Der Schneesturm
Tisch, packte den Brotbrocken, stieß die Nase hinein und atmete tief.
»Wie ist das mit der Kufe denn passiert? Sind Sie über einen Stubben gefahren?«
»Sie sagen es«, erwiderte der Doktor, der sich ein Stück Schinken in den Mund schob. Er hatte keine Lust, die blöde Geschichte mit der Pyramide zum Besten zu geben.
»Das musste dem Kerl passieren. Diesem Idioten!«, quäkte der Müller.
»Für dich besteht die Welt ja nur aus Idioten. Gib Ruhe, damit ich mich mit unserem Gast unterhalten kann. Wo ist es passiert, sagen Sie?«
»Drei Werst von hier ungefähr.«
»In der Schlucht, he?«, rief der Müller, während er mit dem kleinen Messer zum Gurkenglas wankte, das Messer in eine Gurke spießte, die Gurke aus dem Glas hievte, sich einen Keil herausschnitt, wie normale Menschen aus einer Melone, und hineinbiss, dass es knackte.
»Nein, ein Stück davor.«
»Davor?«, staunte die Müllerin. »Aber da ist die Straße doch breit genug?«
»Der Schwachkopf ist, m-nam, trotzdem von ihr abgekommen, mnam-mnam, und in die Birken gefahren!«, nickte der Müller und mampfte an seiner Gurke.
»Wir sind gegen etwas Hartes gefahren, was da lag … Einfach Pech gehabt … Der Fuhrmann ist schon in Ordnung.«
»Das ist er«, stimmte die Müllerin zu. »Mein Mann mag ihn nicht, das ist alles. Er mag niemanden.«
»Ich mag … keine Lumpenhunde«, sagte der Müller kauend. Spuckte auf einmal die halb zerkaute Gurke aus, stampfte mit dem Fuß auf und brüllte: »Dich dummes Luder mag ich! Und keine Widerrede!«
»Wer wird dir schon widersprechen!«, lachte die Müllerin, den Doktor ansehend. »Und wohin sind Sie aufgebrochen aus Ihrem Repischnaja?«
»Nach Dolgoje.«
»Nach Dolgoje?«, wiederholte sie und hörte auf zu lächeln.
»Nach Dolgoje?«, quiekte der Müller und hörte auf zu schwanken.
Müller und Müllerin sahen einander an.
»Dort ist die schwarze Pest ausgebrochen, das haben sie im Radio gezeigt«, äußerte Taissija Markowna verwundert und runzelte ihre schwarzen Brauen.
»Die schwarze Pest!«, nickte der Müller eifrig. »Ich habs im Radio gesehen!«
»Stimmt«, sagte der Doktor und nickte. Zu Ende kauend, lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück. Vom Schnaps und vom Essen hatte sich seine große Nase gerötet, auf ihr perlte der Schweiß. Er zog ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich laut.
»Da ist … Die Dings, die Armee hat … Da ist alles abgesperrt. Was wollen Sie da?«, fragte der Müller stolpernd und schwankend.
»Ich habe die Vakzine dabei.«
»Vakzine? Zum Impfen?«, fragte die Müllerin.
»Genau. Ich impfe die, die noch am Leben sind.«
»… noch n-nicht ge-gebissen? …«
Der Müller, um nicht zu fallen, hielt sich an der Gurke fest. Nach dem letzten Fingerhut konnte er augenscheinlich nicht mehr stehen.
»Genau.«
Der Doktor holte sein Zigarettenetui hervor, seufzte, wie einer seufzt, der sich satt gegessen hat, und fing an zu rauchen.
»Haben Sie denn keine Angst, da hinzufahren?«, fragte die Müllerin mit wogendem Busen.
»So ist meine Arbeit nun mal. Außerdem muss ich keine Angst haben, es ist ja Militär da.«
»Aber die … die sollen unheimlich flink sein«, fuhr die Müllerin in besorgtem Ton fort und drehte das leere Gläschen in ihrer pummeligen Hand.
»Die! Hach, ja di-i-ie! So-o flink!« Der Müller, die Hand in eine Gurkenwarze verkrallt, schüttelte beleidigt den Kopf.
»Die buddeln sich ein …« Die Müllerin leckte sich die Lippen.
»Einbud-d-deln! Und wi-ie!«
» … und tauchen an unerwartetster Stelle wieder auf.«
»An un! Erw-warts! Ter-stell-die! Dr-r-ecksäcke!«
»Dazu sind die imstande«, stimmte der Doktor zu. »Selbst im Winter bringen sie es fertig, durch den Frostboden zu stoßen.«
Die Müllerin schlug ein Kreuz. »Lieber Gott, dein Wille geschehe … Eine Waffe tragen Sie hoffentlich bei sich?«
»Selbstverständlich«, sagte der Doktor paffend.
Die Müllerin gefiel ihm. Sie hatte etwas Grundgütiges, mütterlich Fürsorgliches, das Kindheitserinnerungen in ihm wachrief, daran, wie seine Mutter noch lebte. Eine Schönheit war diese Müllerin nicht, doch ihre Fraulichkeit nahm ihn ein. Es war angenehm, mit ihr zu plaudern.
Da hat diese Schnapsnase einen guten Fang gemacht, dachte der Doktor, während er die prallen Müllerinnenarme begutachtete, die glatten, dicklichen Finger mit den kleinen Nägeln, wie sie das Gläschen drehten.
Die Tür ging auf, herein kam der Krächz.
»Einen recht guten Tag!«, sagte er, die Mütze
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