trotz seiner Jugend der beste Herrscher war, den sie seit vielen Perioden gehabt hatten.
    Aber wollten die Xylarier ihr dummes Gesetz ändern? Keineswegs! Sie stellten sogar zusätzliche Wachen auf, damit ich nicht entfloh. Ich konnte nicht ausreiten oder jagen, ohne dass ich einen Trupp Lassomänner aus den Steppen von Shven bei mir hatte.
    Eine Zeitlang beschlich mich Verzweiflung, und ich gab mich den Genüssen des Lebens hin. Am Ende meines vierten Jahres war ich ein aufgedunsenes kraftloses Wrack.
    In diesem Winter erkältete ich mich; eine Krankheit, die mich fast das Leben kostete. Während ich im Delirium lag, erschien mir ein Mann, der wie mein kürzlicher verstorbener Vater aussah. Manchmal ähnelte der Mann auch einem der großen Götter; Heryx oder Psaan oder sogar dem alten Zevatas. Wer er auch war, er sagte: ›Jorian, Junge, ich schäme mich deinetwegen, mit all deinen geistigen und körperlichen Gaben steckst du so leicht auf. Du kannst vielleicht fliehen; wenn du es aber nicht versuchst, ist der Tod dir gewiss. Was hast du also zu verlieren?‹
    Als ich mich wieder erholte, nahm ich mir die Worte der Vision zu Herzen. Ich schickte alle Frauen fort, bis auf meine vier gesetzlichen Frauen, denen ich eine fünfte eigener Wahl hinzufügte. Ich trainierte in der Turnhalle und auf dem Exerzierhof, bis ich wieder völlig fit war. Und ich las in der königlichen Bibliothek alles, was mir vielleicht bei meiner Flucht helfen konnte. Mit der Überlegung, dass mir die Götter vielleicht wirklich das Leben eines Abenteurers bestimmt hatten, wollte ich wenigstens ein gutes Exemplar dieser Gattung sein und

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