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Der Schmetterlingsthron

Der Schmetterlingsthron

Titel: Der Schmetterlingsthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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ist? Ich habe das am eigenen Leib erfahren – ich wäre gern Handwerker geworden wie mein Vater, aber während mein Geist die Prinzipien begriff, waren meine Hände zu ungeschickt für die Praxis. In Mulvan wäre ich nun trotzdem an diesen Beruf gefesselt und wäre vielleicht längst verhungert.«
    Karadur sagte: »Aber selbst wenn einem Mann die Wahl freistünde wie in den Zwölf Städten, wäre das Dilemma doch das gleiche, sobald in Kriegszeiten die allgemeine Mobilmachung kommt. Dann steht ihr euch auch gegenüber, und jeder ist überzeugt, seine Sache sei die einzig gerechte.«
    »Nun, wenn ein Kämpfer stirbt, hat er ja keine ›Sache‹ mehr. Also liegt die Gerechtigkeit ipso facto beim Sieger.«
    »Das ist eine sehr frivole Antwort für einen Mann, der schon einmal einen Staat gelenkt hat! Du weißt, dass trotz aller Gebete zu den verschiedenen Göttern der Sieger durch Kraft oder Waffengeschicklichkeit bestimmt wird – oder durch das Glück. Nichts von dem hat mit Gerechtigkeit zu tun.«
    »Wir kommen jetzt an einen Bach«, sagte Jorian, »und wollen wieder einige Meilen im Wasser reiten; vielleicht können wir unsere Verfolger von der Spur abbringen. Du kannst mitkommen, wenn du willst.«
    Jorian wandte sein Pferd bachabwärts und ritt ins Wasser hinaus. Karadur folgte ihm.
     
    Der Bach nahm bald an Breite zu und mündete gegen Mittag in einen anderen Wasserlauf. Beide zusammen bildeten einen kleinen Fluss, der ein oder zwei Klafter breit war – zu breit, um ihn als Straße zu benutzen. Wegen des dichten Uferbewuchses ritten Jorian und Karadur in einiger Entfernung parallel zum Wasser.
    »Könnte ein Nebenfluss des Shrindola sein«, bemerkte Karadur. »Der Shrindola mündet ins Innere Meer, heißt es.«
    »Dann muss er irgendwo nach Norden abbiegen, und wir sind auf der richtigen Seite, um nach Halgir zu gelangen«, sagte Jorian.
    Nach einiger Zeit bemerkte Jorian Steine und kleine Felsbrocken, die auf dem Waldboden verstreut lagen. Sie wurden häufiger, und es war ganz klar, dass sie in Form und Anordnung zu regelmäßig waren, um natürlichen Ursprungs zu sein, obwohl oft halb verschüttet und von Moos, Farn und Flechten bedeckt. Sie wiesen rechtwinklige Kanten und flache Seiten auf – offensichtlich das Werk von Meißeln. Außerdem bildeten sie annähernd regelmäßige Linien.
    Bald waren die Steine dichter angeordnet und besser erhalten. In die Schatten starrend, entdeckte Jorian Teile einer megalithischen Mauer und die Fundamente eingefallener Türme. Hier war ein Gebäude von den Wurzeln eines Baums erobert worden. Dort erhob sich eine alte Mauer, übersät mit Reliefdarstellungen. Anmutig gemeißelte Türme aus verwitterten Sandsteinblöcken schimmerten durch den Wald und verloren sich mit ihren Spitzen in der grünen Dschungeldecke. Bäume wuchsen aus einer riesigen Freitreppe, deren Stufen durch die Baumwurzeln gesprengt worden waren.
    Hinter Palmen und Farnwedeln starrten unheimliche Steinfratzen hervor. Eine riesige Statue, die vom Sockel gefallen und in drei Teile zerbrochen war, lag zwischen eingefallenen Mauern und hoch aufragenden Bäumen; ihre Bruchstücke waren von Mooskulturen bedeckt. Zu beiden Seiten erstreckten sich endlose Galerien, die riesige, zugewachsene Höfe umschlossen. Die Eingänge zu diesen Galerien lagen unter Steinportalen mit ausgekragten Bögen – wobei jede Mauersteinschicht die darunterliegende überragte, bis sie sich schließlich an der Spitze trafen und dort lange, gleichschenklige Dreiecke bildeten. Und den Darstellungen, die diese Galerien schmückten, entdeckte Jorian marschierende Armeen, Dämonen und Götter bei übernatürlichem Kampfe, Tanzmädchen, die Könige unterhielten, und einfache Leute bei ihrer Tagesarbeit.
    Ein Schwarm grüner Papageien stieg in der Ruine auf und flog kreischend davon.
    »Was ist das hier?« fragte Jorian.
    »Culbagarh«, stöhnte der Zauberer. »Können wir endlich Rast machen? Wenn nicht, lebe ich nicht mehr lange.«
    »Ich glaube, wir haben ein paar Stunden Vorsprung gewonnen«, sagte Jorian und stieg neben einem kopflosen Denkmal ab. Der Kopf lag in der Nähe, war jedoch dermaßen mit Moos bedeckt, dass die Züge des Dargestellten nicht mehr zu erkennen waren.
    Jorian bat Karadur, ihm etwas von der Stadt zu erzählen.
     
    »Culbagarh ist bis zum Königreich Tirao zurückzuverfolgen, das dem mulvanischen Reich vorausging. Als der letzte König Tiraos, Vrujja der Schreckliche, auf den Thron kalt, ließ er zunächst alle

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