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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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packte in seine grauen strähnigen Haare und zog seinen Kopf hoch.
    »He!« Gandalfs Protest hallte unter der Brücke wider. Die andere Hand der Gestalt fuhr über Gandalfs Kehle. Etwas blitzte im Feuerschein. Gandalfs Hals klaffte dunkel auf. Blut pulste aus der Halsschlagader wie aus einem löchrigen Gartenschlauch. Gandalfs Finger glitten von der Flasche. Ein entsetzliches Geräusch quoll aus seiner offenen Kehle, im verzweifelten Versuch, nach Luft zu schnappen.
    Der Mann mit dem Messer ließ Gandalfs Haare los. Mit weit aufgerissenen Augen fiel der Stadtstreicher um und schlug dumpf auf den Boden.
    Der Mann ragte jetzt in voller Höhe vor Jan auf. Die Tätowierungen – oder war es eine Bemalung – gaben dem Mann ein fremdartiges und teuflisches Aussehen. Die Lippen in seinem Gesicht waren blass, trocken und rissig.
    Aber was war mit den Augen?
    Jan hatte rote Augen erwartet, doch sie waren einfach nur blass und grau, mit einem rötlichen Schimmer durch das Feuer.
    »Hallo, Jan Floss«, flüsterte der Mann. Jan konnte nicht anders, als auf die trockenen rissigen Lippen zu starren, das einzig Echte in diesem Gesicht.

Kapitel 25
    Berlin, 20. Oktober, 20:51 Uhr
    Das Messer lag warm in seiner rechten Faust, die Klinge zeigte zu Boden. Fjodor sah auf Jan herab. Wie er da hockte! Sich an seiner Flasche festhielt. Klein, schmal, wie die beschissene Unschuld in Person.
    Er lächelte grimmig. Genoss die Angst in Jans Augen. Für einen Moment dachte er an den Chefarzt, damals, in dessen Garage. Wie er da gestanden hatte, zwischen seinem scheißteuren Benz und dem Porsche. Dieser aufgeblasene Pinsel hatte ihn genauso angesehen. Sein Verstand hatte sich geweigert, zu begreifen, was offensichtlich war. Dass er sterben würde. Genau hier und jetzt.
    Wie viele Jahre war das her? Mehr als ein halbes Leben.
    Er legte den Kopf etwas schief. Atmete. Starrte auf das Feuermal in Jans Gesicht. Auf dem Foto im Internet hatte er es ja schon gesehen, aber so groß und dunkel hatte er es sich nicht vorgestellt. Er fand es hässlich.
    Laura musste es doch auch hässlich finden. Und trotzdem rannte sie diesem Schwächling hinterher?
    »Wer … wer sind Sie?«, stammelte Jan.
    »Ich bin der, der alles wieder in Ordnung bringt.«
    Jan öffnete den Mund – und schloss ihn wieder.
    »Was willst du hier?«, zischte Fjodor.
    »Ich suche … Laura.«
    »Hab ich dich nicht gewarnt?«
    »Wo ist sie? Was haben Sie mit ihr gemacht?«
    »Das sollte ich dich fragen!«
    Stille.
    Im Feuer knackte es.
    Fjodor beugte sich unmerklich vor, machte eine blitzschnelle Bewegung mit der linken Hand, packte Jan am Schopf, zog ihn zu sich heran, über die Flammen, und drückte die Messerspitze an sein Feuermal, direkt unterhalb des Auges.
    Jan schielte nach der blutigen Klinge. »Was wollen Sie von Laura?« Plötzlich hob er den Blick, sah Fjodor an, fast herausfordernd, mit Augen, die in der Dunkelheit beinah schwarz wirkten, und einem unruhigen Widerschein des Feuers darin.
    Der Blick eines Lügners, dachte Fjodor. Wegen ihm hatte Laura ihn angespuckt.
    Hass loderte in ihm auf. Er sog Speichel zusammen und spuckte Jan ins Gesicht.
    Der Lügner blinzelte. Fjodor drückte die Klinge fester gegen die rote Haut, fragte sich, was für ein Geräusch das Blut machen würde, wenn es ins Feuer spritzte. Und wie es wohl roch. Er starrte auf das Mal, und es juckte ihn plötzlich in den Fingern, es herauszuschneiden.
    »Nur du und ich, Jan Floss. Hier, unter dieser Brücke. Mehr gibt es nicht. Mehr wird niemals sein. Vergiss Laura. Sie wird dir niemals gehören.«
    »Gehören?« Jans Stimme war ein heiseres Flüstern. »Ich will nicht, dass sie mir gehört.«
    »Du lügst. Du hast schon deine Finger nach ihr ausgestreckt. Aber das ist vorbei. Ich schneide sie dir ab und lasse dich dran ersticken.«

Kapitel 26
    Berlin, 20. Oktober, 21:02 Uhr
    Die seltsamen Augen des Mannes bohrten sich förmlich in sein Innerstes. Jans Puls raste. Seine Sinne feuerten Eindrücke wie ein Maschinengewehr. Die Klinge in seinem Gesicht. Die vom Blut klebrige Spitze. Die sengende Hitze des Feuers unter seinem Kinn. Der beißende Rauch, der Nebel.
    Zugleich war er vollkommen erstarrt. Nichts ging mehr, als könnten diese seltsamen Augen lähmen.
    Keine Wimpern. Blasses Grau. Oder Blau. Plötzlich ein leichtes Flattern der Iris. Oder? Nein. Jetzt war es weg.
    Warum hatten seine Augen geflattert?
    Jans Gedanken sprangen an wie ein stotternder Motor.
    Seine Finger waren kalt, die

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