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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Eton-Schüler. Komisch, was einem das Ministerium erzählt und was nicht. Aber wir sollten ihn nicht im Vorhinein verurteilen.«
    Maltby war in Harrow zur Schule gegangen.
    »Spricht er Spanisch?« Das war wieder Francesca.
    »Angeblich fließend, Fran. Aber für mich besagen Sprachkenntnisse gar nichts, für Sie etwa? Einer, der sich in drei Sprachen zum Narren machen kann, ist für mich ein dreimal so großer Narr wie jemand, der mit einer Sprache auskommen muß.«
    »Wann kommt er?« fragte Stormont.
    »Freitag den dreizehnten natürlich. Soll heißen, der dreizehnte ist der Tag, den man mir für sein Eintreffen genannt hat.«
    »Also heute in acht Tagen«, protestierte Stormont.
    Der Botschafter reckte seinen langen Hals nach einem Kalender, auf dem die Queen in einem Federhut zu sehen war. »Tatsächlich? Nun ja. Sieht ganz so aus.«
    »Ist er verheiratet?« fragte Simon Pitt.
    »Nicht daß man wüßte, Simon.«
    »Das heißt nein?« – wieder Stormont.
    »Das heißt, man hat mir nicht gesagt, daß er es ist, und da er um eine Junggesellenwohnung gebeten hat, nehme ich an, daß er jedenfalls ohne irgendwelche Begleitung kommt.«
    Maltby streckte die Arme zur Seite und knickte sie behutsam ein, bis seine Hände hinter dem Kopf zusammenfanden. Seine Gebärden waren oft bizarr, aber selten ohne Bedeutung. Mit dieser kündigte er das nahe Ende der Besprechung an; er wollte zum Golf.
    »Es handelt sich übrigens um eine Dauerstellung, Nigel, also nichts Befristetes. Es sei denn, natürlich, er wird rausgeschmissen«, setzte er etwas lebhafter hinzu. »Fran, meine Liebe. Das Ministerium wird langsam nervös, man will den Entwurf für das Memorandum sehen, über das wir gesprochen haben. Könnten Sie wohl ein paar Überstunden dranhängen, oder sind die bereits verplant?«
    Und wieder das gierige Lächeln, alt und traurig.
     
    »Botschafter.«
    »Ach, Nigel. Wie nett.«
    Es war eine Viertelstunde später. Maltby legte gerade Papiere in seinen Safe. Stormont hatte ihn allein erwischt. Maltby war nicht sehr erfreut.
    »Worüber soll Osnard eigentlich berichten? Das hat man Ihnen bestimmt gesagt. Sie können ihm doch keinen Blankoscheck ausgestellt haben.«
    Maltby schloß den Safe, stellte die Kombination ein, erhob sich zu voller Größe und sah auf die Uhr.
    »Doch, darauf läuft es so ziemlich hinaus. Wozu hätte ich mich weigern sollen? Die nehmen sich ja doch, was sie wollen. Das kann man nicht dem Außenministerium anlasten. Osnard wird von irgendeinem wichtigen interministeriellen Gremium unterstützt. Unmöglich, sich dem zu widersetzen.«
    »Wie nennt sich das Gremium?«
    »Planung & Anwendung. Ich hatte immer den Eindruck, wir beherrschen weder das eine noch das andere.«
    »Wer führt den Vorsitz?«
    »Niemand. Ich habe dieselbe Frage gestellt. Die Personalabteilung hat mir dieselbe Antwort gegeben. Ich soll ihn nehmen und dankbar sein. Und das empfehle ich Ihnen auch.«
     
    Nigel Stormont sah in seinem Zimmer die eingegangene Post durch. Früher war er bekannt dafür gewesen, auch unter Druck Ruhe bewahren zu können. Nach dem Skandal in Madrid konnte man, wenn auch widerwillig, sein Verhalten nur als vorbildlich bezeichnen. Und es hatte ihm die Haut gerettet, denn als Stormont dem Leiter der Personalabteilung das obligatorische Rücktrittsgesuch übergab, war dieser durchaus geneigt, es anzunehmen, und konnte nur von noch höherer Stelle gebremst werden.
    »Jaja. Neun Leben hat die Katze«, hatte der Personalchef in den Tiefen seines großen dunklen Palastes im ehemaligen India Office gemurmelt, weniger anerkennend als bereits mit Blick auf die Zukunft. »Dann werden Sie also nicht stempeln gehen. Sondern nach Panama. Sie Ärmster. Mit Maltby haben Sie bestimmt viel Spaß. Und in ein, zwei Jahren sprechen wir uns wieder, in Ordnung? Sind doch schöne Aussichten.«
    Der Personalchef habe das Kriegsbeil zwar begraben, sagten die Witzbolde von Zimmer Drei, aber er habe sich genau gemerkt wo.
     
    Andrew Osnard, wiederholte Stormont. Vogel. Zwei Osnarde flogen vorüber. Gully hat einen Osnard geschossen. Sehr witzig. Ein Freund . Einer dieser Freunde. Junggeselle. Spricht spanisch. Dauerstellung, falls er nicht wegen schlechten Benehmens vorzeitig entlassen wird. Rang unbekannt, alles unbekannt. Unser neuer Politischer Referent. Unterstützt von einem Gremium, das es nicht gibt. Beschlossene Sache, kommt in einer Woche mit geschlechtslosem Assistenten. Kommt, um was zu tun? Gegen wen? Um wen zu ersetzen?

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