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Der Schneider

Der Schneider

Titel: Der Schneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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gefaxt.«
    »Was für eine Marke?«
    Reg kicherte. »Keinen Lamborghini, hat er gesagt, und auch kein Dreirad. Ein Auto, in dem er einen Bowler tragen könnte, falls er einen hätte, denn er ist ziemlich groß.«
    »Was sonst noch?«
    »Seine Wohnung, wie schnell wir sie für ihn fertighaben könnten. Wir haben was Wunderbares für ihn gefunden, jetzt muß ich nur noch zusehen, daß die Anstreicher pünktlich fertig werden. Oberhalb des Club Unión, habe ich ihm gesagt. Wenn Sie Lust haben, können Sie den Leuten auf die blaugetönten Haare und die Toupets spucken. Ich möchte nur wissen, wie’s gestrichen werden soll. Weiß, sage ich, die Tönung können Sie sich aussuchen. Also? Jedenfalls weder rosa, sagt er, noch kanariengelb. Wie wär’s mit einem schönen warmen Kamelkackbraun? Mußte lachen.«
    »Wie alt ist er, Reg?«
    »Du liebe Zeit, keine Ahnung. Alt, jung, was weiß ich.«
    »Aber Sie haben doch jetzt seinen Führerschein, richtig?«
    » Andrew Julian Osnard «, las Reg laut vor, er klang sehr aufgeregt. » Geboren am 10 . 1 . 1970 in Watford . Also, ich werd nicht mehr, da haben ja meine Eltern geheiratet.«
     
    Stormont stand im Flur und zapfte sich einen Kaffee aus dem Automaten, als der junge Simon Pitt sich zu ihm schlich und ihm in der gewölbten Handfläche verschwörerisch ein Paßfoto hinhielt.
    »Nun, was meinen Sie, Nigel? John Bull auf Safari oder eine übergewichtige Mata Hari in Männerkleidung?«
    Das Foto zeigte einen wohlgenährten Osnard, beide Ohren sichtbar; Simon hatte es erhalten, damit er beim panamaischen Protokoll rechtzeitig zu Osnards Eintreffen dessen Diplomatenpaß ausstellen lassen konnte. Als Stormont das Foto betrachtete, schien für einen Augenblick seine ganze private Welt außer Kontrolle zu geraten: die Unterhaltszahlungen an seine Exfrau, viel zu hoch, aber er hatte darauf bestanden; Claires Studium, Adrians Wunsch, Jura zu studieren; sein heimlicher Traum von einem Bauernhaus auf einem Hügel an der Algarve, mit Olivenbäumen und Sonne im Winter und trockenem Klima für Paddys Husten. Und die volle Pension, ohne die sich dieser Traum nicht verwirklichen ließ.
    »Macht doch einen ganz netten Eindruck«, gab er zu, wie es seinem angeborenen Anstand entsprach. »Die Augen sehen recht vielversprechend aus. Könnte lustig werden.«
    Paddy hat recht, dachte er. Ich hätte nicht die ganze Nacht bei ihr wachen sollen. Ich hätte besser auch etwas geschlafen.
     
    Montag mittag aß Stormont immer, als eine Art Trost nach dem Morgengebet, im Pavo Real mit Yves Legrand, seinem Kollegen von der Französischen Botschaft; beide debattierten gern und liebten gutes Essen.
    »Ach, übrigens, erfreuliche Neuigkeiten: Wir bekommen endlich einen Neuen«, sagte Stormont, nachdem Legrand ihm ein paar vertrauliche Mitteilungen gemacht hatte, die aber an seine nicht herankamen. »Junger Bursche. Etwa in Ihrem Alter. Von der politischen Abteilung.«
    »Werde ich mit ihm auskommen?«
    »Das wird jeder«, sagte Stormont fest.
     
    Stormont saß kaum wieder an seinem Schreibtisch, als Fran ihn über die Hausleitung anrief
    »Nigel. Was ganz Erstaunliches. Raten Sie mal.«
    »Muß das sein?«
    »Sie kennen doch Miles, meinen verrückten Halbbruder?«
    »Nicht persönlich, aber ich kann mir was drunter vorstellen.«
    »Jedenfalls wissen Sie ja, daß Miles in Eton war.«
    »Nein, aber jetzt weiß ich’s.«
    »Na ja, Miles hat heute Geburtstag, und da habe ich ihn angerufen. Und stellen Sie sich vor, er war im selben Haus wie Andy Osnard! Er sagt, er ist absolut reizend , ein bißchen dick, ein bißchen undurchsichtig, aber ein ungeheuer guter Sportler damals. Man hat ihn wegen unzüchtigen Verhaltens rausgeschmissen.«
    »Weswegen?«
    »Weil er was mit Mädchen hatte, Nigel. Hätte er was mit Jungen gehabt, wäre er wegen perversen Verhaltens rausgeschmissen worden. Miles sagt, wahrscheinlich habe er auch sein Schulgeld nicht bezahlt. Er weiß nicht mehr, was ihn zuerst erwischt hat, die Mädchen oder der Zahlmeister.«
    Im Aufzug traf Stormont Gulliver, der gravitätisch eine Aktentasche im Arm hielt.
    »Heut abend was Ernstes vor, Gully?«
    »Leicht knifflige Sache, Nigel. Werde sehr viel Fingerspitzengefühl brauchen, um ehrlich zu sein.«
    »Na, dann passen Sie gut auf«, riet ihm Stormont entsprechend ernst.
    Gulliver war kürzlich von einer von Phoebe Maltbys Bridge-Partnerinnen am Arm einer hinreißend schönen Bürgerin Panamas gesichtet worden. Höchstens zwanzig, hatte die

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