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Der Schmetterlingsthron

Der Schmetterlingsthron

Titel: Der Schmetterlingsthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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schon oft Gelegenheit zum Eingreifen gegeben, doch König Shaju hatte bisher davon abgesehen. Zum einen hätten sich die Bürger der Stadt sofort einmütig gegen einen solchen Versuch gestemmt. Zum anderen hielten konservative Mulvanier den Handelshafen für ein notwendiges Übel – eine handelstechnische Notwendigkeit, doch wegen der gemischten Bevölkerung eine unangenehme Erscheinung. Sie waren froh, dass es diese Stadt gab, zugleich aber auch froh, dass sie nicht zu ihrem riesigen, geordneten und durchorganisierten Reich gehörte.
    In diesem Augenblick rief der Schänkenwerber über die Schulter: »Achtung! Zurück an die Mauer!«
    Jorian und seine Begleiter traten zur Seite. Eine Kavalkade galoppierte vorbei, angeführt von einem Mulvanier in scharlachroter Seidenkleidung. Eine Abteilung Reiter in spitzen Metallhelmen, mit leichten Lanzen und runden Schilden bewaffnet, rasselte hinter ihm her.
    »Ein Landbesitzer aus der Gegend«, erklärte der Einheimische. »Sie versuchen sich immer in die Stadtangelegenheiten zu mischen, obwohl sie draußen in den Hügeln wohnen und nur zum Einkaufen und Huren in die Stadt kommen.« Er spuckte aus.
     
    Am folgenden Tag aß Jorian im Speisesaal von Simhas Schänke zu Mittag, als sich Kapitän Strasso näherte.
    »Mein guter Herr Maltho!« sagte der Seemann. »Das Orakel verspricht uns gutes Wetter für die nächsten fünf Tage, und ich habe eine gute Fracht für Vindium gefunden. Die Talaris läuft also heute morgen zu ihrer letzten Reise dieses Jahres aus.«
    »Prima«, sagte Jorian.
    »Aber da ist noch die Sache mit der Zahlung an die Brüder. Habt Ihr die Mädchen schon verkauft, damit ich das Geld mitnehmen kann?«
    »Nein – auch habe ich es damit nicht eilig.«
    Strasso runzelte die Stirn. »Warum das?«
    »Natürlich versuche ich einen möglichst hohen Preis zu erzielen; denn je besser die Bezahlung, desto höher ist meine Provision. Deshalb habe ich einen erfahrenen Mann angestellt, der aus den Mädchen geschulte Kammerzofen machen soll. Das kann durchaus einen Monat dauern.«
    »Aber wie komme ich dann an das Geld?«
    »Kennt Ihr einen ehrlichen Bankier in Janareth?«
    »Gewiss – ich arbeite hier mit Ujjai & Söhnen. Ujjai ist zwar Mulvanier, aber trotzdem vertrauenswürdig.«
    »Dann stellt mich ihm vor. Wenn ich verkaufe, deponiere ich das Geld bei ihm, und Ihr könnt es bei Eurer ersten Reise im Frühling abholen.«
    Strasso klopfte Jorian auf die Schulter. »Aber werden sich die Brüder nicht über die Verzögerung aufregen?«
    »Nach ihrem Verhalten bei meinem Besuch sicher nicht.«
    Jorian machte sich mit dem Bankier Ujjai bekannt, empfahl sich bei Kapitän Strasso und kehrte in Simhas Schänke zurück, wo er die Zimmerflucht aufsuchte, die den zwölf Mädchen zur Verfügung gestellt worden war.
    Hier unterrichtete ein Mann die Mädchen in den Rollen, die Jorian für sie vorgesehen hatte. Obwohl vom Alter schon etwas gebeugt, war der Mann noch größer als Jorian. Er hatte ein großflächiges, angenehmes Gesicht und wehendes weißes Haar. Seine durchdringenden grauen Augen und vornehmen, sorgfältig abgezirkelten Bewegungen erweckten sofort Aufmerksamkeit. Er sprach mit rollender Stimme zu Mnevis, die in der Mitte des Zimmers hin und her ging, während die anderen elf herumsaßen und ihre neuen Kleider verglichen.
    »Denkt daran«, sagte er, »Ihr seid eine Königin. Ihr seid Euch in jedem Augenblick Eures Standes und Wertes bewusst, die weit über denen der Menschen liegen, mit denen Ihr verkehrt. Zugleich seid Ihr wohlwollend und wollt die Gefühle der anderen nicht verletzen – es sei denn, sie nehmen sich unangemessene Vertraulichkeiten heraus. Gerade die richtige Mischung zwischen Herablassung und Wohlwollen erfordert einen Triumph der Schauspielkunst. – Seid gegrüßt, Herr Jorian. Wie Ihr seht, versuchte ich Eurem Befehl gerecht zu werden. Und jetzt, Fräulein Mnevis – Majestät, sollte ich sagen –, versucht noch einmal zu gehen.«
    Jorian sah der Arbeit zu, als Karadur anklopfte und hereinschlüpfte. »Ich habe nach dir gesucht, mein Sohn. Vorhin traf ich Strasso, der mir sagte, du wärst hier. Was geht hier vor?«
    »Dr. Karadur, ich möchte Euch Herrn Pselles aus Aussar vorstellen«, sagte Jorian, »einen führenden Vertreter der novarischen Bühnenkunst, der gewisse … äh … vorübergehende Probleme hat. Ich habe ihn gebeten, meine Mädchen einzustudieren.«
    »Sieht nicht so aus, als würden sie zu vornehmen Kammerzofen ausgebildet,

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